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erschien nennen menschenähnlichen

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OCR-Texterkennung durch Max Stirner Archiv Leipzig, 08.07.2013<br />

tern Klasse gefährlich, drückend und grausam. Die Frage wurde jetzt ganz anderer Natur; es<br />

handelte sich nicht mehr um die Freiheit, sondern um das öffentliche Wohl, und die Periode<br />

des Konvents von dem Aufhören der Konstitution des Jahres 1791 bis zu dem Augenblicke,<br />

wo die Konstitution des Jahres III das Direktorium einsetzte, war ein langer Feldzug der Revolution<br />

gegen die Parteien und gegen Europa. Es konnte unmöglich anders sein.“ 1<br />

Wie Thierry ist Mignet ein überzeugter Vertreter der Mittelklasse. Solange es sich um die<br />

Würdigung der politischen Tätigkeit dieser Klasse handelt, geht Mignet bis zur Lobpreisung<br />

der Gewaltmittel: „Ihre Rechte erlangten sie nur durch Gewalt“, sagt er.<br />

Bei Guizot finden wir dieselben Tendenzen, dieselben Sympathien und denselben Standpunkt.<br />

Aber bei ihm sind diese Tendenzen und Sympa-[23]thien schärfer ausgeprägt, und der<br />

Standpunkt ist bestimmter umrissen. Bereits in seinen „Essais sur l’histoire de France“, die<br />

im Jahre 1821 <strong>erschien</strong>en waren, formuliert er mit großer Klarheit das, was die Grundlage des<br />

sozialen Gebäudes bildet.<br />

„Im Studium der politischen Einrichtungen hat die Mehrzahl der Schriftsteller, Gelehrten,<br />

Historiker oder Publizisten die Verfassung der Gesellschaft, die Höhe oder die Art ihrer Zivilisation<br />

zu erkennen gesucht. Es wäre weiser gewesen, zunächst die Gesellschaft selbst zu<br />

studieren, um die politischen Einrichtungen der Gesellschaft zu erkennen und zu verstehen.<br />

Ehe sie Ursache werden, sind die Einrichtungen Folge; die Gesellschaft bringt sie hervor, ehe<br />

sie sich an ihnen wandelt; und statt im System oder in den Regierungsformen zu suchen, welches<br />

die Verfassung des Volkes gewesen ist, muß man gerade vor allem die Verfassung des<br />

Volkes untersuchen, um zu erfahren, welches seine Regierung gewesen sein mußte oder gewesen<br />

sein konnte... Die Gesellschaft, ihre Zusammensetzung, die Lebensweise des einzelnen<br />

entsprechend seiner sozialen Lage, die Beziehungen der verschieden Klassen von Individuen,<br />

kurzum das bürgerliche Leben der Menschen (l’état des personnes), das ist ganz sicherlich<br />

die erste Frage, die die Aufmerksamkeit des Historikers auf sich lenkt, der das Leben der<br />

Völker verfolgen will, und des Publizisten, der wissen möchte, wie sie regiert wurden.“ 2<br />

Die englische Revolution; die französische Revolution. Der soziale Kampf. Dreißig Jahrhunderte;<br />

Diskussionen in der Deputiertenkammer; Konstitution; Antwort auf einen Vorwurf;<br />

Epigraph zu Guizots Broschüre: „Angenehm“ usw. Was hat Guizot im Januar 1849 geschrieben?<br />

Seine Broschüre „De la démocratie“. Die Umstände waren nicht mehr die gleichen. Er<br />

sagt das selbst: „Jetzt aber“ usw. Armand Carrel. Alexis de Toqueville: Die Natur des Menschen<br />

(Brief an seinen Vater); die Gesellschaftsordnung. Die Literatur.<br />

Nun, nach all diesen Zitaten habe ich, wie ich hoffe, Grund genug zu sagen, daß die Soziologen,<br />

die Historiker und die Kunstkritiker schon von Anfang des 19. Jahrhunderts an uns alle<br />

auf die Gesellschaftsordnung als auf die tiefste Ursache der Erscheinungen der menschlichen<br />

Gesellschaft hinweisen.<br />

Wir wissen schon, was das ist: Gesellschaftsordnung. Es ist das bürgerliche Leben der Menschen“,<br />

wie Guizot sagt, es ist der Zustand des Eigentums. Aber woher kommt letzterer?<br />

Wovon hängt alles in der Gesellschaft ab? Erst wenn wir eine klare und genaue Antwort auf<br />

diese Frage haben, werden wir imstande sein, uns den Gang des historischen [24] Prozesses<br />

und die Ursachen des Fortschritts des Menschengeschlechts zu erklären. Aber gerade diese<br />

große Frage, die Frage aller Fragen, lassen die Historiker unbeantwortet.<br />

Es ergibt sich also ein Widerspruch: die Ideen, die geistige Haltung, das Denken werden bestimmt<br />

durch die Gesellschaftsordnung, aber die Gesellschaftsordnung wird durch die Ideen<br />

1 Ebenda, S. 286. [Zit. Werk, S. 199/200.]<br />

2 4. Abhandlung, S. 73. [Guizot, „Essais sur l’histoire de France“, Paris 1823, p. 87/88.]<br />

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