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erschien nennen menschenähnlichen

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OCR-Texterkennung durch Max Stirner Archiv Leipzig, 11.07.2013<br />

der Wohlhabenheit wurden, ist es nicht verwunderlich, daß die Ringe aus Häuten und Knochen<br />

einen weniger auserlesenen Schmuck darstellten. 1 Dieser weniger auserlesene Schmuck<br />

begann dann auch weniger schön zu erscheinen, sein Anblick verschaffte schon weniger Genuß<br />

als der Anblick der metallenen Ringe, unabhängig von jeglichen Nützlichkeitserwägungen.<br />

Auf diese Weise ging auch hier das Nützliche dem ästhetisch Angenehmen voran.<br />

Schließlich schützten die eisernen Ringe, da sie die Glieder – besonders die Arme – bedeckten,<br />

die Krieger während des Kampfes vor den Schlägen des Feindes und waren dem Krieger<br />

deshalb nützlich. In Afrika bedecken sich die Krieger vom Stamme Bongo beide Arme, von<br />

der Handwurzel bis zum Ellbogen, mit eisernen Ringen. Dieser Schmuck, Danga-Bar genannt,<br />

kann als Anfang der eisernen Rüstung betrachtet werden. 2<br />

Wir sehen also, wenn sich manche metallenen Erzeugnisse aus nützlichen Gegenständen in<br />

Gegenstände verwandelten, die durch ihren An-[143]blick einen ästhetischen Genuß verschafften,<br />

so geschah das durch das Wirken der verschiedensten „Faktoren“, aber hier wie in<br />

allen von mir oben betrachteten Fällen wurden einige dieser Faktoren selbst durch die Entwicklung<br />

der Produktivkräfte hervorgerufen, andere konnten nur in einer bestimmten Weise<br />

und nicht in einer beliebigen anderen Weise wirken, weil sich die Produktivkräfte der Gesellschaft<br />

auf einer bestimmten und nicht auf einer beliebigen anderen Stufe der Entwicklung<br />

befanden.<br />

Im Jahre 1885 hielt der bekannte Inama-Sternegg in der Wiener anthropologischen Gesellschaft<br />

einen Vortrag über die „politischen und wirtschaftlichen Vorstellungen der Naturvölker“,<br />

wobei er sich unter anderem mit der Frage befaßte: „Gefallen ihnen (den Naturvölkern)<br />

die von ihnen als Schmuckstücke verwendeten Gegenstände deshalb, weil ‹sie› einen gewissen<br />

Wert haben oder, umgekehrt, gewinnen diese Gegenstände einen gewissen Wert nur<br />

deshalb, weil sie als Schmuck dienen?“ 3 Der Referent konnte sich zu einer kategorischen<br />

Antwort auf diese Frage nicht entschließen. Und das wäre in Anbetracht seiner völlig unrichtigen<br />

Stellungnahme auch schwierig gewesen. Man muß zuerst bestimmen, um welchen Wert<br />

es sich handelt: um den Gebrauchswert oder den Tauschwert. Wenn wir den Gebrauchswert<br />

im Auge haben, kann man mit Bestimmtheit sagen, daß die Gegenstände, die den Naturvölkern<br />

als Schmuckstücke dienten, ursprünglich als nützlich galten oder als Aushang der für<br />

den Stamm nützlichen Eigenschaften ihres Besitzers dienten und erst dann schön <strong>erschien</strong>en.<br />

Der Gebrauchswert geht dem ästhetischen voraus. Wenn jedoch bestimmte Gegenstände in<br />

den Augen des urgesellschaftlichen Menschen erst einmal einen gewissen ästhetischen Wert<br />

erhalten haben, strebt er danach, sie um dieses Wertes willen allein zu erwerben, wobei er an<br />

die Genesis dieses ihres Wertes gar nicht denkt und sich darüber überhaupt keine Gedanken<br />

macht. Wenn es zum Tausch zwischen den verschiedenen Stämmen kommt, werden die<br />

Schmuckstücke zu einem seiner Hauptobjekte, und dann ist die Fähigkeit eines Gegenstandes,<br />

als Schmuck zu dienen, manchmal (wenn auch nicht immer) das einzige psychologische<br />

Motiv, das den Käufer bewegt, ihn zu erwerben. Was den Tauschwert betrifft, so ist er bekanntlich<br />

eine historische Kategorie, die sich sehr langsam entwickelt hat und von der die<br />

Jäger der Urgesellschaft – aus sehr begreiflichen Gründen – nur eine sehr verschwommene<br />

Vorstellung haben, und deshalb sind auch die quantitativen Beziehungen der Gegenstände,<br />

die gegeneinander ausgetauscht werden, ursprünglich zum größten ‹Teil› zufällig.<br />

1 Vgl. Schweinfurth, gen. Werk, Bd. I, S. 150/151; [deutsch: Erster Teil, Leipzig 1874, S. 164]. Beim Stamme<br />

Uahondshu ist die Sitte sehr verbreitet, an Armen und Beinen Ringe aus der Rinde der Palme zu tragen. Aber<br />

bei den vornehmen Mitgliedern des Stammes werden die Palmenringe bereits durch metallene ersetzt, die wahrscheinlich<br />

jetzt für schöner gelten. (Siehe Stanley, „Dans les ténèbres de l’Afrique“, t. II, p. 262.)<br />

2 Siehe die Beschreibung bei Schweinfurth, gen. Werk, Bd. 1, S. 271; [deutsch: Erster Teil, Leipzig 1874, S.<br />

309].<br />

3 „Mitteilungen der anthropologischen Gesellschaft in Wien“, XV. Band.<br />

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