[1] Lenin als Philosoph Inaugural-Dissertation Genehmigt Von der ...
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OCR-Texterkennung Max Stirner Archiv Leipzig – 28<br />
Bewußtseins. werden unsere wissenschaftlichen Theorien, welche die Wirklichkeit wie<strong>der</strong>geben,<br />
immer richtiger, d. h. die Identität von Denken und Sein nimmt immer mehr zu. Da<br />
nicht das Denken das Sein, son<strong>der</strong>n das Sein das Bewußtsein bestimmt, wie Marx einmal<br />
knapp und klar formulierte, so ist <strong>der</strong> immer weiter fortschreitende Denkprozeß <strong>als</strong> eine Angleichung<br />
des Bewußtseins an das Sein zu verstehen. Man kann dies folgen<strong>der</strong>maßen ausdrücken:<br />
Bei gleichbleiben<strong>der</strong> Existenz <strong>der</strong> einen objektiven Wirklichkeit sind <strong>der</strong>en Wi<strong>der</strong>spiegelungen<br />
in den dieser Wirklichkeit gegenüberstehenden Subjekten, <strong>als</strong>o unsere „Erkenntnisse“,<br />
historisch bedingt, d. h. dem Prozeß <strong>der</strong> menschlichen Denk- und Bewußtseinsentwicklung<br />
unterworfen. „Vom Standpunkt des mo<strong>der</strong>nen Materialismus, d. h. des<br />
Marxismus, sind nur die Grenzen <strong>der</strong> Annäherung unserer Erkenntnisse an die objektive, absolute<br />
Wahrheit geschichtlich bedingt, die Existenz dieser Wahrheit selbst aber ist unbedingt‚<br />
unbedingt ist, daß wir uns ihr nähern. Geschichtlich bedingt sind die Konturen eines Bildes,<br />
aber unbedingt ist, daß dieses Bild ein objektiv existierendes Modell wie<strong>der</strong>gibt. Geschichtlich<br />
bedingt ist, zu welcher Zeit und unter welchen Umständen wir in unserer Erkenntnis des Wesens<br />
<strong>der</strong> Dinge bis zu <strong>der</strong> Entdeckung des Alizarins im Kohlenteer kamen o<strong>der</strong> bis zu <strong>der</strong><br />
Entdeckung <strong>der</strong> Elektronen im Atom, aber unbedingt ist, daß jede solche Entdeckung ein<br />
Vorwärtsschreiten <strong>der</strong> ‚unbedingt objektiven Erkenntnis‘ ist. Kurz gesagt, geschichtlich bedingt<br />
ist jede Ideologie. aber unbedingt ist, daß je<strong>der</strong> wissenschaftlichen Ideologie (im Unterschied<br />
z. B. zur religiösen Ideologie) eine objektive Wahrheit entspricht, eine absolute<br />
Natur“ (<strong>Lenin</strong>, M. u. E., S. 124) 58 .<br />
So wird z. B. auch die Tatsache, daß für die idealistischen <strong>Philosoph</strong>en die Welt nur (wenigstens<br />
zunächst nur) Bewußtseinsinhalt ist, vom dialektischen Materialismus historisch erklärt,<br />
aus <strong>der</strong> Tradition, aus <strong>der</strong> historischen Tatsache, daß die <strong>Philosoph</strong>ie jahrhun<strong>der</strong>te-, ja jahrtausende-[34]lang<br />
ancilla theologiae [<strong>Philosoph</strong>ie <strong>als</strong> Magd <strong>der</strong> Theologie] war. Ist doch das<br />
menschliche Denken auch gesellschaftlich bestimmt. So nennt <strong>Lenin</strong> einmal die Annahme<br />
eines unüberbrückbaren Abgrundes zwischen <strong>der</strong> Welt <strong>der</strong> Erscheinungen und <strong>der</strong> Welt an sich<br />
ein Produkt <strong>der</strong> Pfauen, das von den Professoren <strong>der</strong> <strong>Philosoph</strong>ie übernommen wurde. Und<br />
auch „[d]ie ‚Lehre‘ des Machismus, daß wir, da wir nur die Empfindungen kennen, nicht<br />
wissen können, ob irgend etwas hinter den Grenzen <strong>der</strong> Empfindungen existiert‚ ist ein alter<br />
Sophismus <strong>der</strong> idealistischen und agnostischen <strong>Philosoph</strong>ie, vorgesetzt in einer neuen Sauce“<br />
(<strong>Lenin</strong>. M. u. E., S. 106) 59 . In <strong>der</strong> Tat ist es fraglich, ob die abendländische <strong>Philosoph</strong>ie den<br />
Weg genommen hätte, den sie wirklich eingeschlagen hat, wenn diese Wissenschaft nicht auf<br />
dem Boden des Christentums, <strong>als</strong>o auf dem Boden einer ganz bestimmten, <strong>der</strong> äußeren Welt<br />
abgeneigten ethisch-religiösen Überzeugung und Werthaltung erwachsen wäre, welche die<br />
<strong>Philosoph</strong>ie vor allem zur Behandlung von solchen Problemen zwang, die im Interesse <strong>der</strong><br />
Religion und <strong>der</strong> Kirche lagen. Es gibt ja in <strong>der</strong> <strong>Philosoph</strong>ie <strong>der</strong> Patristik und Scholastik dafür<br />
Beispiele genug, und auch die mo<strong>der</strong>ne Wissenschaft darf sich durchaus nicht rühmen. <strong>der</strong>en<br />
Vorurteile schon endgültig überwunden zu haben. Aus einer ähnlichen Wurzel erklärt sich<br />
auch die Unterschiedlichkeit <strong>der</strong> Verschiedenen „nationalen <strong>Philosoph</strong>ien“. Die Tatsache des<br />
58 Das Zitat lautet korrekt: „Vom Standpunkt des mo<strong>der</strong>nen Materialismus, d. h. des Marxismus, sind die Grenzen<br />
<strong>der</strong> Annäherung unserer Kenntnisse an die objektive, absolute Wahrheit geschichtlich bedingt, unbedingt aber ist<br />
die Existenz dieser Wahrheit selbst, unbedingt ist, daß wir uns ihr nähern. Geschichtlich bedingt sind die Konturen<br />
des Bildes, unbedingt aber ist, daß dieses Bild ein objektiv existierendes Modell wie<strong>der</strong>gibt. Geschichtlich bedingt<br />
ist, wann und unter welchen Umständen wir in unserer Erkenntnis des Wesens <strong>der</strong> Dinge bis zu <strong>der</strong> Entdeckung<br />
des Alizarins im Kohlenteer o<strong>der</strong> bis zur Entdeckung <strong>der</strong> Elektronen im Atom gelangt sind, unbedingt aber ist, daß<br />
jede solche Entdeckung ein Schritt vorwärts auf dem Wege <strong>der</strong> „unbedingt objektiven Erkenntnis“ ist. Kurzum,<br />
geschichtlich bedingt ist jede Ideologie, unbedingt aber ist, daß je<strong>der</strong> wissenschaftlichen Ideologie (zum Unterschied<br />
beispielsweise von <strong>der</strong> religiösen) die objektive Wahrheit, die absolute Natur entspricht.“ <strong>Lenin</strong>: Werke,<br />
Band 14, S. 130/131.<br />
59 Ebenda, S. 114. Soße statt Sauce.