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OCR-Texterkennung durch Max Stirner Archiv Leipzig, 14.07.2013<br />

Egoismus (l’égoisme qui produit) für die arbeitende Masse dasselbe sei wie das Almosen für<br />

den Bettler“. Und da die Zuhörer ihre Mißbilligung gegen eine solche Ansicht zum Ausdruck<br />

bringen, erklärt er ihnen, sich allmählich ereifernd, in einem klaren, bilderreichen Vergleich<br />

die Rolle des Kapitalisten und seiner Arbeiter in der zeitgenössischen Produktion.<br />

„Man sagt“, donnert er los, „ein ganzes Rudel Schakale zieht hinter dem Löwen her in die<br />

Wüste, um sich an den Überresten seiner Beute gütlich zu tun. Die Schakale sind selbst zu<br />

schwach, um Büffel zu überfallen. Sie sind nicht flink genug, um Gazellen einzuholen, und<br />

all ihre Hoffnung paßt sich den Klauen des Herrn der Wüste an. Ihr hört: seinen Klauen! In<br />

der Dämmerung verläßt er seine Höhle, und, vor Hunger brüllend, läuft er los und sucht ein<br />

Opfer. Da ist es! Er macht einen mächtigen Sprung, es beginnt ein grimmiger Kampf, es<br />

kommt zu einem tödlichen Ringen, und die Erde bedeckt sich mit Blut, das nicht immer das<br />

Blut des Opfers ist. Dann folgt ein königlicher Schmaus, dem die Schakale aufmerksam und<br />

ehrerbietig zusehen. Wenn der Löwe sich satt gefressen hat, halten die Schakale ihre Mahlzeit.<br />

Denkt ihr, daß diese letzteren satter geworden wären, wenn der Löwe seine Beute mit<br />

jedem von ihnen gleichmäßig geteilt und damit für sich nur ein kleines Stück behalten hätte?<br />

Keineswegs! Dieser dumme gute Löwe wäre kein Löwe mehr; er taugte zur Not zur Rolle<br />

eines Hündchens, das einen Blinden führt. Er hörte auf, sein Opfer bei dessen erstem Aufstöhnen<br />

zu erwürgen, und er finge an, dessen Wunden zu belecken. Ein Löwe taugt nur etwas<br />

als Raubtier, das gierig ist auf die Beute und nur auf Mord und Blutvergießen ausgeht. Wenn<br />

so ein Löwe brüllt, dann läuft den Schakalen das Wasser im Maul zusammen.“<br />

Der ohnehin klare Sinn dieses Gleichnisses wird von dem Schönredner in den folgenden, bei<br />

weitem kürzeren, aber ebenso bezeichnenden Worten dargelegt: „Der Unternehmer eröffnet<br />

jene Nahrungsquellen, die mit ihrem Gischt die Arbeiter übersprühen.“<br />

Ich weiß sehr wohl, daß der Künstler für den Sinn der Reden, die seine Helden halten, nicht<br />

verantwortlich ist. Aber sehr häufig gibt er zu verstehen, welche Einstellung er zu diesen<br />

Reden hat, so daß wir Gelegenheit bekommen, über seine eigenen Ansichten zu urteilen.<br />

Der ganze weitere Gang des Stückes „Le repas du lion“ zeigt, daß de Curel den von Jean de<br />

Sancy angestellten Vergleich des Unternehmers mit dem Löwen und der Arbeiter mit den<br />

Schakalen selbst auch für richtig hält. Aus allem ist ersichtlich, daß er die Worte des gleichen<br />

Helden mit voller Überzeugung [267] wiederholen könnte: „Ich glaube an den Löwen.<br />

Ich beuge mich vor jenen Rechten, die ihm seine Klauen geben.“ Er selbst ist bereit, die<br />

Arbeiter für Schakale zu erklären, die sich mit den Brocken dessen ernähren, was durch die<br />

Arbeit des Kapitalisten gewonnen wird. Der Kampf der Arbeiter gegen den Unternehmer<br />

stellt sich ihm, wie auch Jean de Sancy, als Kampf der neidischen Schakale mit dem mächtigen<br />

Löwen dar. Dieser Vergleich ist auch die Grundidee seines Stückes, der das Schicksal<br />

seines Haupthelden entspricht. Allein, in dieser Idee ist auch nicht ein Atom Wahrheit. Sie<br />

entstellt den wirklichen Charakter der gesellschaftlichen Verhältnisse in der neuzeitlichen<br />

Gesellschaft viel mehr, als sie die ökonomischen Sophismen eines Bastiat und aller seiner<br />

zahlreichen Anhänger bis zu Böhm-Bawerk entstellten. Die Schakale tun soviel wie gar<br />

nichts, um das zu erlangen, wovon der Löwe sich ernährt und womit zum Teil ihr eigener<br />

Hunger gestillt wird. Wer wird aber sagen wollen, die Arbeiter, die in einem Unternehmen<br />

beschäftigt sind, tun nichts zur Schaffung seines Produkts? Es ist doch, ungeachtet aller<br />

ökonomischen Sophismen, klar, daß es gerade durch ihre Arbeit geschaffen wird. Natürlich<br />

nimmt der Unternehmer am Prozeß der Produktion als ihr Organisator teil. Und als Organisator<br />

gehört er selbst zu den Werktätigen. Jedem ist aber wiederum bekannt, daß das Einkommen<br />

eines Fabrikleiters und der Unternehmerprofit des Fabrikherrn zweierlei Dinge<br />

sind. Ziehen wir das Einkommen vom Gewinn ab, dann bekommen wir einen Rest, der auf<br />

den Kapitalanteil als solchen entfällt. Die ganze Frage liegt gerade darin, weshalb dieser<br />

Rest auf das Kapital entfällt. Die Lösung dieser Frage ist in den schönrednerischen Ergüs-<br />

26

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