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OCR-Texterkennung durch Max Stirner Archiv Leipzig, 18.07.2013<br />

[334]<br />

[Die] K[unst] vom St[and]p[unkt]<br />

[der] m[aterialistischen] E[rklärung] [der] Gesch[ichte]*<br />

Zyklus von 6 Vorträgen, gehalten im Frühjahr 1903 in Bern<br />

(Vortrag 1) 1<br />

Ein möglicher Vorwurf. Ich bin Sozialdemokrat, aber gerade deshalb Mensch: ich bin ein<br />

Mensch, und nichts Menschliches ist mir fremd. Und für den, dem nichts Menschl[iches] fremd<br />

ist, hatten Fragen der Theorie, der Wissenschaft und der Philosophie stets sehr große Bedeutung<br />

und werden sie immer haben. Und von diesen Fragen ist die sog[enannte] Geschichtsphilos[ophie]<br />

die, welche uns wohl am allermeisten fesselt. Hier sind Theorie und Praxis äuß[erst]<br />

nahe beieinander. Die verborgenen Triebkräfte der gesellsch[aftlichen] Entwicklung aufdecken<br />

heißt lernen, [an ihr] mitzuwirken, heißt sich die Arbeit zum Nutzen der Menschen erleichtern.<br />

Sich klarmachen, was man tun muß, um die Menschen zu bessern und zu bekehren. Und<br />

deshalb war die Geschichtsphil[osophie] immer eine der vorn[ehmsten] Aufgaben des mensch-<br />

[lichen] Geistes. Die Geschichtsphilosophie unserer Zeit ist die mat[erialistische] Geschichtserklärung.<br />

Sie ausarbeiten heißt jene Theorie vertiefen, die unserer Praxis am nächsten steht.<br />

Aber hier ist das Wichtigste von allem die Erklärung der Ideologie. Daß die Politik aus der<br />

Ökonomik folgt, das ist schon eher verständlich. Aber nun soll man die Religion, die<br />

Phil[osophie], die Kunst erklären. Das will ich nun versuchen zu tun. Mir liegen alle Anmaßungen<br />

fern, aber ich möchte sehen, ob in der heutigen Wissenschaft Mat[erial] vorhanden ist,<br />

das es ermöglicht, die Kunst vom Standpunkt des historischen Materialismus zu erklären.<br />

Terminologie. Was ist die Kunst?<br />

ad I. Belinski 2*<br />

ad II. Der historische Mat[erialismus] „erklärt alles mittels der Ökonomie“. Alles mittels der<br />

Ökonomie erklären heißt aber glauben, daß die Menschen immer von egoistischen Erwägungen<br />

geleitet werden. Das ist Unsinn. Beispiel. Die Wilden mit ihrem Kommunismus. Hier ist zu er-<br />

[335]klären, auf welche Weise ihre ökonom[ische] Tätigkeit und die verschiedenen Eigenheiten<br />

dieser Tätigkeit diesen Altruismus und überhaupt die verschiedenen Gefühle entwickelt haben.<br />

Das heißt, wir bestreiten diese Gefühle nicht. Das gleiche gilt von der Psychologie überhaupt.<br />

Wir bestreiten nicht, daß es bestimmte psychologische Gesetze gibt. Aber wir fragen: Welches<br />

sind die historischen Bedingungen gewesen, unter deren Einfluß das Wirken der psycholog[ischen]<br />

Gesetze zur Entstehung, sagen wir mal, des Bürgerdramas in England und Frankreich<br />

geführt hat? Oder der Schule von Boucher unter Lud[wig] XV.? Und wir sagen: letzten<br />

Endes wurzeln die Ursachen dafür in der Ökonomie. Hier haben wir folgende Reihenfolge:<br />

1. Die Ökonomie<br />

2. Gesellschaftsordnung<br />

3. Allgemeine Psychologie der Umwelt<br />

4. Die Ideologien auf der Grundlage dieser Psychologie 3* : Einzelfälle der gegebenen psychologischen<br />

Verfassung. Wir werden sehen, daß die Sache durch die Ungleichartigkeit der<br />

* Anmerkungen zu: Die Kunst vom Standpunkt der materialistischen Geschichtsauffassung (S. 334-351)<br />

am Ende des Kapitels.<br />

1 Überschrift und Numerierung des Vortrags stammen von G. W. Plechanow. Die Red.<br />

2* Plechanow denkt hier an die Definition der Kunst, wie sie Belinski gegeben hat und wie er sie wiederholt anführt.<br />

3* In diesem Schema ist das erste Glied der Plechanowschen Gliederung in fünf Teile: die Entwicklung der Produktivkräfte,<br />

ausgelassen.<br />

G. W. Plechanow: Kunst und Literatur, Dietz Verlag Berlin 1955 – 1

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