Der Schwabentanz Volksmusik in Baden-Württemberg Zum Tode von Reinhold Fink
Ganzes Heft - Arbeitsgemeinschaft der Sing-, Tanz - Volkstanz.com
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Volkstanz<br />
Die drei Strophen lauten wie folgt:<br />
1. Als ich e<strong>in</strong>mal reiste, reist’ ich <strong>in</strong>’s Savoyerland, da war ich der<br />
Kle<strong>in</strong>ste <strong>in</strong> dem ganzen Land.<br />
2. Alle Herr’n und Damen standen draußen vor der Tür, wollten<br />
mich beschauen, mich armes Murmeltier.<br />
3. Murmeltierchen tanze! E<strong>in</strong>s, zwei, drei, vier! Murmeltierchen<br />
wähle, wähle, wen du willst!<br />
Bei e<strong>in</strong>igen Schwabentänzen wird noch e<strong>in</strong> Nachtanz erwähnt,<br />
der mit den Worten: „Grünes Gras, grünes Gras unter me<strong>in</strong>en Füßen“<br />
beg<strong>in</strong>nt. Siehe Romuald Pramberger. Aus welchen Gründen<br />
e<strong>in</strong>ige der österreichischen Schwabentänze diesen Nachtanz haben,<br />
andere wiederum nicht, ist nicht zu ersehen. Es gibt <strong>in</strong><br />
Deutschland weit verbreitet e<strong>in</strong>en eigenständigen K<strong>in</strong>dertanz<br />
mit dem Titel: „Grünes Gras, grünes Gras unter me<strong>in</strong>en Füßen“ 38 .<br />
Kennt man beide Tanzformen, die österreichische und die deutsche,<br />
so kann man Geme<strong>in</strong>samkeiten erkennen. In der deutschen<br />
Version gibt es für den ausgewählten Partner ke<strong>in</strong>en Rausschmiss,<br />
sondern er kehrt <strong>in</strong> den Kreis zurück und kann beim<br />
nächsten Durchgang durchaus wieder ausgewählt werden. In<br />
Deutschland wird erst beim zweiten Mal mit der oder dem Ausgewählten<br />
getanzt. Dann setzt der oder die Auserwählte den Tanz<br />
aufs Neue fort. Getanzt wird solange, wie es den Mitmachenden<br />
beliebt.<br />
Es ist unsicher, ab welcher Zeit der <strong>Schwabentanz</strong> <strong>in</strong> Deutschland<br />
tatsächlich abgegangen ist, da Hans <strong>von</strong> der Au noch <strong>in</strong> den 30er<br />
Jahren des Zwanzigsten Jahrhunderts <strong>in</strong> der Pfalz H<strong>in</strong>weise auf<br />
e<strong>in</strong>en <strong>Schwabentanz</strong> fand.<br />
Bleibt abzuwarten, ob nicht noch e<strong>in</strong>es Tages e<strong>in</strong> Fund <strong>in</strong> Beziehung<br />
zum <strong>Schwabentanz</strong> auftaucht.<br />
Zusammenfassung:<br />
Anhand der zum <strong>Schwabentanz</strong> gefundenen Quellen, ist deutlich<br />
zu erkennen, dass der Tanz <strong>in</strong> Österreich viel länger und breitflächiger<br />
erhalten blieb, als <strong>in</strong> Deutschland. Von den 23 aufgelisteten<br />
Schwabentänzen im Jahrbuch des Österreichischen Volksliedwerkes<br />
39 , Band V, bezieht sich nur e<strong>in</strong> Punkt auf Deutschland,<br />
nämlich der <strong>von</strong> Hans <strong>von</strong> der Au angeführte <strong>Schwabentanz</strong> als<br />
K<strong>in</strong>dertanz.<br />
Wie schon weiter oben beschrieben, hat Hermann <strong>Der</strong>schmidt<br />
ke<strong>in</strong>e Verb<strong>in</strong>dung nach Deutschland <strong>in</strong> Zusammenhang mit se<strong>in</strong>en<br />
aufgezeichneten Schwabentänzen gefunden.<br />
Leider haben die bei Helga Thiel 40 aufgeführten Schwabentänze<br />
ke<strong>in</strong>e Verb<strong>in</strong>dung zum heutigen Deutschland ergeben.<br />
Die e<strong>in</strong>zige präzise Angabe über den <strong>Schwabentanz</strong> <strong>in</strong> Deutschland<br />
f<strong>in</strong>det sich <strong>in</strong> „Volksschauspiele“ <strong>von</strong> August Hartmann, die<br />
1880 veröffentlicht wurden. Wurden bei fast allen Quellen mit<br />
Ortsnamen aus Österreich auch die Tanzmusik mit aufgezeichnet,<br />
so fehlt diese leider bei Hartmann.<br />
Die Bezeichnung „Schwallatanz“ bzw. die <strong>von</strong> Herbert Lager und<br />
im Österreichischen Musiklexikon genannte „Schwellform“ des<br />
<strong>Schwabentanz</strong>es ist wohl ke<strong>in</strong> Tanzname, sondern die Bezeichnung<br />
e<strong>in</strong>er Tanzform. Liest man unbelastet den Text <strong>von</strong> August<br />
Hermann, so ist schon dort zu erkennen, dass es sich beim Wort<br />
„Schwallatanz“ um e<strong>in</strong>e Tanzform handelt, die so die Schwabentänzer<br />
tanzten.<br />
Das Durchtanzen durch das erste entstehende Tor ist eigentlich<br />
<strong>in</strong> allen österreichischen Tanzformen zu f<strong>in</strong>den. Dass ausgerechnet<br />
bei August Hartmann ‚sie unter den Armen des im Lied bezeichneten<br />
Dritten usw. h<strong>in</strong>durchtanzen’, ist etwas verwunderlich.<br />
Dieser H<strong>in</strong>weis könnte darauf h<strong>in</strong>deuten, dass nur e<strong>in</strong>e bestim -<br />
mte Anzahl <strong>von</strong> Mittanzenden vorgesehen war und diese dann<br />
schnell durch die Tore tanzen sollten.<br />
Nicht ganz klar ist, ob früher beim <strong>Schwabentanz</strong> alle Anwesenden<br />
mittanzen konnten. Wurde der Tanz hauptsächlich zu den<br />
Zeiten getanzt, <strong>in</strong> denen Heischebräuche noch zugelassen waren,<br />
war die Anzahl der am Tanz teilnehmenden Schwabentänzer<br />
sicher begrenzt.<br />
Die immer wieder mit dem <strong>Schwabentanz</strong> <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung gebrachten<br />
„Schwäbische Dänz“ <strong>von</strong> Johann Friedrich Dreyße, 1720, die<br />
<strong>in</strong> der Bayrischen Staatsbibliothek aufbewahrt s<strong>in</strong>d, ließen nach<br />
näherer Untersuchung ke<strong>in</strong>e Verb<strong>in</strong>dung zu den derzeit bekannten<br />
Schwabentänzen zu.<br />
Bleibt zuletzt nur festzustellen, dass es leider bis heute nicht gelungen<br />
ist, e<strong>in</strong>en kompletten <strong>Schwabentanz</strong> im Gebiet des heutigen<br />
Deutschlands zu f<strong>in</strong>den.<br />
◆<br />
Anmerkungen:<br />
1<br />
Weitnauer, Dr. Alfred, Die 7 Schwaben, Kempten, 1954, Seite 11.<br />
2<br />
Von der Au, Hans, Das Volkstanzgut im Rhe<strong>in</strong>fränkischen, Gießen 1939, Seite<br />
154.<br />
3<br />
Franck, Melchior, Musicalischer Grillenvertreiber: In welchem alle Quodlibets<br />
so biszehero vnterschiedlich <strong>in</strong> Truck auszgangen/ zusamen gebracht/ auch<br />
mit etlichen newen/ als e<strong>in</strong>em late<strong>in</strong>ischen und zweyen teutschen vermehret/,<br />
bei Forckel Coburgk, 1622. Das Orig<strong>in</strong>al liegt <strong>in</strong> der Herzog-August-Bibliothek<br />
<strong>in</strong> Wolfenbüttel.<br />
12<br />
1/2009