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OCR-Texterkennung durch Max Stirner Archiv Leipzig, 18.07.2013<br />

te, d. h. fast ganz Rußlands. In den Artikeln Pissarews können wir nichts verstehen, wenn wir<br />

diesen Umstand nicht berücksichtigen, und umgekehrt: alles wird bis aufs letzte Wort klar,<br />

wenn wir sie vom historischen Standpunkte aus betrachten. Übrigens, auf Pissarew werden<br />

wir noch zu sprechen kommen; wir erwähnen ihn jetzt nur, um einige Ansichten Belinskis<br />

hervortreten zu lassen.<br />

IX<br />

In seinen Auseinandersetzungen mit den Verteidigern der reinen Kunst gibt Belinski den<br />

Standpunkt der Dialektik auf und stellt sich auf den Standpunkt der Aufklärung. Wir haben<br />

aber bereits gesehen, daß er in vielen anderen Fällen dem dialektischen Idealismus absolut<br />

treu geblieben ist und die Literatur- und Kunstgeschichte als eine Offenbarung des Weltgesetzes<br />

der dialektischen Entwicklung betrachtete. Wir wollen [437] einige der Ansichten Belinskis,<br />

wie er sie in solchen Fällen ausgesprochen hat, untersuchen.<br />

Er sagte, die Entwicklung der Literatur und der Kunst sei eng verbunden mit der Entwicklung<br />

anderer Seiten des Bewußtseins eines Volkes; er wies darauf hin, daß die Kunst ihre Ideen<br />

auf den verschiedenen Stufen ihrer Entwicklung aus verschiedenen Quellen schöpft: zuerst<br />

aus der Religion, dann aus der Philosophie. Das ist völlig richtig. Den Anhängern des dialektischen<br />

Materialismus, der den dialektischen Idealismus Hegels und seiner Anhänger abgelöst<br />

hat, schreibt man gewöhnlich den Gedanken zu, die Entwicklung aller Seiten des Bewußtseins<br />

des Volkes vollziehe sich unter dem ausschließlichen Einfluß des „ökonomischen Faktors“.<br />

Falscher könnte man ihre Ansichten gar nicht auslegen: sie sagen etwas ganz anderes.<br />

Sie sagen, in der Literatur, in der Kunst, Philosophie usw. kommt das geistige Wesen der<br />

Gesellschaft zum Ausdruck, und der Charakter des geistigen Wesens der Gesellschaft wird<br />

durch die Eigenheiten jener Wechselbeziehungen zwischen den Menschen bestimmt, die die<br />

gegebene Gesellschaft bilden. Diese Beziehungen hängen letzten Endes von der Entwicklungsstufe<br />

der gesellschaftlichen Produktivkräfte ab. Jeder bedeutsame Schritt in der Entwicklung<br />

dieser Kräfte hat eine Veränderung in den gesellschaftlichen Beziehungen der<br />

Menschen und somit auch im geistigen Wesen der Gesellschaft zur Folge. Die Veränderungen,<br />

die im gesellschaftlichen Bewußtsein vor sich gegangen sind, müssen sich auch mit größerer<br />

oder geringerer Deutlichkeit in der Literatur, in der Kunst, in der Philosophie usw. widerspiegeln.<br />

Aber die Veränderungen der gesellschaftlichen Beziehungen erhalten ihren Anstoß<br />

durch die verschiedensten „Faktoren“, und welcher Faktor in einem gegebenen Moment<br />

stärker als andere auf die Literatur, die Kunst usw. einwirkt, das hängt von einer Vielzahl<br />

zweitrangiger und drittrangiger Ursachen ab, die zur gesellschaftlichen Ökonomie überhaupt<br />

in keinerlei direkter Beziehung stehen. Eine unmittelbare Einwirkung der Ökonomie auf die<br />

Kunst und andere Ideologien ist überhaupt äußerst selten zu beobachten. Meistens sind es<br />

andere „Faktoren“, die einwirken: die Politik, die Philosophie u. a. Manchmal tritt die Einwirkung<br />

eines Faktors deutlicher in Erscheinung als die anderer Faktoren. So hat im Deutschland<br />

des vorigen Jahrhunderts auf die Entwicklung der Kunst einen sehr starken Einfluß die<br />

Kritik, d. h. die Philosophie ausgeübt. In Frankreich stand die Literatur zur Zeit der Restauration<br />

unter dem starken Einfluß der Politik. In dem Frankreich am Ende des 18. Jahrhunderts<br />

aber ist sehr deutlich ein Einfluß der Literatur auf die Entwicklung der politischen Beredsamkeit<br />

zu beobachten. Die politischen Redner sprachen damals wie Helden Corneilles. Da haben<br />

Sie die Tragödie als Faktor, der [438] auf die Politik einwirkt. Und es lassen sich jene mannigfaltigen<br />

Verflechtungen der verschiedenen „Faktoren“ in den verschiedenen Ländern und<br />

in den verschiedenen Epochen der gesellschaftlichen Entwicklung gar nicht aufzählen. Die<br />

materialistischen Dialektiker wissen das sehr wohl. Aber sie bleiben nicht an der Oberfläche<br />

der Erscheinungen stehen und begnügen sich nicht mit dem Hinweis auf die Wechselwirkung<br />

der verschiedenen „Faktoren“. Wenn man sagt: in diesem Falle wirkt ein politischer Faktor<br />

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