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OCR-Texterkennung durch Max Stirner Archiv Leipzig, 18.07.2013<br />

Technik. Viele Naturvölker verzieren ihr Geschirr mit sogen[annten] Textilornamenten.<br />

Weshalb? Holmes erklärt es so: die Töpferei ist jünger als das Flechten, der geflochtene Behälter<br />

ist jünger 1 als der Topf. Genauso wird die Darstellung des Bandes, sagen wir, am Stiel<br />

des Beils erklärt. Die gleiche Rolle in der Lieferung von Motiven für die Ornamentik spielt<br />

die Weberei. Überhaupt kann man, nach einer Bemerkung Lübkes, die Kunst der Naturvölker<br />

in Epochen einteilen: Steinzeit, Bronzezeit, Eisenzeit usw.<br />

Zu den Ornamenten gehört auch die Verzierung des eigenen Körpers, die sogenannte Kosmetik:<br />

Bemalung, Tätowierung und Narbenzeichnung.<br />

Schweinfurth: alle Mütter des ganzen Erdkreises sind bestrebt, bei ihren Kindern die anatomischen<br />

Eigenheiten des Stammes zu entwickeln.<br />

Es besteht Grund zu der Annahme, daß der Mensch durch die Bemalung ein Tier nachahmen<br />

will. Das gleiche ist der Fall mit den Haaren. Aber es steht außer Zweifel, daß hier auch die<br />

Farbe der Haut von Bedeutung ist. Die Schwarzhäutigen färben sich weiß. Häufig stellt die<br />

Bemalung, zum Beisp[iel] beim Tode eines Stammesmitglieds, den Verwandtschaftsgrad dar.<br />

Bei den Dinkas erkennen die Stämme einander nach der Zeichnung. Häufig entsprechen die<br />

Linien der Narbenzeichnung auch dem Alter, in Südost-Australien wird das Lebensalter<br />

selbst oft nach der Narbenzeichnung benannt.<br />

Hier spielt auch die Prahlerei mit der Geschicklichkeit eine Rolle:<br />

Schürze des Australiers aus 300 Kaninchenschwänzen. Der Sinn ist klar. Gewöhnlich gefällt<br />

den Frauen das, was einen Krieger furchterregend und geschickt macht. Der Zweck der Bemalung<br />

ist, dem anderen Geschlecht [366] zu gefallen. Auf Flinders Island, bei Tasmanien,<br />

wäre es unter den jungen Leuten beinahe zu einer Rebellion gekommen, als die örtliche Kolonialverwaltung<br />

ihnen untersagte, sich rot anzumalen: da werden uns die Mädchen nicht<br />

mehr lieben, sagten sie.<br />

Zu den Verzierungen des Körpers gehören auch die Operationen, denen die Zähne unterzogen<br />

werden. Manchmal werden sie zugespitzt, in Afrika werden manchmal die oberen Schneidezähne<br />

ausgezogen. Weshalb? Schweinfurth antwortet darauf: weil das die Menschen den Wiederkäuern<br />

ähnlich macht, die sie beinahe als Gottheiten verehren („Au cœur de l’Afrique“, t. I,<br />

p. 147, Paris 1875). Bei den Dinkas tätowieren sich nur die Männer: das widerspiegelt die erste<br />

Arbeitsteilung, die Teil[ung] zwischen Mann und Frau. Das gleiche tritt auch in der Kleidung<br />

in Erscheinung; die Männer halten es für schimpflich, irgendwelche Bekleidung zu haben: das<br />

schickt sich nur für die Frau, sagen sie. Schweinfurth, der europäische Kleidung trug, wurde<br />

von den Dinkas als Türkin bezeichnet. Bei denselben Dinkas ist das Eisen das kostbarste Metall,<br />

und die Frauen tragen ungeheure Lasten als Schmuck an sich.<br />

Botoka und Pelelé (Lippenpflock). („Exploration du Zambèze.“) David und Charles<br />

Livingstone berichten, wie sie einen alten Häuptling gefragt haben: Weshalb tragen die Frauen<br />

das Pelelé? – Wieso? rief er aus. Die Männer haben einen Bart, aber die Frauen haben<br />

keinen Bart, und wenn sie an Stelle des Bartes nicht das Pelelé hätten, wären sie häßlich.<br />

Schließlich berichtet Kapitän Speke („Les sources du Nil“), daß man einem Dieb vor seinen<br />

Augen das Gesicht weiß angestrichen habe. Dort begegnet man den Weißen mit Verachtung.<br />

Dichtkunst. Sprachlicher Ausdruck von äußeren oder inneren Erscheinungen in ästhetisch<br />

wirksamer Form zu ästhetischem Zwecke.<br />

Gesang der Botokuden: Heute haben wir gute Jagd; wir töteten ein Tier; jetzt haben wir<br />

zu essen; Fleisch ist gut; Branntwein gut (mitgeteilt von Ehrenreich).<br />

1 Offenbar liegt hier ein Schreibfehler vor: es muß heißen: „älter“. Red. L. N.<br />

G. W. Plechanow: Kunst und Literatur, Dietz Verlag Berlin 1955 – 26

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