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OCR-Texterkennung durch Max Stirner Archiv Leipzig, 14.07.2013<br />

sen Jean de Sancys nicht einmal angedeutet; er hat, so muß man wohl sagen, keine Ahnung<br />

davon, daß sich sein eigenes Einkommen, als einer der großen Teilhaber des Unternehmens,<br />

auch dann nicht rechtfertigen ließe, falls der völlig unrichtige Vergleich des Unternehmers<br />

mit dem Löwen und der Arbeiter mit den Schakalen zuträfe: er selbst hat für das<br />

Unternehmen überhaupt nichts getan, er hat sich darauf beschränkt, alljährlich ein großes<br />

Einkommen daraus zu erhalten. Und wenn schon einer dem Schakal gleicht, der sich von<br />

dem nährt, was fremde Anstrengungen gewinnen, so ist das gerade der Aktionär, dessen<br />

ganze Arbeit darin besteht, Aktien aufzubewahren, und ebenso der Ideologe der bürgerlichen<br />

Ordnung, der selbst nicht an der Produktion beteiligt ist, aber die auf dem üppigen<br />

Tische des Kapitals übrigbleibenden Brocken aufliest. Leider gehört selbst der talentvolle<br />

de Curel zur Kategorie solcher Ideologen. Im Kampf der Lohnarbeiter gegen die Kapitalisten<br />

tritt er voll und ganz auf die Seite der letzteren, indem er ihre wirklichen Beziehungen<br />

zu denen, die durch sie ausgebeutet werden, völlig unrichtig darstellt.<br />

[268] Und was ist dann Bourgets Stück „La barricade“ anderes als ein Aufruf, den der bekannte<br />

und zweifellos ebenfalls talentvolle Künstler an die Adresse der Bourgeoisie richtet und mit<br />

dem er alle Mitglieder dieser Klasse auffordert, sich zum Kampf gegen das Proletariat zusammenzuschließen?<br />

Die bürgerliche Kunst wird kriegslustig. Ihre Vertreter haben nicht mehr das<br />

Recht, von sich zu sagen, sie seien „nicht für leidenschaftliche Erregung und nicht für Kämpfe“<br />

geboren. Nein, sie suchen den Kampf und fürchten nicht die damit verbundene leidenschaftliche<br />

Erregung. Aber im Namen welcher Sache werden diese Kämpfe geführt, an denen sie teilnehmen<br />

wollen? O weh, im Namen der „Gewinnsucht“. Freilich nicht der persönlichen Gewinnsucht:<br />

es wäre seltsam, wollte man behaupten, solche Leute wie de Curel und Bourget<br />

treten als Verteidiger des Kapitals in der Hoffnung auf persönliche Bereicherung auf. „Die Gewinnsucht“,<br />

um derentwillen sie „die leidenschaftliche Erregung“ durchmachen und „Kämpfe“<br />

suchen, ist die Gewinnsucht der ganzen Klasse. Dieser Umstand hindert sie jedoch nicht, Gewinnsucht<br />

zu bleiben. Wenn es aber so ist, sehen wir zu, was sich daraus für uns ergibt.<br />

Warum verachteten die Romantiker ihre zeitgenössischen „Bourgeois“? Wir wissen schon,<br />

weshalb: weil die „Bourgeois“, nach den Worten Theodore de Banvilles, das Fünf-Franc-<br />

Stück über alles setzten. Und was verteidigen Künstler wie de Curel, Bourget und Hamsun in<br />

ihren Werken? Jene gesellschaftlichen Verhältnisse, die der Bourgeoisie als Quelle einer größeren<br />

Zahl von Fünf-Franc-Stücken dienen. Wie weit sind diese Künstler von den Romantikern<br />

der guten alten Zeit entfernt! Was hat sie nun von ihnen entfernt? Nichts anderes als der<br />

unabwendbare Gang der gesellschaftlichen Entwicklung. Je mehr sich die der kapitalistischen<br />

Produktionsweise eigenen inneren Widersprüche verschärften, desto schwieriger wurde es für<br />

die Künstler, die der bürgerlichen Denkweise treu blieben, sich an die Theorie der Kunst für<br />

die Kunst zu halten – und zu leben, indem sie sich, nach einem bekannten französischen<br />

Ausdruck, in einem elfenbeinernen Turm (tour d’ivoire) einschlossen.<br />

In der zeitgenössischen zivilisierten Welt gibt es, wie es scheint, kein Land, dessen bürgerliche<br />

Jugend mit den Ideen Friedrich Nietzsches nicht sympathisierte. Friedrich Nietzsche verachtete<br />

seine „schläfrigen“ Zeitgenossen vielleicht noch mehr, als Théophile Gautier die<br />

„Bourgeois“ seiner Zeit verachtete. Was hatten in den Augen Nietzsches seine „schläfrigen“<br />

Zeitgenossen verschuldet? Worin besteht ihr Hauptfehler, der die Quelle aller übrigen ist?<br />

Darin, daß sie nicht verstehen, zu denken, zu fühlen und, was das Wichtigste ist, zu handeln,<br />

wie es sich für Menschen schickt, die in der Gesellschaft die herrschende Stellung einnehmen.<br />

Unter den gegenwärtigen historischen Bedingungen hat das die Bedeutung eines [269]<br />

Vorwurfs in dem Sinne, daß sie nicht genügend Energie und Konsequenz in der Verteidigung<br />

der bürgerlichen Ordnung gegen den revolutionären Angriff seitens des Proletariats an den<br />

Tag legen. Nicht umsonst spricht Nietzsche mit solcher Erbitterung von den Sozialisten. Aber<br />

sehen Sie wiederum, was sich dabei für uns ergibt.<br />

27

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