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Der Schwabentanz Volksmusik in Baden-Württemberg Zum Tode von Reinhold Fink

Ganzes Heft - Arbeitsgemeinschaft der Sing-, Tanz - Volkstanz.com

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<strong>Volksmusik</strong><br />

sicherlich die bündische Prägung, die die Volkstanzpflege <strong>in</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />

vor allem durch die Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft der<br />

S<strong>in</strong>g-, Tanz- und Spielkreise und deren langjährigen Vorsitzenden<br />

und Mentor der „außerbayuwarischen“ Volkstanzpflege nach<br />

dem Krieg, Kurt Wager, erfahren hat.<br />

Erst Mitte der 70er Jahre besann man sich der wenigen Aufzeichnungen,<br />

die vor dem 2. Weltkrieg und <strong>in</strong> den 50er-Jahren getätigt<br />

wurden. Vor allem Karl Horak, Richard H<strong>in</strong>z, Georg Brenner<br />

und Johannes Künzig s<strong>in</strong>d hier als Sammler zu nennen. Rund 300<br />

Tänze mit Melodie und Tanzbeschreibung haben sie im schwäbisch-alemannischen<br />

Raum aufgezeichnet 10 . Rund 100 da<strong>von</strong><br />

s<strong>in</strong>d Heuberger- und Schwe<strong>in</strong>auermelodien, also Zwiefache.<br />

Während es Volkstanzgruppen <strong>in</strong> großer Anzahl gab, war der Bereich<br />

der vokalen <strong>Volksmusik</strong> fast völlig bedeutungslos: In den<br />

Chören des Badischen- und Schwäbischen Sängerbundes gab und<br />

gibt es ke<strong>in</strong>e zielstrebige Förderung bzw. Pflege tradierten, e<strong>in</strong>fachen<br />

bäuerlichen oder städtischen Liedgutes. Vielleicht hat<br />

auch gerade der Aufbruch der Chorbewegung aus <strong>Württemberg</strong><br />

heraus <strong>in</strong> der Mitte des 19. Jahrhunderts dazu geführt, dass das<br />

aufstrebende Chorwesen mit den vielen Silcherschen „Kunstliedern<br />

im Volkston“ die überlieferten Lieder verdrängt hat.<br />

Auch im Bereich der Blasmusikverbände war die überlieferte Musik<br />

zur Bedeutungslosigkeit verdammt. Obwohl noch etliche der<br />

an die 2000 Blaskapellen im Land über 100 Jahre alte Notenhandschriften<br />

besitzen, gibt es kaum Orchester, die <strong>in</strong> der Lage<br />

s<strong>in</strong>d, e<strong>in</strong>en Rhe<strong>in</strong>länder oder Schottisch zu spielen. Das mag unter<br />

anderem darauf zurückzuführen se<strong>in</strong>, dass <strong>in</strong> der Ausbildung<br />

der Blasorchester-Dirigenten die traditionelle <strong>Volksmusik</strong> bedauerlicherweise<br />

bislang ke<strong>in</strong>e Rolle gespielt hat.<br />

Die gegenwärtige Situation<br />

1983 hat der Landesmusikrat <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong>, der Dachverband<br />

aller Musikverbände, e<strong>in</strong>en Arbeitskreis <strong>Volksmusik</strong> <strong>in</strong>s Leben<br />

gerufen. Dieser Arbeitskreis, dem ehrenamtliche <strong>Volksmusik</strong>forscher<br />

und -pfleger sowie die Fachreferenten der verschiedenen<br />

Verbände angehören, hat es sich zur Aufgabe gemacht, überlieferte<br />

schwäbisch-alemannische <strong>Volksmusik</strong> zu fördern, zu erforschen<br />

und dieses Kulturgut e<strong>in</strong>er breiten Öffentlichkeit zugänglich zu<br />

machen. Auf Anregung des damaligen Präsidenten des Landesmusikrates,<br />

Alfred Wehrle, setzten sich Fachleute aus den Musik- ,<br />

Trachten- und Heimatverbänden im Arbeitskreis <strong>Volksmusik</strong> zusammen,<br />

um geme<strong>in</strong>sam an dem Projekt „<strong>Volksmusik</strong>-Renaissance<br />

<strong>in</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong>“ zu arbeiten. Schnell wurde klar, dass e<strong>in</strong>e<br />

Ausbildung dr<strong>in</strong>gend <strong>von</strong>nöten war. So wurden erste <strong>Volksmusik</strong>sem<strong>in</strong>are<br />

veranstaltet, denen noch viele folgen sollten.<br />

Spielbare Literatur aus dem schwäbisch-alemannischen Raum<br />

fehlte gänzlich. Aber systematische <strong>Volksmusik</strong>forschung hatte<br />

<strong>in</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> nicht stattgefunden, wie sollte man also<br />

an überliefertes Material kommen? Ke<strong>in</strong>es der Mitglieder des Arbeitskreises<br />

hatte e<strong>in</strong>e musikwissenschaftliche oder volkskundliche<br />

Ausbildung, ausgebildete Akademiker h<strong>in</strong>gegen wenig Interesse<br />

am Thema. Trotzdem g<strong>in</strong>g man auf eigene Faust los und versuchte<br />

handschriftliche Notenbücher und H<strong>in</strong>weise auf<br />

Musiziertraditionen aufzutreiben.<br />

E<strong>in</strong>e schriftliche Umfrage, die ich bei allen baden-württembergischen<br />

Blasmusikvere<strong>in</strong>en im Dezember 1991 durchführte, förderte<br />

immerh<strong>in</strong> soviel zu Tage, dass das überlieferte Notenmaterial<br />

bisher zu e<strong>in</strong>er Praxisreihe <strong>von</strong> 7 Notenheften mit je ca. 20 Stücken<br />

<strong>in</strong> der Reihe „<strong>Volksmusik</strong> und Volkstänze aus <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong>“<br />

11 für gemischte Besetzungen reichte. Darüber h<strong>in</strong>aus<br />

wurden speziell für Volkstanzgruppen zwei Hefte mit den 40 beliebtesten<br />

schwäbisch-alemannischen Volkstänzen, <strong>von</strong> Mart<strong>in</strong><br />

Spieß für Akkordeon gesetzt, herausgegeben.<br />

E<strong>in</strong>e weitere Ausgabe ist das 10-stimmige Werk „Us em alte Notebuach“,<br />

das überlieferte Tanzbodenweisen aus Breitnau, für kle<strong>in</strong>e<br />

Blasbesetzung <strong>in</strong> authentischem Satz enthält.<br />

Zwei weitere Blasmusikeditionen, z. B. die <strong>von</strong> Karl Edelmann arrangierten<br />

Sätze „Schwäbisch-alemannische Blasmusik“ kamen<br />

dazu, sodass nun e<strong>in</strong>e ganze Reihe überlieferter Musikstücke für<br />

die praktische Arbeit vorliegt.<br />

Doch nicht nur der Landesmusikrat hat Notenhefte publiziert.<br />

Bereits e<strong>in</strong>ige Jahre vorher brachte Dieter K<strong>in</strong>zler Notenhefte für<br />

Blockflötenquartett heraus, die neben alpenländischen Melodien<br />

und solchen aus den Vertreibungsgebieten, zum Teil auch schwäbisch-alemannische<br />

Weisen enthalten.<br />

Positive Entwicklungen<br />

Da nun spielbare Literatur vorhanden war und erste vorbildliche<br />

Gesangs- und Musikgruppen wie das Stuttgarter <strong>Volksmusik</strong>trio,<br />

die Stäffelesgeiger, die <strong>Volksmusik</strong> Oberer Neckar, die Kompromißbachmusikanten,<br />

die Schwarzwälder Stubenmusik, die Eglofser<br />

Fehla u. a. auftraten und deren Musiker als Referenten Sem<strong>in</strong>are<br />

bestritten, gründeten sich auch immer mehr neue <strong>Volksmusik</strong>gruppen,<br />

z.B. Tanzmusikbesetzungen, Stubenmusiken und<br />

Gesangsgruppen. Notenpublikationen und Sem<strong>in</strong>are griffen und<br />

greifen hier <strong>in</strong>e<strong>in</strong>ander.<br />

Auch andere Verbände wurden nun auf die traditionelle Musik<br />

aufmerksam und publizierten Noten- und Tanzhefte. Zu nennen<br />

ist hier die Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft der S<strong>in</strong>g-, Tanz- und Spielkreise<br />

mit ihren Tanzblättern, zu denen erst kürzlich zwei Notenhefte<br />

16<br />

1/2009

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