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erschien nennen menschenähnlichen

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OCR-Texterkennung durch Max Stirner Archiv Leipzig, 16.07.2013<br />

[325]<br />

Auch nicht ein Keim ging auf. Vergebens<br />

Soll alle meine Mühe sein!<br />

Grast friedlich, Völker, hier auf Erden!<br />

Der Ehre Ruf ficht euch nicht an!<br />

Was nützt die Freiheit wohl den Herden?<br />

Man schert und schlachtet sie sodann.<br />

Das Zeichen, drin sie selig werden,<br />

Sind Peitsch’ und Joch mit Schellen dran! (B)<br />

Hier sehen wir ebenfalls jene Haltung, die in dem Gedicht „Der Dichter und die Menge“ zum<br />

Ausdruck kam und bei der die übertriebenste Verachtung gegen die „Menge“ begreiflich wird.<br />

Übrigens war das Gefühl der Verachtung für die Menge auch den Dekabristen nicht fremd.<br />

Rylejew klagte in einem seiner Gedichte:<br />

Du willst an Menschen dich erbauen<br />

Und bist enttäuscht, soweit du reist:<br />

Nur kalte Leichen kannst du schauen<br />

Und Kinder ohne Geist.<br />

„Menschen“ gab es in der damaligen russischen Gesellschaft nur wenige. Überdies darf man<br />

nicht vergessen, daß in Rußland die fortschrittlichen Menschen der zwanziger Jahre für die<br />

Romantik schwärmten, und eines der hauptsächlichen kennzeichnenden Merkmale der Romantik<br />

ist die Verachtung der „Menge“.<br />

Rylejew konnte Romantiker sein, ohne für die Theorie der Kunst für die Kunst zu schwärmen.<br />

Genauso konnte selbst Victor Hugo später behaupten, man halte ihn ganz zu Unrecht<br />

für den Stammvater dieser Theorie in Frankreich. Immerhin neigte die konsequente Romantik<br />

stets zu ihr hin und vertrug sich nur schlecht mit der „nützlichen Kunst“. Woher kam nun bei<br />

ihr diese Neigung?<br />

[326] Diese Frage führt uns nach Westen, woher die romantischen Einflüsse zu uns gekommen<br />

sind. Und unter den westlichen Ländern wollen wir bei Frankreich verweilen, das bis in<br />

die Mitte des vorigen Jahrhunderts auf dem Wege der gesellschaftlich-politischen Entwicklung<br />

allen übrigen Ländern vorausmarschierte.<br />

Ich sagte, daß die Neigung...<br />

*<br />

So sind wir berechtigt, die Verbreitung der Theorie der Kunst für die Kunst unter den „bleichen<br />

langhaarigen Jünglingen“ auf das Konto dieses Zwiespaltes zu setzen.<br />

Woher kam der Zwiespalt? Ich glaube annehmen zu dürfen, daß die Auszüge, die ich soeben<br />

gegeben habe, das hinreichend klarmachen. Er entstand durch nichts anderes als durch das<br />

langweilige prosaische bürgerliche Dasein. Der damaligen bürgerlichen Jugend fiel es um so<br />

schwerer, sich an dieses prosaische Leben zu gewöhnen, als Frankreich kurz zuvor die<br />

schrecklichen Stürme der großen Revolution und der napoleonischen Epoche erlebte, die die<br />

großen gesellschaftlichen Leidenschaften entfacht hatten. Herzen haßte das westeuropäische<br />

Spießbürgertum und beschrieb die von diesem für die Kunst geschaffene Situation folgendermaßen:<br />

„Die Kunst ist nicht wählerisch“, sagt er, „sie kann alles darstellen, indem sie allem den unaustilgbaren<br />

Stempel der geistigen Gabe des Schönen aufdrückt und in uneigennütziger Weise<br />

jede zufällige Erscheinung des Lebens, jeden Laut und jede Gestalt, die träumerische Pfüt-<br />

5

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