Von Läufern und Hunden

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LAUFPRAXIS Läufer und Hunde LAUFPRAXIS Hunde und der Läufer passen durchaus zusammen. Problematisch wird es, wenn ängstliche Läufer auf unsensible Hundehalter treffen Beim Joggen ist man selten allein. Man trifft nicht nur andere Sportler, sondern auch Spaziergänger mit und ohne freilaufende Hunde. Nicht immer spielen sich solche Begegnungen konfliktfrei ab. Denn insbesondere schlecht erzogene Vierbeiner und besonders ängstliche Menschen können sich nicht gut riechen. Dabei lässt sich der Umgang miteinander durchaus harmonischer gestalten. Voraussetzung: alle machen mit – Läufer, Herr und Hund. Wer kennt das nicht? Man hat Lust zu laufen, aber nicht viel Zeit. Ein Tempolauf wäre jetzt optimal – am besten auf der Hausstrecke, die so praktisch vor der Haustüre liegt. Vielleicht ist heute sogar ein persönlicher Streckenrekord drin, denn man fühlt sich topfit und pudelwohl. Mit solchen Gedanken spurtet man los und wird vielleicht schon in der ersten Viertelstunde ausgebremst: beim Anblick eines Bullterriers – einer Art Rambo auf vier Beinen. Dass er sein Herrchen an der Leine mitführt, ist jetzt egal, der Weg ist zu schmal für drei. Also was tun? Flucht nach hinten antreten, in der Hoffnung, auf der Stelle unsichtbar zu werden? Oder auf die Zähne beißen, Augen zu und durch? Der Ton macht die Musik In Deutschland gibt es etwa 17 Millionen Läufer und 5,3 Millionen Hunde. Das heißt, rein theoretisch begegnet man beim Joggen dreimal so oft einem Läufer wie einem Hund. In der Tat stehen sich an manchen Sonn- und Feiertagen Läufer und Hunde buchstäblich auf den Füßen herum. Und auch morgens oder in den Abendstunden kommt man sich in den begehrten Parkanlagen, an Uferwegen und in Naherholungsgebieten schon mal tierisch in die Quere. Thomas Brunner, ein Läufer vom LT-Nordkreuz, der seine Runden durch den Nordosten Berlins dreht, berichtet: „Hunde sind für uns ein Thema. Wir laufen überwiegend über Felder beziehungsweise durch Naturschutzgebiete, auch in beruhigten Wohngebieten. In der Dämmerung, wenn man schon schwerer sehen kann, ist es mit Hunden ohne Leine problematisch: man sieht sie sehr spät und erschreckt unter Umständen vor ihnen und manchmal dadurch auch die Hunde.“ Von Läufern Begegnungen zwischen Hunden und Menschen verlaufen in der Regel entspannt. Die Ausnahmen sorgen für schlechte Noten. und Hunden 76 03 / 2007 RUNNERSWORLD.DE 03 / 2007 RUNNERSWORLD.DE 77

LAUFPRAXIS Läufer <strong>und</strong> H<strong>und</strong>e<br />

LAUFPRAXIS<br />

H<strong>und</strong>e <strong>und</strong> der Läufer passen<br />

durchaus zusammen. Problematisch<br />

wird es, wenn ängstliche Läufer<br />

auf unsensible H<strong>und</strong>ehalter treffen<br />

Beim Joggen ist man selten allein. Man<br />

trifft nicht nur andere Sportler, sondern<br />

auch Spaziergänger mit <strong>und</strong> ohne freilaufende<br />

H<strong>und</strong>e. Nicht immer spielen sich solche<br />

Begegnungen konfliktfrei ab. Denn insbesondere<br />

schlecht erzogene Vierbeiner <strong>und</strong><br />

besonders ängstliche Menschen können sich<br />

nicht gut riechen. Dabei lässt sich der Umgang<br />

miteinander durchaus harmonischer gestalten.<br />

Voraussetzung: alle machen mit – Läufer, Herr<br />

<strong>und</strong> H<strong>und</strong>.<br />

Wer kennt das nicht? Man hat Lust zu laufen,<br />

aber nicht viel Zeit. Ein Tempolauf wäre<br />

jetzt optimal – am besten auf der Hausstrecke,<br />

die so praktisch vor der Haustüre liegt. Vielleicht<br />

ist heute sogar ein persönlicher<br />

Streckenrekord drin, denn man fühlt sich topfit<br />

<strong>und</strong> pudelwohl. Mit solchen Gedanken<br />

spurtet man los <strong>und</strong> wird vielleicht schon in<br />

der ersten Viertelst<strong>und</strong>e ausgebremst: beim<br />

Anblick eines Bullterriers – einer Art Rambo<br />

auf vier Beinen. Dass er sein Herrchen an der<br />

Leine mitführt, ist jetzt egal, der Weg ist zu<br />

schmal für drei. Also was tun? Flucht nach<br />

hinten antreten, in der Hoffnung, auf der Stelle<br />

unsichtbar zu werden? Oder auf die Zähne<br />

beißen, Augen zu <strong>und</strong> durch?<br />

Der Ton macht die Musik<br />

In Deutschland gibt es etwa 17 Millionen Läufer<br />

<strong>und</strong> 5,3 Millionen H<strong>und</strong>e. Das heißt, rein<br />

theoretisch begegnet man beim Joggen dreimal<br />

so oft einem Läufer wie einem H<strong>und</strong>. In der Tat<br />

stehen sich an manchen Sonn- <strong>und</strong> Feiertagen<br />

Läufer <strong>und</strong> H<strong>und</strong>e buchstäblich auf den<br />

Füßen herum. Und auch morgens oder in den<br />

Abendst<strong>und</strong>en kommt man sich in den begehrten<br />

Parkanlagen, an Uferwegen <strong>und</strong> in<br />

Naherholungsgebieten schon mal tierisch in<br />

die Quere. Thomas Brunner, ein Läufer vom<br />

LT-Nordkreuz, der seine R<strong>und</strong>en durch den<br />

Nordosten Berlins dreht, berichtet: „H<strong>und</strong>e<br />

sind für uns ein Thema. Wir laufen überwiegend<br />

über Felder beziehungsweise durch Naturschutzgebiete,<br />

auch in beruhigten Wohngebieten.<br />

In der Dämmerung, wenn man schon<br />

schwerer sehen kann, ist es mit H<strong>und</strong>en ohne<br />

Leine problematisch: man sieht sie sehr spät<br />

<strong>und</strong> erschreckt unter Umständen vor ihnen<br />

<strong>und</strong> manchmal dadurch auch die H<strong>und</strong>e.“<br />

<strong>Von</strong> <strong>Läufern</strong><br />

Begegnungen zwischen<br />

H<strong>und</strong>en <strong>und</strong> Menschen<br />

verlaufen in der Regel<br />

entspannt. Die Ausnahmen<br />

sorgen für schlechte Noten.<br />

<strong>und</strong> H<strong>und</strong>en<br />

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03 / 2007 RUNNERSWORLD.DE<br />

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LAUFPRAXIS Läufer <strong>und</strong> H<strong>und</strong>e<br />

LAUFPRAXIS<br />

Besonders konfliktträchtig sind solche Begegnungen,<br />

wenn Mensch <strong>und</strong> Tier davon<br />

überzeugt sind, auf ihrer Privatstrecke zu laufen.<br />

Bewegung an der frischen Luft soll ja das<br />

Denkvermögen fördern, <strong>und</strong> bekanntlich gibt<br />

der Klügere nach. Also empfiehlt es sich, als<br />

joggender Zweibeiner moderat aufzutreten.<br />

„Einem H<strong>und</strong>ehalter zuzubrüllen, ‚seinen<br />

Köter’ an die Leine zu nehmen, ist keine gute<br />

Idee“, sagt Clemens Saur, H<strong>und</strong>etrainer von<br />

Kyno-Logik in Freiburg <strong>und</strong> selbst Jogger.<br />

„Die Stimmung des H<strong>und</strong>ebesitzers wird<br />

durch das Temperament des Joggers beeinflusst<br />

<strong>und</strong> er wird diese aggressive Stimmung<br />

seinem H<strong>und</strong> weiter vermitteln. Dieser reagiert<br />

dann ebenfalls mit Aggressionen dem<br />

Jogger gegenüber.“<br />

Beim Anblick eines freilaufenden H<strong>und</strong>es<br />

auf der Stelle kehrt zu machen, kann andererseits<br />

auch falsch sein: „Das Weglaufen kann<br />

den H<strong>und</strong> motivieren, den Läufer zu verfolgen“,<br />

so Saur weiter. „Dies wird durch das<br />

Beutefangverhalten ausgelöst, das in den meisten<br />

Fällen in einem Nachlaufspiel endet. In<br />

Einzelfällen kommt es zur Verfolgungsjagd<br />

mit Bissverletzungen.“<br />

„Der tut nichts“ provoziert nur<br />

Ist es das, wovor Menschen, die Angst vor H<strong>und</strong>en<br />

haben, sich am meisten fürchten? Vor dem<br />

Biss? Nicht ganz zu Unrecht, wie ein Blick auf<br />

den H<strong>und</strong>ekiefer zeigt. Spitze Fangzähne,<br />

scherenartig ineinander greifende Reißzähne<br />

<strong>und</strong> eine kräftige Kaumuskulatur können bei<br />

einem Biss allerhand anrichten – vom nur<br />

leicht gespürten Zwicken bis hin zu tieferen<br />

W<strong>und</strong>en. „Typisch sind Bisse in Arm oder<br />

Schulter beim Spielen mit Tieren <strong>und</strong> in die<br />

Beine <strong>und</strong> das Gesäß bei Joggern“, erklärt Prof.<br />

Dr. Norbert Südkamp, ärztlicher Leiter der Orthopädie<br />

<strong>und</strong> Traumatologie an der Uniklinik<br />

Freiburg. „Gefahren sind vor allem die Infektion<br />

der W<strong>und</strong>e sowie eine starke Blutung.“<br />

„Man sollte sich mit einer Bissverletzung<br />

immer in chirurgische Behandlung begeben,<br />

damit die W<strong>und</strong>e angesehen <strong>und</strong> gut ausgespült<br />

werden kann.“ 30000 bis 50000 Bissverletzungen<br />

werden in Deutschland jährlich<br />

ärztlich behandelt (aus: „sicher zuhause & unterwegs“<br />

1/05),dabei sind über die Hälfte der<br />

Verletzten Kinder. Sie sind durch ihre Größe<br />

<strong>und</strong> ihr Unwissen besonders gefährdet, oftmals<br />

im Spiel mit dem Familienh<strong>und</strong>.<br />

Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> wirkt der so oft<br />

geäußerte Satz „Der tut nichts, der will nur<br />

spielen!“ auch für einen erwachsenen Läufer<br />

8 GOLDENE REGELN FÜR LÄUFER<br />

Tempo reduzieren<br />

Sobald Sie einen freilaufenden H<strong>und</strong> erblicken<br />

oder bemerken, dass er Ihnen<br />

folgt, reduzieren Sie das Tempo – je<br />

nach Situation bis hin zum Gehen; auf<br />

keinen Fall: plötzlich wenden <strong>und</strong> davonlaufen.<br />

Signal: Der H<strong>und</strong> wird nicht durch Ihr<br />

plötzliches Auftauchen überrascht;<br />

Weglaufen kann das Beutefangverhalten<br />

des H<strong>und</strong>es auslösen.<br />

H<strong>und</strong>ehalter fre<strong>und</strong>lich<br />

ansprechen<br />

Sobald Sie den Halter des freilaufenden<br />

H<strong>und</strong>es sehen, bitten Sie ihn fre<strong>und</strong>lich<br />

<strong>und</strong> mit ruhiger Stimme, seinen H<strong>und</strong><br />

anzuleinen.<br />

Signal: Da H<strong>und</strong>e sehr auf die menschliche<br />

Stimmungslage, insbesondere die<br />

des Halters, reagieren, wirken Sie mit<br />

Fre<strong>und</strong>lichkeit einem Konflikt entgegen.<br />

Blickkontakt zum H<strong>und</strong><br />

vermeiden<br />

Vermeiden Sie unbedingt, den H<strong>und</strong> direkt<br />

anzusehen. H<strong>und</strong>e fassen Blickkontakt<br />

als „Fixieren" <strong>und</strong> somit als Bedrohung<br />

auf.<br />

Signal: So zeigen Sie, dass Sie nicht an<br />

einem Konflikt interessiert sind.<br />

einfach provokativ. Die mögliche Gefahr <strong>und</strong><br />

die tatsächliche Angst werden damit verharmlost.<br />

Als betroffener Mensch möchte man<br />

dann am liebsten gleich kontern: „Aber ich<br />

will nicht spielen, angebellt oder angesprungen<br />

werden.“ Und schon nimmt eine unerfreuliche<br />

Begegnung ihren Lauf.<br />

Doch was tun, um ohne Stress oder sogar<br />

Blessuren aneinander vorbei zu kommen?<br />

Zum Beispiel die goldenen Verhaltens-Regeln<br />

beachten, die Sabine Padberg*, Tierpsychologin<br />

vom H<strong>und</strong>everhaltenszentrum Canisland<br />

<strong>und</strong> Clemens Saur, H<strong>und</strong>trainer von Kyno-Logik,<br />

der Schule für H<strong>und</strong> <strong>und</strong> Mensch, gemeinsam<br />

entwickelt haben. Erfreulich an diesen<br />

Regeln ist, dass sie sich sowohl an Läufer als<br />

Nicht abrupt stehen bleiben<br />

Jede plötzliche Veränderung weckt das<br />

Interesse des H<strong>und</strong>es <strong>und</strong> verstärkt unerwartetes<br />

oder aggressives Verhalten.<br />

Signal: Wenn Sie sich gleichförmig bewegen,<br />

werden Sie auch keine überraschenden<br />

Reaktionen beim H<strong>und</strong> auslösen.<br />

Laute, schrille Geräusche<br />

vermeiden<br />

Lautes Schreien oder Kreischen kann<br />

einen H<strong>und</strong> erschrecken.<br />

Signal: Wenn Sie sich ruhig verhalten,<br />

wirken Sie Reaktionen wie Bellen oder<br />

Hochspringen etc. entgegen.<br />

Arme nach unten hängen<br />

lassen<br />

Lassen Sie die Arme nach unten hängen,<br />

die Handflächen sind geöffnet; auf<br />

keinen Fall: die Arme hektisch nach<br />

oben reißen.<br />

Signal: So animieren Sie den H<strong>und</strong><br />

nicht zum Hochspringen oder spielen<br />

<strong>und</strong> zeigen auch, dass Sie keine<br />

Leckereien verstecken.<br />

Beim Angriff wegdrehen<br />

Springt der H<strong>und</strong> Sie an, drehen Sie sich<br />

weg <strong>und</strong> kehren ihm den Rücken zu.<br />

Signal: Wenn Sie den H<strong>und</strong> ins Leere<br />

springen lassen, verliert er das Interesse<br />

an Ihnen.<br />

Stöcke <strong>und</strong> Pfeffersprays<br />

vermeiden<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich weder mit Stöcken noch<br />

anderen Gegenständen auf den H<strong>und</strong><br />

losgehen; auch Pfeffersprays vermeiden.<br />

Signal: Sie ermutigen den H<strong>und</strong> nicht<br />

zu Beiß- <strong>und</strong> Zerrspielen; beim Pfefferspray<br />

besteht die Gefahr, durch eine<br />

Windböe von dem Spray selbst etwas in<br />

die Augen zu bekommen.<br />

Miteinander statt<br />

Konfrontation.<br />

Viele H<strong>und</strong>e lieben<br />

es, beim Training<br />

mitzulaufen.<br />

auch an H<strong>und</strong>ehalter wenden. Indem sie die<br />

jeweils spezifischen Voraussetzungen <strong>und</strong> Bedürfnisse<br />

berücksichtigen, werben sie auch um<br />

mehr Verständnis im Umgang miteinander.<br />

Der H<strong>und</strong>ehalter als Problemfall<br />

Einer der goldenen Ratschläge von Padberg<br />

<strong>und</strong> Saur an H<strong>und</strong>ehalter lautet deshalb, niemals<br />

„Der tut nichts …“ zu sagen, sondern ein-<br />

*Clemens Saur (H<strong>und</strong>etrainer, Kyno-Logik, der Schule für<br />

H<strong>und</strong> <strong>und</strong> Mensch, Freiburg, www.kyno-logik.de) hat gemeinsam<br />

mit Sabine Padberg (Tierpsychologin, H<strong>und</strong>everhaltenszentrum<br />

Canisland, Rheinmünster/ Schwarzach,<br />

www.canisland.de) die „Goldenen Regeln“ für das<br />

Verhalten von <strong>Läufern</strong> gegenüber H<strong>und</strong>en entwickelt.<br />

FOTO: CORBIS<br />

fach entspannt zu reagieren. „Eine fre<strong>und</strong>liche<br />

<strong>und</strong> ruhige Begegnung mit dem Läufer signalisiert<br />

dem H<strong>und</strong>, dass es keinen Gr<strong>und</strong> gibt, sich<br />

über diesen entgegenkommenden Menschen<br />

aufzuregen.“ Und wenn es wiederholt vorkommt,<br />

dass der H<strong>und</strong> nicht mehr abrufbar ist,<br />

raten sie dazu, kompetente Hilfe in Anspruch<br />

zu nehmen, um Halter <strong>und</strong> H<strong>und</strong> das nötige<br />

Know-how zu vermitteln. Eine Garantie gibt<br />

das Regelwerk freilich nicht. Denn jeder<br />

Mensch <strong>und</strong> jeder H<strong>und</strong> reagiert unterschiedlich<br />

auf Situationen.<br />

Manchmal kann man sich als Läufer gar<br />

nicht entscheiden, was einen mehr aufbringt,<br />

das Verhalten von Frauchen oder Herrchen<br />

oder der H<strong>und</strong> selbst. Man muss sich einfach<br />

7 GOLDENE REGELN FÜR HUNDEHALTER<br />

H<strong>und</strong> abrufen<br />

Sobald Sie einen Läufer sehen, rufen Sie<br />

Ihren H<strong>und</strong> ab <strong>und</strong> leinen ihn an.<br />

Signal: Dadurch zeigen Sie dem Läufer,<br />

dass Sie Ihren H<strong>und</strong> unter Kontrolle haben<br />

<strong>und</strong> verantwortungsbewusst handeln.<br />

Schnellstens entfernen<br />

Wenn sich Ihr H<strong>und</strong> nicht mehr abrufen<br />

lässt <strong>und</strong> direkt auf den Läufer zurennt,<br />

entfernen Sie sich in die entgegengesetzte<br />

Richtung, so schnell Sie können. Auf<br />

keinen Fall: dem H<strong>und</strong> hinterherlaufen.<br />

Signal: Damit machen Sie sich für den<br />

H<strong>und</strong> noch interessanter als der Läufer<br />

es ist; der H<strong>und</strong> wird Ihr Verschwinden<br />

bemerken <strong>und</strong> Ihnen schnellstmöglich<br />

folgen. Dem H<strong>und</strong> hinterherlaufen, motiviert<br />

ihn, den Läufer zu jagen.<br />

Ruhig reagieren<br />

Bei der Begegnung mit dem Läufer<br />

fre<strong>und</strong>lich <strong>und</strong> ruhig reagieren. Auf keinen<br />

Fall: „Der tut nichts, der will nur spielen"<br />

sagen.<br />

Signal: So erfährt Ihr H<strong>und</strong>, dass es keinen<br />

Gr<strong>und</strong> gibt, sich über diesen Menschen<br />

aufzuregen; dem Läufer zeigen<br />

Sie, dass Sie seine mögliche Angst vor<br />

H<strong>und</strong>en ernst nehmen.<br />

Tempo beibehalten<br />

Beim Passieren des Läufers weder<br />

schneller noch langsamer werden; achten<br />

Sie auch auf eine kurze aber entspannte<br />

Leine.<br />

Signal: Wenn Sie sich gleichmäßig bewegen<br />

<strong>und</strong> die Leine entspannt halten,<br />

motivieren Sie den H<strong>und</strong> nicht, den Läufer<br />

interessant zu finden; die kurze Leine<br />

verhindert den direkten Kontakt.<br />

In Gehrichtung schauen<br />

Den Läufer nur kurz grüßen, den Blick<br />

von ihm abwenden <strong>und</strong> am besten wieder<br />

in Ihre Gehrichtung schauen.<br />

Signal: So vermeiden Sie Missverständnisse<br />

mit Ihrem H<strong>und</strong>: Der Blick vom<br />

H<strong>und</strong> zum Läufer <strong>und</strong> wieder zum H<strong>und</strong>,<br />

könnte ungewollt bewirken, dass er zum<br />

Läufer rennt.<br />

Vorausschauend handeln<br />

Ein Läufer, der beim Erblicken Ihres H<strong>und</strong>es<br />

schlagartig anhält <strong>und</strong> seinen Körper<br />

versteift, hat sicher Angst. Handeln Sie<br />

vorausschauend, leinen Sie Ihren H<strong>und</strong><br />

rechtzeitig an.<br />

Signal: So beugen Sie unangenehmen<br />

Situationen vor. Ein Angst erfüllter<br />

Mensch ist zu allen möglichen Reaktionen<br />

fähig, die wiederum Ihren H<strong>und</strong> beeinflussen.<br />

Entschuldigen,<br />

Reinigung anbieten<br />

Ihr H<strong>und</strong> rennt zum Läufer, verbellt ihn oder<br />

springt ihn sogar an – bleiben Sie ruhig.<br />

Entschuldigen Sie sich <strong>und</strong> bieten Sie an,<br />

die Kosten für die Reinigung der Kleidung<br />

zu übernehmen. Auf keinen Fall: eine lautstarke<br />

Auseinandersetzung beginnen.<br />

Signal: Durch Ihr Verhalten entspannt<br />

sich die Situation <strong>und</strong> Sie beeinflussen<br />

die Reaktionen Ihres H<strong>und</strong>es für zukünftige<br />

Begegnungen positiv.<br />

auf die in polizeilichen Verordnungen oft beschriebene<br />

„Einwirkungsmöglichkeit des H<strong>und</strong>eführers“<br />

verlassen <strong>und</strong> darauf hoffen, dass<br />

der H<strong>und</strong> gut erzogen ist. Prof. Dr. Hansjoachim<br />

Hackbarth, Leiter des Tierschutzzentrums<br />

in Hannover schreibt: „Als regelmäßiger<br />

Läufer kann ich nur berichten, dass 99 Prozent<br />

aller H<strong>und</strong>e kein Problem darstellen, <strong>und</strong> dass<br />

ein Prozent dadurch bedingt ist, dass diese<br />

H<strong>und</strong>ehalter sich an keine Regeln halten. Helfen<br />

würde ein Sachk<strong>und</strong>enachweis <strong>und</strong> eine<br />

Begleith<strong>und</strong>eprüfung, aber diese Menschen<br />

glauben, dass sie sowieso alles wissen, oder – als<br />

Vertreter antiautoritärer Erziehung – dass man<br />

einem H<strong>und</strong> auch keine Erziehung beibringen<br />

sollte.“ Diese Fälle sind zum Glück die Ausnahme.<br />

„Respektvoll <strong>und</strong> oft harmonisch“, bezeichnen<br />

die Läuferinnen <strong>und</strong> Läufer vom LT-<br />

Nordkreuz ihre tierischen Begegnungen: „Die<br />

Halter halten ihre H<strong>und</strong>e kurzzeitig fest – ein<br />

fre<strong>und</strong>liches ‚Dankeschön’ ist dann selbstverständlich.<br />

Andere Fälle sind schon vorgekommen,<br />

aber selten.“<br />

Zurück zum Engpass mit dem entgegenkommenden<br />

Bullterrier. Wenn man noch<br />

nicht bemerkt wurde, wird man automatisch<br />

abdrehen <strong>und</strong> einen Umweg laufen. „Ansonsten“,<br />

empfiehlt Dr. Dorit Feddersen-Petersen,<br />

Fachtierärztin an der Universität Kiel,<br />

„sollten Sie wie gewohnt weiterlaufen <strong>und</strong> so<br />

tun, als ob der H<strong>und</strong> nicht vorhanden wäre.“<br />

Am besten sollte man demonstrativ mit<br />

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LAUFPRAXIS Läufer <strong>und</strong> H<strong>und</strong>e<br />

sich selbst beschäftigt sein <strong>und</strong> dem H<strong>und</strong> so<br />

vermitteln, dass er uninteressant ist. Aufgr<strong>und</strong><br />

seines hoch entwickelten Geruchssinns kann<br />

er feinste Duftreize wahrnehmen <strong>und</strong> zwischen<br />

Schweiß <strong>und</strong> Angstschweiß unterscheiden.<br />

Unabsichtliche Signale lassen sich unter<br />

Umständen überspielen, zum Beispiel indem<br />

man sich mit der Pulsuhr beschäftigt. „Da der<br />

H<strong>und</strong> ganzheitlich decodiert, also auch die<br />

optischen Zeichen in die Kommunikation<br />

einbezieht, würde ich das Überspielen immer<br />

anbringen. So kann man dem Angstgeruch Sicherheit<br />

entgegensetzen <strong>und</strong> das Gesamtbild<br />

‚neutralisieren’.“<br />

Dr. Feddersen-Petersen erklärt weiter:<br />

„Wenn der H<strong>und</strong> Sie anbellt oder anspringt,<br />

rufen Sie ihm mit fester Stimme ein lautes,<br />

scharfes ‚Sitz!’, ‚Platz!’ oder ‚Aus!’ zu <strong>und</strong> zeigen<br />

dabei mit der Hand nach unten oder vom<br />

Körper weg.“ Einen fremden H<strong>und</strong> ansprechen,<br />

sollte man aber möglichst nur, wenn der<br />

H<strong>und</strong>ehalter anwesend ist, um die Situation<br />

nicht eskalieren zu lassen. Und selbst dann<br />

riecht es vielleicht nach Ärger.<br />

Ob ein genereller Leinenzwang die Situation<br />

entspannen würde? Fälschlicherweise<br />

glauben viele Menschen, in der Stadt herrsche<br />

grunsätzlich Leinenzwang. In der Tat regeln<br />

die jeweiligen polizeilichen Verordnungen<br />

die Tierhaltung genau – wie auch immer<br />

dies dann in der Praxis aussehen mag. Thomas<br />

Brunner vom LT-Nordkreuz berichtet: „Unsere<br />

Erfahrung: H<strong>und</strong>e ohne Leine sind kein<br />

Problem. Die hören auf ‚Sitz!’ oder ignorieren<br />

uns von allein. Angeleinte Tiere sind ‚giftig’<br />

<strong>und</strong> man weiß: ein Bogen mit Abstand ist richtig<br />

<strong>und</strong> wichtig.“<br />

In der Stadt Freiburg zum Beispiel dürfen<br />

H<strong>und</strong>e in der Fußgängerzone der Innenstadt,<br />

an den Uferwegen entlang der Dreisam <strong>und</strong><br />

in öffentlichen Anlagen nur an der Leine laufen.<br />

<strong>Von</strong> den r<strong>und</strong> 3700 in Freiburg gemeldeten<br />

H<strong>und</strong>en werden laut Presse- <strong>und</strong> Öffentlichkeitsreferat<br />

weniger als ein Prozent als<br />

„gefährlicher H<strong>und</strong>“ eingestuft. Diese H<strong>und</strong>e<br />

müssen ohnehin immer an der Leine gehen,<br />

<strong>und</strong> sofern sie die Verhaltensprüfung nach der<br />

Kampfh<strong>und</strong>everordnung nicht erfolgreich ablegen,<br />

einen Maulkorb tragen. „H<strong>und</strong>eangriffe,<br />

die dramatischer sind, bei denen sich also<br />

angegriffene Person <strong>und</strong> H<strong>und</strong>ehalter nicht<br />

sofort einigen, landen bei uns beim Amt für öffentliche<br />

Ordnung. Das sind r<strong>und</strong> zwanzig<br />

pro Jahr.“, so Edith Lamersdorf, Leiterin des<br />

Presse- <strong>und</strong> Öffentlichkeitsreferats der Stadt<br />

Freiburg. Tatsächlich gibt es b<strong>und</strong>esweit keine<br />

gemeinsame Regelungen <strong>und</strong> auch keine Statistik<br />

über Angriffe oder Bisse von H<strong>und</strong>en.<br />

Aber was helfen schon Statistiken oder Hochrechnungen<br />

angesichts eines Bullterriers?<br />

Nur Aufklärung hilft. „Um Sicherheit für<br />

Jogger, Fahrradfahrer <strong>und</strong> Wanderer zu erlangen,<br />

bedarf es an Wissen über den H<strong>und</strong><br />

selbs.“, sagt die Tierpsychologin Sabine Padberg.<br />

Im H<strong>und</strong>everhaltenszentrum Canisland<br />

in Rheinmünster/Schwarzach werden daher<br />

Seminare angeboten, die das gegenseitige Verständnis<br />

fördern <strong>und</strong> Aufklärungsarbeit leisten<br />

– auch dazu, wie sich H<strong>und</strong>ebesitzer richtig<br />

verhalten müssen.<br />

Dabei lässt sich manches Missverständnis<br />

aufklären. „Wenn ein Läufer oder Radfahrer<br />

nun weiß <strong>und</strong> selbst hat erfahren können, dass<br />

ein H<strong>und</strong> dann seinem Menschen hinterher<br />

läuft, wenn dieser sich in die entgegengesetzte<br />

Richtung entfernt, dann wird sich die Situation<br />

nicht allzusehr zuspitzen.“, so Padberg.<br />

Früher dachte man als Läufer nur:<br />

„Mensch, dem ist ja alles egal. Der läuft einfach<br />

weg!“ Das also war des Pudels Kern: Wissen<br />

<strong>und</strong> Rücksichtnahme von beiden Seiten.<br />

Weder das Gassi gehen noch der Trainingsplan<br />

sollten zu verbissen verfolgt werden. Der<br />

H<strong>und</strong> muss ja nicht gleich des Läufers bester<br />

Fre<strong>und</strong> werden – oder umgekehrt. Aber vielleicht<br />

ist es für Läufer auch nicht wirklich<br />

schlimm, zwischendurch kürzer zu treten<br />

oder die Trainings-Einheit gar zu unterbrechen,<br />

wenn die Situation es erfordert. Und<br />

wenn mal wieder ein Bullterrier auftaucht?<br />

Einfach daran denken, dass man Wettkämpfe<br />

besser mit Artgenossen bestreitet.<br />

Ursula Thomas-Stein<br />

Huskies<br />

sind gute<br />

Läufer.<br />

8 TIPPS ZUM LAUFEN MIT HUNDEN<br />

1<br />

Nicht jeder H<strong>und</strong> ist ein<br />

Dauerläufer. Jagdh<strong>und</strong>e,<br />

diverse Setterarten, Golden <strong>und</strong><br />

Labrador Retriever oder Jack Russel<br />

eignen sich in der Regel sehr gut.<br />

Auch die meisten Dienst- <strong>und</strong> Gebrauchsh<strong>und</strong>erassen<br />

sind gute Läufer<br />

(z. B. Hovawart, Deutscher Schäferh<strong>und</strong>,<br />

Riesenschnauzer <strong>und</strong><br />

Huskies), die können gar nicht genug<br />

Auslauf bekommen. Mischlinge der<br />

genannten Rassen eignen sich meist<br />

ebenfalls hervorragend. Daneben<br />

gibt es Rassen, die sich aufgr<strong>und</strong> ihres<br />

schweren Gewichtes oder ihrer<br />

gemütlichen Art weniger eignen<br />

(Deutsche Dogge, Bernhardiner).<br />

Fragen Sie Ihren Tierarzt, was Sie<br />

Ihrem H<strong>und</strong> zumuten können.<br />

Um Ihnen <strong>und</strong> anderen<br />

2<br />

Menschen Ärger zu ersparen,<br />

ist es sinnvoll, einen H<strong>und</strong> als<br />

Welpen zu erwerben. So können Sie<br />

für eine gute Erziehung sorgen. Gehen<br />

Sie mit ihm in eine H<strong>und</strong>eschule.<br />

Dort lernt er den Umgang mit Menschen<br />

<strong>und</strong> anderen H<strong>und</strong>en.<br />

Wichtig für stressfreie<br />

3<br />

Laufr<strong>und</strong>en: Den Jagdinstinkt<br />

Ihres H<strong>und</strong>es sollten Sie unter<br />

Kontrolle haben (auch bei Hasen,<br />

Eichhörnchen, anderen Kleintieren).<br />

Der H<strong>und</strong> muss so erzogen<br />

4<br />

sein, dass er Radfahrern,<br />

Fußgängern <strong>und</strong> anderen Passanten<br />

sowie Fahrzeugen selbstständig<br />

ausweicht.<br />

Falls Sie Ihren H<strong>und</strong> nicht<br />

5<br />

anleinen, muss er auf jeden<br />

Fall den Umgang mit Kleinkindern<br />

gewohnt sein.<br />

Das größte Problem beim<br />

6<br />

Laufen mit H<strong>und</strong>en sind<br />

die anderen H<strong>und</strong>e. Ein Vierbeiner<br />

muss sich daher unbedingt „sozial<br />

verhalten". Er darf nicht aggressiv<br />

auf andere H<strong>und</strong>e reagieren <strong>und</strong><br />

sollte sich unterwerfen, falls ein<br />

fremder H<strong>und</strong> aggressiv ist. Wenn<br />

ein aggressiver H<strong>und</strong> Ihren H<strong>und</strong> unangeleint<br />

angreift, lassen Sie unbedingt<br />

Ihren H<strong>und</strong> von der Leine, weil<br />

Sie sich sonst in Gefahr bringen.<br />

Das Laufen ohne Leine will<br />

7<br />

geübt sein: Üben Sie es in<br />

der H<strong>und</strong>eschule oder in Ihrem Garten<br />

oder in einer menschen- <strong>und</strong><br />

h<strong>und</strong>eleeren Gegend.<br />

Füttern Sie keine große<br />

8<br />

Mengen vor einem langen<br />

Lauf, denn das vertragen H<strong>und</strong>e genauso<br />

wenig wie Menschen. Sorgen<br />

Sie dafür, dass er unterwegs trinken<br />

kann, wenn Sie im Sommer einen<br />

längeren Lauf mit ihm machen.<br />

ina<br />

Infos zu H<strong>und</strong>erassen: www.h<strong>und</strong>e.yellopet.de<br />

FOTO: CORBIS

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