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erschien nennen menschenähnlichen

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OCR-Texterkennung durch Max Stirner Archiv Leipzig, 18.07.2013<br />

Diese Haltung gegenüber Shakespeare in England findet auch im 18. Jahrh[undert] ihre Fortsetzung.<br />

Hume sagt über ihn, sein dramatisches Genie werde aus derselben Ursache übertrieben,<br />

aus der häßliche und unproportionierte Körper größer erscheinen, als sie in Wirklichkeit<br />

sind (ignorance of all conduct [(Unwissenheit in jeder Hinsicht)]) 1 .<br />

Gibbon ist ebenfalls von der französischen Tragödie begeistert, und [373] diese Begeist[erung]<br />

verringert seine Wertschätzung Shakespeares, für den man ihm von Kindheit an große<br />

Verehrung eingeflößt hatte. Am bezeichnendsten ist die Haltung Popes. Pope beklagt es, daß<br />

Shakespeare für das Volk (to the people) und ohne Gönnerschaft seitens der höheren Klasse<br />

(without the patronage from the better sort) geschrieben habe. Nach Popes Ansicht hätte<br />

Shakespeare besser geschrieben, wenn er die Gunst des Königs und des Hofes genossen hätte.<br />

Sogar Garrick (ein Schauspieler) hat Shakespeare dem edleren Geschmack angepaßt: er<br />

hat die Totengräberszene im „Hamlet“ gestrichen. An „König Lear“ fügte er einen glücklichen<br />

Ausgang an. Und es ist beachtenswert, daß das nichtaristokratische Theaterpublikum<br />

den Klassencharakter einer solchen Einstellung zu Shakespeare wohl begriffen hat. Garrick<br />

hat zugegeben, daß er sich, indem er Shakespeare umänderte, der Gefahr aussetzte, von der<br />

Menge mit Bänken beworfen zu werden; so, daß die Franzosen, mit denen Garrick in Briefwechsel<br />

stand, ihm Komplimente wegen des Mutes machten, mit dem er sich seine Umänderungen<br />

erlaubt habe. „Car je connais in populace anglaise...“ [„Denn ich kenne den englischen<br />

Pöbel...“], fügt einer von ihnen hinzu.<br />

In Frankreich beginnt im 18. Jahrhundert die Reaktion der Bourgeoisie gegen den Adel, dadurch<br />

wird eine Anglomanie und Begeisterung für Shakespeare hervorgerufen. Was sagt man<br />

hierüber:<br />

Voltaire: 25 août 1776. Ein Memorandum 2* von ihm, verlesen von d’Alembert auf einer Sit-<br />

1 Diese [englischen] Worte hat G. W. Plechanow an den Rand geschrieben und auf den ganzen Absatz bezogen.<br />

Red. L. N.<br />

2* Hier gibt Plechanow die Quelle an, auf die er sich in mehreren seiner Aufsätze bei der Erörterung der Haltung<br />

Voltaires gegenüber Shakespeare stützt. In dem Schreiben Voltaires an die Academie française, verlesen von<br />

d’Alembert am 25. August 1776 lautet die Stelle im Original:<br />

„...Un grand juge d’Écosse, qui a fait imprimer des Élements de critique anglaise, en trois volumes, dans lesquels<br />

on trouve des réflexions judicieuses et fines, a pourtant eu le malheur de comparer la première scène du<br />

monstre nommé Hamlet à la première scène du chef d’œuvre de notre Iphigénie; il affirme que ces vers d’Arcas<br />

(acte I, scène I),<br />

Avez-vous dans les airs entendu quelque bruit?<br />

Les vents nous auraient-ils exaucés cette nuit?<br />

Mais tout dort, et l’armée, et les vents, et Neptune,<br />

ne valent pas cette réponse vraie et convenable de la sentinelle dans Hamlet: Je n’ai pas entendu une souris<br />

trotter (Not a mouse stirring, acte I, scène I).<br />

Oui, monsieur, un soldat peut répondre ainsi dans un corps-de-garde; mais non pas sur le théatre, devant les<br />

premières personnes d’une nation, qui s’expriment noblement, et devant qui il faut s’exprimer de même.<br />

Si vous demandez pourquoi ce vers,<br />

Mais tout dort, et l’armée, et les vents, et Neptune,<br />

est d’une beauté admirable, et pourquoi les vers suivants sont plus beaux encore je vous dirai que c’est<br />

parcequ’ils expriment avec harmonie de grandes vérités, qui sont le fondement de la pièce. Je vous dirai qu’il<br />

n’y a ni harmonie ni vérité intéressante dans ce quolibet d’un soldat: Je n’ai pas entendu une souris trotter. Que<br />

ce soldat ait vu ou n’ait pas vu passer de souris, cet événement est très inutile à la tragédie d’Hamlet; ce n’est<br />

qu’un discours de Gilles, un proverbe bas, qui ne peut faire aucun effet. Il y a toujours une raison pour laquelle<br />

toute beauté est beauté, et toute sottise est sottise... (Œuvres de Voltaire par M. Beuchot, Paris 1852, Tome<br />

XLVIII [Mélanges t. XII], pp. 425/26.)<br />

[„...Ein großer schottischer Kunstrichter hat ‚Grundzüge der englischen Kritik‘ in drei Bänden veröffentlicht.<br />

Man findet darin gescheite und scharfsinnige Betrachtungen; leider hat er aber das Unglück gehabt, die erste<br />

G. W. Plechanow: Kunst und Literatur, Dietz Verlag Berlin 1955 – 32

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