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OCR-Texterkennung durch Max Stirner Archiv Leipzig, 11.07.2013<br />

stellt. 1 Die Ornamentik der Australier, so kann man sagen, wurde überhaupt noch nicht studiert.<br />

Aber im Hinblick darauf, was uns über die Ornamentik anderer Völker bekannt ist, sind<br />

wir völlig zu der Annahme berechtigt, daß die Reihen von Linien, die ihre Schilde verzieren,<br />

ebenfalls Tierhäute darstellen. 2<br />

Übrigens haben die Linien, welche die Waffe der Australier verzieren, in manchen Fällen<br />

eine andere Bedeutung: sie stellen geographische Karten dar. 3<br />

[154] Das mag seltsam und gar völlig unwahrscheinlich anmuten, aber ich möchte Sie daran<br />

erinnern, daß die sibirischen Jukagiren ebenfalls solche Karten zeichnen. 4<br />

Menschen, die von der Jagd leben und ein Nomadenleben führen, brauchen solche Karten<br />

weit mehr, als, sagen wir, unsere Landwirtschaft treibenden Bauern der guten alten Zeit sie<br />

brauchten, die manchmal während ihres ganzen Lebens nicht über die Grenzen ihrer Gemeinde<br />

hinausgekommen sind. Das Bedürfnis aber ist der beste Lehrmeister. Es lehrte den<br />

Jäger der Urgesellschaft Karten zeichnen, es lehrte ihn auch andere Künste, die unserem<br />

Landmann ebenfalls völlig unbekannt waren: die Malerei und die Bildhauerkunst. In der Tat,<br />

der Jäger eines Naturvolkes erweist sich in seiner Art fast immer als geschickter und manchmal<br />

passionierter Maler und Bildhauer. Von den Steinen sagt, daß es bei den Eingeborenen,<br />

die ihn auf seiner Reise begleiteten, ein beliebter Abendzeitvertreib war, verschiedene Tiere<br />

und Szenen aus dem Jagdleben in den Sand zu malen. 5 Die Australier stehen in dieser Beziehung<br />

nicht hinter den brasilianischen Indianern zurück. Sie schneiden gern verschiedene<br />

Zeichnungen in die Felle der Känguruhs ein, die ihnen als Schutz gegen Kälte dienen, ebenso<br />

in Baumrinden. In der Gegend von Port-Jackson sah Philipp viele Figuren, die Waffen,<br />

Schilde, Menschen, Vögel, Fische, Eidechsen usw. darstellten. Alle diese Figuren waren in<br />

Felsen eingeritzt, und manche zeugten von einer recht bedeutenden Fertigkeit der primitiven<br />

Künstler. 6 An der Nordwestküste Australiens fand Grey Figuren, die in Felsen und Bäume<br />

eingeritzt waren und menschliche Hände, Beine usw. darstellten. Diese Figuren waren ziemlich<br />

schlecht ausgeführt. Aber im Gebiet des oberen Glenelg fand er einige Höhlen, deren<br />

Wände mit schon viel gelungeneren Zeichnungen bedeckt waren. 7 Einige Forscher glauben,<br />

diese Zeichnungen seien nicht von Australiern gemacht worden, sondern von einem der Malaien,<br />

die manchmal als Händler hierher kommen. Nun, erstens ist es schwierig, zugunsten<br />

dieser Meinung irgendwelche schlüssigen Beweise beizubringen. 8 Und zweitens ist es für uns<br />

hier ganz und gar belanglos zu wissen, von wem eigentlich die Zeichnungen in den Höhlen<br />

des Glenelg stammen. Uns genügt es, wenn wir uns davon überzeugen, daß die Australier<br />

solche – wenn auch vielleicht etwas gröbere – [155] Zeichnungen überhaupt gern herzustellen<br />

lieben. Und in dieser Hinsicht ist kein Zweifel möglich.<br />

Derselbe charakteristische Zug wurde auch bei den Buschmännern bemerkt. Sie sind schon<br />

lange durch ihre Malerei und ihre Basreliefs bekannt. Fritsch sah auf den Felsen unweit von<br />

1 Stolpe sagt, daß in der Ornamentik der Naturvölker sehr oft „rein lineare Ornamente von Menschen- und Tierfiguren<br />

hergeleitet sind“. „Die Pflanzenwelt“, fügt er hinzu, „scheint merkwürdigerweise bei den exotischen<br />

Naturvölkern ein viel geringeres Material zur Stilisierung geliefert zu haben“ (S. 23). Wir wissen bereits, in<br />

welchem Maße diese tatsächlich bemerkenswerte Erscheinung mit der Entwicklung der Produktivkräfte der<br />

Urgesellschaft verknüpft ist.<br />

2 Siehe hierüber bei Grosse, [„Die] Anfänge der Kunst“, S. 118/119.<br />

3 Grosse, ebenda, S. 120.<br />

4 Siehe W. I. Jochelson, „Im Gebiet der Flüsse Jassatschna und Kirkidon“.<br />

5 [Von den Steinen,] l. c., S. 249.<br />

6 Waitz-Gerland, „Anthropologie der Naturvölker“, sechster Teil, Leipzig 1872. S. 759.<br />

7 [Ebenda, S. 760, 761, 762.] Siehe bei Grosse, [„Die] Anfänge der Kunst“, S. 159 ff., wo diese Zeichnungen<br />

wiedergegeben.<br />

8 Über die Gegengründe siehe bei Grosse, gen. Werk, S. 162 ff.<br />

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