18.09.2015 Views

erschien nennen menschenähnlichen

Zur PDF-Datei... - Max Stirner Archiv Leipzig

Zur PDF-Datei... - Max Stirner Archiv Leipzig

SHOW MORE
SHOW LESS
  • No tags were found...

You also want an ePaper? Increase the reach of your titles

YUMPU automatically turns print PDFs into web optimized ePapers that Google loves.

OCR-Texterkennung durch Max Stirner Archiv Leipzig, 18.07.2013<br />

dieser Fähigkeit der Menschen, von den Gefühlen anderer Menschen angesteckt zu werden,<br />

basiert auch die Tätigkeit der Kunst [S. 66/67]. Die Kunst fängt dann an, wenn ein Mensch in<br />

der Absicht, den anderen Menschen das von ihm empfundene Gefühl mitzuteilen, dasselbe<br />

von neuem in sich hervorruft und es durch gewisse äußere Zeichen ausdrückt [S. 67].<br />

Es ließe sich unschwer zeigen, daß diese Definition viel mit der Definition Hegels gemein<br />

hat. 1 Aber das ist nicht so wichtig. Ich übernehme diese Definition als provisorisch und mache<br />

nur eine Berichtigung.<br />

Die Kunst drückt die Gefühle der Menschen, das Wort ihre Gedanken aus. Diese Gegenüberstellung<br />

hat nur den Sinn, daß die Kunst diese Gefühle bildlich, konkret, das Wort sie aber<br />

abstrakt zum Ausdruck bringt. Aber das Wort ist notwendig auch in der Kunst – Beispiel: die<br />

Dichtkunst, deren Organ das Wort ist. Anderseits übermittelt die Redekunst ebenfalls Gefühle,<br />

aber sie ist nicht Kunst.<br />

Die Kunst ist eine Tätigkeit, bei der die Menschen ihre Gefühle einander durch lebendige<br />

Bilder übermitteln.<br />

Gehen wir weiter. Tolstoi s[agt]:<br />

„In jeder Zeit und in jeder menschlichen Gesellschaft gibt es ein allen Menschen dieser Gesellschaft<br />

gemeinsames religiöses Bewußtsein dessen, was gut und was schlecht ist, und dieses<br />

religiöse Bewußtsein gerade bestimmt den Wert der Gefühle, die durch die Kunst wiedergegeben<br />

werden.“<br />

Wir wollen auch diese Defin[ition] einstweilen hinnehmen, wenigstens wollen wir uns ihrer<br />

erinnern, um sie später einer tatsächlichen Überprüfung zu unterziehen, und wollen zur Definition<br />

der materialist[ischen] Geschichtsbetrachtung übergehen.<br />

Was ist mater[ialistische] Geschichtsauff[assung]? Die Erklärung aus dem Gegensätzlichen,<br />

wie es auch den Bew[eis] aus dem Gegensatz gibt. Ich will zuerst daran erinnern, worin die<br />

idealistische Geschichtsauffassung besteht, und dann zeigen, wodurch sich die materialistische<br />

Auffassung des gleichen Gegenstandes von ihr unterscheidet.<br />

[362] Die ideal[istische] Gesch[ichts]auff[assung] best[eht] in der Überzeugung, die Entwicklung<br />

des Denkens und Wissens sei die letzte und am weitesten zurückliegende Ursache der<br />

Entwicklung der Menschheit Vorh[errschen] dieser Ansicht im 18. Jahrhundert, von wo sie<br />

auf das 19. überging. Ihr huldigten Aug[uste] Comte und Saint-Simon. Ansicht Saint-Simons<br />

über die Entstehung der ges[ellschaftliche] Ordnung des alten Griechenlands.<br />

Griechenland hat hier eine besondere Bedeutung, weil nach der Ansicht Saint-Simons c’est<br />

chez les Grecs que l’esprit humain a commencé à s’occuper sérieusement de l’organisation<br />

sociale. Wie ist nun die gesellsch[aftliche] Organis[ation] der Griechen entstanden? Bei ihnen<br />

le système religieux avait servi de base au système politique... Le second avait été fait à<br />

l’imitation du premier. Beweis. Der griechische Olymp ist eine republikanische Versammlung<br />

et les constitutions nationales de tous les peuples grecs, quoique différentes entre elles,<br />

avaient toutes cela de commun qu’elles étaient républicaines [(Griechenland hat hier eine<br />

besondere Bedeutung, weil nach der Ansicht Saint-Simons) grade bei den Griechen der<br />

menschliche Geist begonnen hat, sich ernsthaft mit der gesellschaftlichen Organisation zu<br />

beschäftigen (.... Bei ihnen) hatte das Religionssystem dem politischen System als Grundlage<br />

gedient... Das letztere war nach dem Muster des ersten gestaltet worden. (... Der griechische<br />

Olymp ist eine republikanische Versammlung,) und die Staatsverfassungen aller griechischen<br />

Völker, wie unterschieden diese auch voneinander waren, hatten alle das gemein, daß sie re-<br />

1 In der zweiten Fassung des gleichen Vortrags formuliert Plechanow die Definition der Kunst nach Hegel.<br />

[Siehe im vorliegenden Band S. 376.] Die Red.<br />

G. W. Plechanow: Kunst und Literatur, Dietz Verlag Berlin 1955 – 23

Hooray! Your file is uploaded and ready to be published.

Saved successfully!

Ooh no, something went wrong!