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OCR-Texterkennung durch Max Stirner Archiv Leipzig, 11.07.2013<br />

Die Beziehung zu den Gegenständen vom Standpunkte des Nutzens ging auch hier der Beziehung<br />

zu ihnen vom Standpunkte des ästhetischen Genusses voran.<br />

Sie werden vielleicht fragen, worin die praktischen Bequemlichkeiten des Tragens metallener<br />

Ringe bestanden haben. Ich will sie nicht alle aufzählen, werde aber auf einige von ihnen<br />

hinweisen.<br />

Erstens wissen wir bereits, welche große Rolle der Rhythmus in den Tänzen der Naturvölker<br />

spielt. Die rhythmischen Schläge mit den Füßen auf den Boden und das gleichmäßige Händeklatschen<br />

dienen in diesen Fällen zum Schlagen des Taktes. Aber das genügt den Tänzern<br />

der Naturvölker nicht. Sehr häufig behängen sie sich zu diesem Zweck mit ganzen Girlanden<br />

verschiedener Klappern. Manchmal – zum Beispiel bei den Kaffern vom Stamme der Basuto<br />

– sind solche Klappern nichts weiter als Säckchen, die aus trockener Haut zusammengenäht<br />

und mit Steinchen gefüllt sind. 1 Es versteht sich, daß sie mit großem Nutzen durch metallene<br />

Klappern ersetzt werden können. Die eisernen Ringe, die an Arme und Beine gelegt werden,<br />

können bequem die Rolle metallener Klappern spielen. Und wir sehen in der Tat, daß sich<br />

dieselben Basuto-Kaffern beim Tanze gern solche Ringe anlegen. 2 Indes, die metallenen<br />

Ringe geben, wenn sie gegeneinander schlagen, nicht nur während des Tanzes klangvolle<br />

Töne von sich, sondern auch beim Gehen. Die Frauen des Stammes Niamniam tragen an den<br />

Beinen so viele Ringe, daß ihr Gang immer von einem weithin hörbaren Klang begleitet ist. 3<br />

Ein solcher Klang erleichtert, indem er den Takt schlägt, das Gehen, und deshalb konnte er<br />

eines der treibenden Motive für die Verwendung von Ringen bilden: bekanntlich hängen in<br />

Afrika die schwarzen Gepäckträger manchmal Glöckchen an ihre Last, deren ständiges<br />

rhythmisches Klingen sie anspornt. 4 Der gleichmäßige Klang der metallenen Ringe mußte<br />

ohne Zweifel auch viele weibliche Arbeiten erleichtern, zum Beispiel das Mahlen der Körner<br />

in [142] den Handmühlen. 5 Das war wahrscheinlich auch einer der ursprünglichen Gründe<br />

dafür, daß man sie trug.<br />

Zweitens, die Sitte, an den Armen und Beinen Ringe zu tragen, ging dem Gebrauch metallener<br />

Schmuckstücke voraus. Bei den Hottentotten wurden solche Ringe aus Elfenbein gemacht.<br />

6 Bei anderen Naturvölkern werden sie manchmal aus der Haut des Flußpferdes hergestellt.<br />

Eine solche Sitte hat sich beim Stamm der Dinka noch bis heute erhalten, obwohl, wie<br />

wir aus dem ersten Briefe wissen, dieser Stamm jetzt, nach einem Ausspruch Schweinfurths,<br />

das Eisenzeitalter durchmacht. Ursprünglich konnten solche Ringe zu dem praktischen<br />

Zweck verwendet werden, die nackten Arme und Beine vor stechenden Pflanzen zu schützen.<br />

7<br />

Als die Bearbeitung der Metalle begann und zur festen Gewohnheit wurde, ersetzte man die<br />

Ringe aus Häuten und Knochen allmählich durch metallene. Da diese zu einem Kennzeichen<br />

1 „Les Bassoutos“ par E. Casalis, Paris 1859, p. 158.<br />

Bei den Indianern von Guiana rüsten sich die Koryphäen manchmal mit hohlen Bambusstäben aus, die mit<br />

Steinchen vollgeschüttet sind. Sie schlagen mit diesen Stäben auf die Erde, und die durch diese Schläge hervorgerufenen<br />

Laute regulieren die Bewegungen der Tanzenden. R. H. Schomburgk, „Reisen in Guiana und am<br />

Orinoko“, Leipzig 1841, S. 108.<br />

2 Casalis, ibid., p. 158. Der Glanz dieser Ringe hat hier wahrscheinlich auch eine Bedeutung, indem er alle Bewegungen<br />

der Tanzenden nuanciert.<br />

3 „L’Afrique Centrale, Expeditions ... par le colonel C. Chaille-Long“, Paris 1882, p. 282.<br />

4 Burton [„Voyage etc.“, S. 620].<br />

5 Casalis, 1. c., p. 150. Im ersten Briefe habe ich schon darauf hingewiesen, wenn auch aus einem anderen Anlaß.<br />

6 Ratzel, „Völkerkunde“, [1. Auflage,] t. I, S. 91.<br />

7 Beachten Sie, daß es sich hier nicht um Ringe handelt, die an die Finger gesteckt werden, sondern um Brasseletts<br />

an Armen und Beinen. Ich weiß, daß „Beinarmreif“ ein wahrhaft barbarischer Ausdruck ist, aber ich kann<br />

im Augenblick keinen anderen finden.<br />

71

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