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OCR-Texterkennung durch Max Stirner Archiv Leipzig, 11.07.2013<br />

die Schrift in der primitiven Jägergesellschaft zugleich auch Malerei, und die Lebensweise<br />

als Jäger mußte natürlicher- und notwendigerweise die Instinkte und Talente der primitiven<br />

Maler wecken, entwickeln und unterhalten. 1 So ist es in der› ...<br />

... [Ta]lent, so begann er es natürlich nicht nur im unmittelbaren Kampf ums Dasein zu gebrauchen.<br />

Die Jukagiren machen von den Schriftzeichen auch bei Liebeserklärungen Gebrauch.<br />

2 Ein solcher Luxus, der der Mehrzahl unserer Bauern bis auf den heutigen Tag unzugänglich<br />

ist, erweist sich als einfache und natürliche Folge der Lebensweise als Jäger. Als<br />

ebenso einfache und natürliche Folge dessen erweist sich auch der Umstand, daß der primitive<br />

Mensch seine Waffe, seine Arbeitswerkzeuge und sogar seinen eigenen Körper mit Tiergestalten<br />

schmückt. 3 In dem Maße, wie derartige Abbildungen stilisiert werden, entfernen sie<br />

sich von ihrem ursprünglichen [Aussehen] und erfreuen oft den idealistisch eingestellten Forscher<br />

durch ihren angeblich vollkommen abstrakten Charakter. Der enge ursächliche Zusammenhang<br />

der primitiven Ornamentik mit den Bedingungen der Lebensweise als Jäger<br />

wurde erst in der allerneuesten Zeit geklärt, dafür muß diese Ornamentik jetzt aber zu den<br />

überzeugendsten Beweisen zugunsten der materialistischen Geschichtsanschauung gerechnet<br />

werden.<br />

Nach einer überaus treffenden Bemerkung von den Steinens offenbart [159] sich in dem<br />

deutschen Wort zeichnen in klarer Weise der Zusammenhang der Entstehung der Kunst des<br />

Zeichnens in der Urgesellschaft. Dieses Wort stammt augenscheinlich vom Worte Zeichen.<br />

Von den Steinen glaubt, die Bezeichnung zum Zwecke der Mitteilung von Nachrichten sei<br />

älter als das Zeichnen. Ich stimme mit ihm völlig überein, weil ich – wie Sie bereits wissen –<br />

überhaupt überzeugt bin, daß die Beziehung zu den Gegenständen (und natürlich auch zu den<br />

Handlungen) vom Standpunkte des Nutzens der Beziehung zu ihnen vom Standpunkt des<br />

ästhetischen Genusses vorausgegangen ist. Von den Steinen fügt hinzu: „Auch das Vergnügen<br />

an der darstellenden Nachahmung, von dem alle selbständige Weiterentwicklung abhängt,<br />

ist bis zu einem gewissen Grade schon bei jenem Anfang helfend tätig.“ 4 In einem der<br />

folgenden Briefe werden wir sehen, ob die „ganze“ weitere Entwicklung der Malerei wirklich<br />

durch den bei der Nachahmung in der Abbildung verschafften Genuß bedingt wurde. Aber es<br />

versteht sich aus sich selbst, wenn diese Nachahmung keinerlei Genuß verschafft hätte, wäre<br />

die Malerei niemals über das Stadium der Bezeichnung zum Zwecke der Mitteilung von<br />

Nachrichten hinausgelangt. Der Genuß war hier unbedingt ein notwendiges Element. Die<br />

ganze Frage liegt darin – warum machte sich der durch die Nachahmung in der Abbildung<br />

verschaffte Genuß bei den europäischen Jägern der Quartärzeit, den Australiern und Buschmännern,<br />

den Eskimos und den Jukagiren so stark fühlbar, indem er bei ihnen allen einen<br />

starken Drang zur Malerei entwickelte, und warum äußert er sich zum Beispiel bei den afrikanischen<br />

Negern, die sich schon lange mit dem Ackerbau beschäftigen, so wenig? Diese<br />

Anm. G. W. Plechanows). – Der Hinweis bezieht sich auf Jochelsons Buch „Entlang der Flüsse Jassatschna und<br />

Kirkidon“)‚ das G. W. Plechanow offenbar auf den fehlenden Seiten angeführt hat. Red. L. N.<br />

1 Die Kinder der Australier, die europäische Schulen besuchen, zeigen gewöhnlich große zeichnerische Begabung.<br />

Semon bemerkt, das sei durchaus nicht verwunderlich: „Denn auch die Alten sind Meister im Lesen<br />

aller der Zeichen, die das Wild auf flüchtiger Spur dem Boden, den Gräsern und den Bäumen aufgedrückt<br />

hat. Ebenso geschickt sind sie aber auch, sich gegenseitig durch absichtlich hervorgebrachte Zeichen<br />

zu verständigen... Es gibt Stämme, die darin geradezu Bewunderungswürdiges leisten.“ [Richard<br />

Semon,] „Im australischen Busche [und an den Küsten des Korallenmeeres]“, S. 242 [Leipzig 1903, S. 249].<br />

2 Jochelson, gen. Werk, S. 34.<br />

3 In Neuseeland heißt die Tätowierung Moko, was Eidechse, Schlange bedeutet (Ratzel, „Völkerkunde“, [1.<br />

Auflage,] Bd. II, S. 137). Es ist klar, daß die Tätowierung ursprünglich in der Abbildung dieser Tiere bestand.<br />

Ihre stilisierten Abbildungen lagen wahrscheinlich jenen „geometrischen“ Figuren zugrunde, mit denen sich die<br />

Neuseeländer zu schmücken begannen.<br />

4 [Von den Steinen,] Gen. Werk, S. 244.<br />

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