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[1] Lenin als Philosoph Inaugural-Dissertation Genehmigt Von der ...

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OCR-Texterkennung Max Stirner Archiv Leipzig – 38<br />

Und das, was von <strong>der</strong> <strong>Philosoph</strong>ie im gewöhnlichen Sinne des Wortes bestehen bleibt, wird so<br />

behandelt, daß man von einer philosophischen Problemlösung nicht mehr reden kann 91 .<br />

Diese <strong>Philosoph</strong>ie bedeutet deshalb in einem gewissen Sinne das Ende aller <strong>Philosoph</strong>ie, auf<br />

jeden Fall das Ende <strong>der</strong> bisherigen, bürgerlichen <strong>Philosoph</strong>ie. Die Erkenntnistheorie des<br />

<strong>Lenin</strong>schen Materialismus erschöpft sich mit <strong>der</strong> Feststellung <strong>der</strong> Objektivität <strong>der</strong> Außenwelt<br />

und den damit zusammenhängenden Problemen und in <strong>der</strong> Abbildtheorie. Alle speziellen<br />

philosophischen Fragen werden den verschiedenen entsprechenden Naturwissenschaften zur<br />

Lösung aufgegeben, den Wissenschaften <strong>als</strong>o, vor denen <strong>Lenin</strong> immer die größte Hochachtung<br />

hat und <strong>der</strong>en Ergebnisse er immer <strong>als</strong> Stützen für seine Thesen im Kampf gegen den Idealismus<br />

je<strong>der</strong> Art verwendet. Das gesamte übrige Denken aber wird auf die Erkenntnis <strong>der</strong><br />

gesellschaftlichen Wirklichkeit und ihrer Gesetze, beson<strong>der</strong>s aber auf ihre Verän<strong>der</strong>ung auf<br />

Grund <strong>der</strong> gefundenen Gesetze, verwandt, <strong>als</strong>o unmittelbar auf die Praxis. „In <strong>der</strong> Praxis muß<br />

<strong>der</strong> Mensch die Wahrheit, i. e. die Wirklichkeit und Macht, Diesseitigkeit seines Denkens<br />

beweisen“ (Karl Marx, II. These über Feuerbach) 92 . Die <strong>Philosoph</strong>ie wird „aufgehoben“, aber<br />

nur, indem sie „verwirklicht“ wird. „Es ist überhaupt keine <strong>Philosoph</strong>ie mehr, son<strong>der</strong>n eine<br />

einfache Weltanschauung (vom Verf. hervorgehoben), die sich nicht in einer aparten Wissenschaftswissenschaft,<br />

son<strong>der</strong>n in den wirklichen Wissenschaften zu bewähren und zu betätigen<br />

hat. Die <strong>Philosoph</strong>ie ist hier <strong>als</strong>o ‚aufgehoben‘, das heißt ‚sowohl überwunden <strong>als</strong> aufbewahrt‘;<br />

überwunden, ihrer Form, aufbewahrt, ihrem wirklichen Inhalt nach“ (Friedrich<br />

Engels, Herrn Engen Dührings Umwälzung <strong>der</strong> Wissenschaft, S. 141) 93 . „Was von <strong>der</strong> ganzen<br />

bisherigen <strong>Philosoph</strong>ie dann noch selbständig bestehen bleibt, ist die Lehre vom Denken und<br />

seinen Gesetzen – die formelle Logik und die Dialektik“ (Engels, ebenda, S. 11) 94 .<br />

[44] Man wird diese rigorose Ablehnung nur dann verstehen können, wenn man immer die<br />

Zielsetzung <strong>Lenin</strong>s und des gesamten orthodoxen 95* Marxismus <strong>als</strong> <strong>der</strong> revolutionären Weltanschauung<br />

einer Klasse, die nach <strong>der</strong> Herrschaft und damit nach <strong>der</strong> Umwälzung alles Bestehenden<br />

drängt, vor Augen hat. Alles ist dann dem politischen Handeln unterstellt. Für diesen<br />

Menschenschlag (vielleicht gibt es einen „bolschewistischen Typ“, wie Trotzki einmal in<br />

seiner Autobiographie andeutet) muß die jetzige <strong>Philosoph</strong>ie eine hohle Theorie, müssen ihre<br />

rein theoretischen kontemplativen Probleme das Reservat von Menschen sein, <strong>der</strong>en soziale<br />

Stellung die Beschäftigung mit solchen „müßigen“ Problemen gestattet. Sicherlich spricht aus<br />

dieser Geisteshaltung ein ähnliches Wissen um die quälende Hilflosigkeit und Ausweglosig-<br />

91 Hat doch vom orthodox-marxistischen Standpunkt aus „die <strong>Philosoph</strong>ie kein Anrecht auf eine beson<strong>der</strong>e,<br />

selbständige Existenz, und ihr Material verteilt sich auf die verschiedenen Zweige <strong>der</strong> positiven Wissenschaft“<br />

(<strong>Lenin</strong>, Der ökonomische Inhalt des „Narodnikitums“ und seine Kritik im Buche des Herrn Struve. „Über den<br />

historischen Materialismus“, S. 94). – Das Zitat lautet korrekt: „hat die <strong>Philosoph</strong>ie keinerlei Recht auf eine<br />

geson<strong>der</strong>te, selbständige Existenz, und ihr Material verteilt sich auf die verschiedenen Zweige <strong>der</strong> positiven<br />

Wissenschaft“. <strong>Lenin</strong>: Werke, Band 1, S. 433.<br />

92 Marx/Engels: Werke, Band 3, S. 5.<br />

93 Marx/Engels: Werke, Band 20, S. 129.<br />

94 Ebenda, S. 24.<br />

95* Würde von den Marxisten unter „Orthodoxie“ <strong>der</strong> Glaube an einmal festgesetzte Dogmen verstanden, so<br />

bestände darin allein schon ein Verstoß gegen die Prinzipien <strong>der</strong> von ihnen inaugurierten Dialektik. Es sei deshalb<br />

eine Stelle aus dem Werke „Geschichte und Klassenbewußtsein“ von Georg Lukács angeführt, aus <strong>der</strong> hervorgeht,<br />

was man unter ‚.orthodoxem“ Marxismus zu verstehen hat. „Orthodoxer Marxismus bedeutet ... nicht ein<br />

kritikloses Anerkennen <strong>der</strong> Resultate von Marx’ Forschung, bedeutet nicht einen ‚Glauben‘ an diese o<strong>der</strong> jene<br />

These, nicht die Auslegung eines ‚heiligen‘ Buches. Orthodoxie in Fragen des Marxismus bezieht sich vielmehr<br />

ausschließlich auf die Methode. Sie ist die wissenschaftliche Überzeugung, daß im dialektischen Materialismus<br />

die richtige Forschungsmethode gefunden wurde, daß diese Methode nur im Sinne ihrer Begrün<strong>der</strong> ausgebaut,<br />

weitergeführt und vertieft werden kann. Daß aber alle Versuche, sie zu überwinden o<strong>der</strong> zu ‚verbessern‘ nur zur<br />

Verflachung, zur Trivialität, zum Eklektizismus geführt haben und dazu führen mußten.“ [S. 13] Luchterhand<br />

Literaturverlag Darmstadt 1988, 10. Auflage, S. 53/59.

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