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erschien nennen menschenähnlichen

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OCR-Texterkennung durch Max Stirner Archiv Leipzig, 13.07.2013<br />

umbringt. Das Wort ‚bürgerlich‘ enthält jenes unwiderlegliche Argument, gegen das keine<br />

Klügeleien, keine Kunstgriffe eines polemischen Talents etwas ausrichten können. Es ist ein<br />

Geschoß, dem man nicht nachweisen kann, es sei nicht dahin gerichtet, wohin es soll, und<br />

habe nicht die richtige Stelle getroffen. So oder so, es hat doch die getroffene Stelle bereits<br />

zertrümmert.<br />

Die einzige hinreichende Antwort auf die schreckliche Beschuldigung kann an die Adresse<br />

gerichtet sein, von der das todbringende Gastgeschenk des betreffenden Geschosses herangeflogen<br />

kam. Woher man auf euch mit dem Worte ‚bürgerlich‘ geschossen hat, dahin schießt<br />

ihr wieder mit ‚kleinbürgerlich‘ zurück, und dieselben Verwüstungen, die ihr bei euch seht,<br />

werdet ihr im feindlichen Lager finden, weil es keine Festungen gibt und keine Verschanzungen<br />

geben kann, in denen man sich vor dem Sprenggeschoß schützen kann.“<br />

Herr I. hat auf seine Art recht; aber nur auf seine Art hat er recht; er hat recht als Mensch, der<br />

eine bekannte Erscheinung wohl erkennt, sich aber nicht die Mühe macht, ihren gesellschaftlichen<br />

Sinn zu erfassen. Dabei aber wäre es, wenn Herr I. den Wunsch hätte, diesen Sinn zu<br />

erfassen, für ihn ein leichtes, dies zu tun – auf Grund des Umstandes, daß jetzt mit diesen<br />

Epitheta ein schrecklicher Mißbrauch getrieben wird. Herr Desesperanto sagt richtig (in<br />

„Kiewskaja Mysl“ Nr. 134, Jahrgang 1908):<br />

Jedermann ist „Bourgeois“ nach Sollogub<br />

Und nach Dubrowin – ein „Jude“.<br />

So ist es. Aber weshalb ist für Herrn Dubrowin jedermann ein „Jude“? Läßt sich nicht das<br />

soziologische Äquivalent dieser seltsamen psychologischen Aberration bestimmen? Diese<br />

Frage wird wohl kaum ein jeder bejahend beantworten, und es dürfte wohl kaum einem jeden<br />

leichtfallen, dieses Äquivalent ohne weiteres zu bestimmen. Nun, und wie steht es mit der<br />

psychologischen Aberration des Herrn Sollogub? Ist es möglich, ihr soziologisches Äquivalent<br />

zu bestimmen? Meine Ansicht ist wiederum die, daß es möglich ist.<br />

Sehen Sie mal. Vor gar nicht langer Zeit stand in dem Organ des Herrn Dubrowin: „Das satte<br />

bürgerliche Glück, das uns der Sozialismus versprochen hat, wird uns nicht befriedigen“ (zitiert<br />

in „Kiewskaja Mysl“ Nr. 132, Jahrgang 1908).<br />

Es zeigt sich, daß Herr Dubrowin jetzt seinen Gegnern einen Vorwurf daraus macht, nicht<br />

nur, daß sie Juden, sondern auch daß sie Bourgeois sind. Das ist äußerst interessant. Aber<br />

beachten Sie, Herr Dubrowin hat [223] die schreckliche Sprengwaffe des Vorwurfs bürgerlicher<br />

Einstellung nicht selbst hergestellt: er bekam sie fertig geliefert, wollen wir sagen, bei<br />

dem gleichen Sollogub, für den jedermann ein „Bourgeois“ ist, oder bei Herrn Iwanow-<br />

Rasumnik, der am liebsten gleich die Natur selbst bourgeoiser Einstellung beschuldigen<br />

möchte. Aber auch diese Herren haben das schreckliche Schrapnell nicht selber hergestellt;<br />

sie haben es von einigen Marxkritikern übernommen, und den letzteren ist es als Erbe der<br />

französischen Romantiker zugefallen. Bekanntlich haben sich die französischen Romantiker<br />

energisch gegen die „Bourgeois“ und gegen die „bourgeoise Einstellung“ gewandt. Aber jetzt<br />

ist jedem, der in der Geschichte der französischen Literatur bewandert ist, auch bekannt, daß<br />

die Romantiker, die sich gegen die „Bourgeois“ und die „bourgeoise Einstellung“ wandten,<br />

selbst völlig von bürgerlichem Geist durchdrungen waren. Somit hatten ihre Ausfälle gegen<br />

den „Bourgeois“ und ihre Abneigung gegen das „Bürgerliche“ nur die Bedeutung eines Familienzwistes<br />

in den Reihen der bürgerlichen Klasse. Théophile Gautier war ein erbitterter<br />

Feind der „Bourgeois“, und doch begrüßte er den Sieg der Bourgeoisie über das Proletariat<br />

im Mai 1871 mit blutgieriger Wonne. Schon daraus läßt sich ersehen, daß nicht jeder, der<br />

gegen die „Bourgeois“ wettert, ein Gegner der bürgerlichen Gesellschaftsordnung ist. Und<br />

wenn dem so ist, dann ist es durchaus nicht so schwierig, die fürchterlichen „Sprenggeschos-<br />

3

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