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erschien nennen menschenähnlichen

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OCR-Texterkennung durch Max Stirner Archiv Leipzig, 11.07.2013<br />

Erste Variante 1<br />

Varianten zu S. 42/43<br />

Ein Kunstwerk wirkt auf unsere Phantasie oder auf unser Anschauungsvermögen, aber nicht auf unsere Logik.<br />

Und gerade deshalb empfinden wir kein eigentlich ästhetisches Wohlgefallen in dem Falle, wo ein Kunstwerk in<br />

uns mehr oder weniger begründete oder logische Erwägungen über den gesellschaftlichen Nutzen hervorruft. In<br />

diesem Falle ist nur ein Surrogat des ästhetischen Genusses vorhanden: die Befriedigung, welche die Erwartung<br />

des Nutzens für die Gesellschaft verschafft.<br />

Da wir den Nutzen für die Gesellschaft aber gerade von der Wirkung des gegebenen Kunstwerkes auf die Menschen<br />

erwarten, so entsteht in unserem Gehirn eine psychologische Aberration, auf Grund welcher wir glauben,<br />

daß unsere Befriedigung von diesem Kunstwerk selbst verursacht wurde, während sie in Wirklichkeit nicht von<br />

ihm hervorgerufen wird, sondern von den durch dieses erweckten Erwartungen und Sympathien. Allein, es gibt<br />

Epochen, wo die Menschen solche Surrogate des ästhetischen Genusses höher schätzen als den wirklichen<br />

ästhetischen Genuß.<br />

Warum das so ist, werden wir in einem der folgenden Briefe sehen.<br />

Zweite Variante zu S. 42<br />

... wird die Vervollkommnung ihrer Mitglieder, d. h. ihre Anpassung an die gegebenen Existenzbedingungen<br />

erreicht. Aber auch die Gesellschaft macht von diesem Mittel ganz unbewußt Gebrauch. Deshalb müssen wir<br />

sagen: ‹Schön ist, was den Menschen, weil es für die Gattung nützlich ist, unabhängig nicht nur von ihren persönlichen<br />

Interessen, sondern auch von allen ihren wie immer gearteten bewußten Erwägungen über den gesellschaftlichen<br />

Nutzen wohlgefällt.› 2<br />

[150]<br />

Variante zu S. 53<br />

Zu den den Menschen umgebenden natürlichen Bedingungen müssen vor allem die physischen Eigenarten seines<br />

Stammes gerechnet werden 3 , die ihm ins Auge fallen und an die er sich von Kindheit an gewöhnt. A. Humboldt<br />

hat bereits gesagt, daß der Mensch entzückt sei über alle physischen Eigenheiten, mit denen ihn die Natur<br />

ausgestattet hat, und daß er sich oft bemühe, diese Eigenheiten noch zu erhöhen. Das dürfte gegenwärtig kaum<br />

von jemand bestritten werden. 4 Wenn dem afrikanischen Neger die schwarze Haut gefällt, die weiße aber nicht<br />

gefällt, so geschieht das schon auf Grund einer recht verwickelten Ideenassoziation, die durch sein Leben unter<br />

Schwarzen bedingt ist. Das ist die gleiche Ideenassoziation, dank der jedem Wilden (und nicht nur dem Wilden)<br />

die Gewohnheiten seines Stammes besser gefallen als Gewohnheiten fremder Stämme. Aber unter veränderten<br />

Bedingungen kann diese Assoziation der gerade entgegengesetzten Platz machen. So erzählt zum Beispiel<br />

Livingstone, daß der afrikanische Stamm Aijaguri die Araber nicht nur hinsichtlich der Kleidung, sondern auch<br />

hinsichtlich anderer Gewohnheiten nachahmt. 5 Es ist sehr wahrscheinlich, daß auch die Hautfarbe der Araber<br />

ihnen mehr distingué [vornehm; sehr fein] erscheint als ihre eigene. Man kann beinahe mit Sicherheit behaupten,<br />

daß die Neger in den Vereinigten Staaten ihre schwarze Hautfarbe gern gegen die weiße eintauschen würden.<br />

Es ergibt sich also, daß der Vorzug, den die Menschen einer Rasse dieser oder jener Hautfarbe geben, im<br />

Grunde nicht von den physischen Eigenschaften dieser Rasse abhängt, sondern von den Beziehungen, in denen<br />

sie zu anderen Rassen steht, mit anderen Worten: von den gesellschaftlichen (wie in den Vereinigten Staaten)<br />

oder den zwischen den Stämmen bestehenden und internationalen Beziehungen (wie in dem von Livingstone<br />

angeführten Falle), d. h. letzten Endes von sozialen Ursachen.<br />

1 Handschriftlich von R. M. Plechanowa. Red. L. N.<br />

2 Der in spitzen Klammern stehende Satz ist bei G. W. Plechanow durchgestrichen. Red. L. N.<br />

3 Aus sehr verständlichen methodologischen Erwägungen ziehe ich vor, zuerst von den unzivilisierten Völkern<br />

zu sprechen.<br />

4 „...unter den verschiedensten Völkern der Erde wiederholt sich die Erfahrung, daß die Mütter immer bestrebt<br />

sind, einen vermeintlichen Rassenvorzug... durch äußere Mittel zu unterstützen“, Schweinfurth, „Au cœur de<br />

l’Afrique“, II, 256. [„Im Herzen von Afrika“, Leipzig 1918, S. 140.]<br />

5 „Dernier Journal du docteur David Livingstone“, trad. par M me H. Loreau, Paris 1876, t. I, p. 76.<br />

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