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OCR-Texterkennung durch Max Stirner Archiv Leipzig, 15.07.2013<br />

[298] Die entgegengesetzte Anschauung hatte einen kraftvollen und hervorstechenden Vertreter<br />

in der Person Puschkins in der Regierungszeit des Zaren Nikol[aus]: Ihnen allen sind sicher<br />

solche Gedichte von ihm wie „Der Dichter und die Menge“ und „Einem Dichter“ bekannt.<br />

In „Der Dichter und die Menge“ spr[ich]t der Dichter:<br />

Nicht zu des Weltgewühls Bemeistrung,<br />

Nicht zu der Habgier Niederzwang –<br />

Geboren sind wir zur Begeistrung,<br />

Zum Preisgebet und Wonnesang! (A.)<br />

[299] Dem Volk, w[elch]es fordert, der Dichter solle zur Besserung der gesellsch[aftlichen]<br />

Moral beitragen, antwortet der Dichter geringschätzig und sogar grob:<br />

Hinweg mit euch usw. Siehe Auszug Nr. 1. 1<br />

Das ist die Theorie der Kunst für die Kunst in ihrem extremsten und schärfsten Ausdruck.<br />

In unserer Literatur ist es zu einem Streit darüber gekommen, woher sich Puschkin diese<br />

Theorie angeeignet habe, von Deutschland oder von Frankreich. Für uns ist das hier völlig<br />

belanglos. Es besteht kein Zweifel, [diese] Kunsttheorie, wie auch die ihr entgegengesetzte<br />

Theorie, die von den Künstlern die Unterordnung ihres Schaffens unter die Erfordernisse des<br />

gesellsch[aftlichen] Nutzens verlangt, ist vom Westen zu uns gelangt.<br />

Auf dem Gebiete der Theorien eignet sich Rußland überhaupt sehr viel von den fortgeschrittneren<br />

westlichen Ländern an. Diese unbestreitbare Tatsache zuzugeben, ist für uns jetzt völlig<br />

genüg[end].<br />

Welche von diesen beiden Theorien ist nun die richtige? Was muß die K[unst] sein – Mittel<br />

oder Zweck?<br />

Wenn man zur Unters[uchung] dieser Frage übergeht, so ist zunächst zu bemerken, daß sie<br />

schlecht formuliert ist. Sie ist nicht vom Standpunkt der Verpflichtung aus, des Sollens zu<br />

lösen. 2 Wenn die Künstler dieser Epoche zum Utilit[arismus] in der K[unst] neigen, zu einer<br />

anderen Zeit aber der K[unst] für die K[unst] huldigen, so rühr[t] das nicht daher, daß irgend<br />

das, und niemand macht sich etwas draus! ... Und diese auf vernünftigen Prinzipien bestehende Gesellschaft ist<br />

eine Erscheinung der Wirklichkeit! ... Und hat danach der Mensch das Recht, sich in der Kunst, im Wissen zu<br />

vergessen?“ Red. L. N. [Dieses Zitat ist ein Auszug aus dem Brief Belinskis an W. P. Botkin vom 8. September<br />

1841; W. G. Belinski, Ausgewählte philosophische Schriften, Moskau 1950, S. 185/186, deutsch.]<br />

1 Wir bringen den Auszug, überschrieben:<br />

Nr. 1. Puschkin, Ged[icht] „Der Dichter und die Menge“<br />

Hinweg! Nie dient des Pöbels Zwecken<br />

Des Dichters friedereiches Lied<br />

Nie wird der Leier Ton euch wecken!<br />

Versteint im Laster das Gemüt!<br />

Ein Ekel seid ihr meinem Blicke!<br />

Für eure Dummheit, eure Tücke<br />

Habt ihr bis heute nicht entbehrt<br />

Gefängnis, Knute, Strang und Schwert –<br />

Und das schon ist ein großer Segen! (A)<br />

Die Red.<br />

2 Auf der Rückseite des Blattes findet sich folgende Notiz von G. W. Plechanow: „Das Wort ‚dolshno‘, ‚dolshen‘<br />

hat einen doppelten Sinn: 1. den der moral[ischen] Verpflichtung; 2. den Sinn des Unvermeidlichen. Ohne<br />

Nahrung „muß“ der Mensch sterben – nicht weil er moral[isch] dazu verpflichtet ist, sondern weil der Tod des<br />

Organismus bei fortges[etztem] Nahrungsentzug unvermeidlich ist.“ Red. L. N.<br />

2

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