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OCR-Texterkennung durch Max Stirner Archiv Leipzig, 08.07.2013<br />

„Eigentum ist Diebstahl.“ 1* Diese Definition ist vom theoretischen Standpunkt aus völlig<br />

unrichtig. Ein Diebstahl setzt das Vorhandensein von Privateigentum voraus. Bei den wilden<br />

kommunistischen Stämmen gibt es keinen Diebstahl, weil es kein Privateigentum gibt.<br />

Das öffentliche Recht. Die Gesellschaftsordnung prägt sich nach der [34] Eigentumsform aus.<br />

Wir haben schon gesehen, wie sich die öffentlichen Rechtsverhältnisse, die Verhältnisse zwischen<br />

Vasall und Oberlehnsherr, im alten irischen Recht auf den Eigentumsverhältnissen aufbauten.<br />

Im alten Griechenland und im alten Rom sehen wir, wie die Grundbesitzer eine Aristokratie<br />

errichten, die allein politische Rechte wahrnehmen konnte. Das Volk hatte nur in<br />

jenen Städten Anteil an der Verwaltung, in denen es ihm gelang, vom Land Besitz zu ergreifen.<br />

Hier sehen wir mit aller Deutlichkeit, daß die Eigentumsverhältnisse die juristischen Einrichtungen<br />

bestimmen.<br />

Die Familie. Die durch das Gesetz geheiligte monogame Familie verdankt ihr Entstehen der<br />

Entwicklung des Privateigentums und der Zerstörung des kommunistischen Eigentums des<br />

Clans.<br />

Die Religion. Was ist Religion? Es gibt eine Unzahl von Definitionen der Religion. Was mich<br />

betrifft, so ziehe ich die Definition des Grafen Goblet d’Alviella vor, der unter Religion die<br />

Form versteht, in welcher der Mensch seine Beziehungen zu den übermenschlichen und geheimnisvollen<br />

Kräften, von denen er sich abhängig glaubt, verwirklicht. Alle erkennen an,<br />

daß die Religion einen großen Einfluß auf die Entwicklung der Menschheit hatte. Ich spreche<br />

nicht einmal von Bossuet und Voltaire. Es unterliegt keinem Zweifel, daß dieser Einfluß sehr<br />

groß war. Um aber den Charakter dieses Einflusses zu verstehen, muß man sich Rechenschaft<br />

über die Entstehung der Religion oder der Beziehungen des Menschen zu den übernatürlichen<br />

Kräften ablegen.<br />

Auf welche Weise entsteht beim Menschen der Glaube an das Vorhandensein übernatürlicher<br />

Kräfte? Das ist sehr einfach. Der Glaube an diese Kräfte verdankt seine Entstehung der Unwissenheit.<br />

Der Urmensch schreibt die Eigenschaften einer Persönlichkeit, ähnlich denen der menschlichen<br />

Persönlichkeit, gewissen Wesen, gewissen Gegenständen der äußeren Welt zu. Er kann<br />

sich eine Bewegung und eine Handlung ohne Willen und ohne Bewußtsein nicht recht vorstellen.<br />

In seinen Augen ist in der Natur alles beseelt. Hierauf wird das zuerst unendliche Feld<br />

dieses von ihm vorgestellten Lebens in seinen Augen immer mehr eingeengt, je mehr er lernt,<br />

besser zu beobachten und zu urteilen. Aber solange dieses Feld eines eingebildeten Lebens<br />

für ihn weiterbesteht, solange ist es mit Gottheiten besiedelt.<br />

Beachten Sie, daß in der ersten Zeit dieser Animismus auf das Verhalten des Menschen in der<br />

Gesellschaft keinerlei Einfluß ausübt. Sowohl die Vorstellung von Göttern als auch die Vorstellung<br />

von einem Weiterleben nach dem Tode hat zuerst gar keinen moralischen Charakter,<br />

und das jenseitige Leben ist nur eine Fortsetzung des irdischen Lebens; das Totenreich ist der<br />

mit Lebenden bevölkerten Erde sehr ähnlich, in ihm herr-[35]schen dieselben Gewohnheiten<br />

und Sitten, dieselbe Lebensweise. Die jenseitige Welt ist nur ein Duplikat der mit Menschen<br />

bevölkerten irdischen Welt; den Bösen wie den Guten ist dort das gleiche Los beschieden.<br />

1* „La propriété c’est le vol“ – Zitat aus Proudhons Schrift „Qu’est-ce que la propriété?, Paris 1810. Diesem<br />

Satz liegt nicht der Gedanke an die Abschaffung des Privateigentums, sondern der an das Recht des Arbeiters<br />

auf den vollen Arbeitsertrag zugrunde, und sinngemäß wäre er so zu lesen: Das Eigentum (des Fabrikherrn) ist<br />

das (dem Arbeiter) Gestohlene.<br />

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