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Komplette Ausgabe

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Gestern noch waren Dinge und Tätigkeiten ganz selbstverständlich, die heute nur mehr<br />

von wenigen gekannt und gekonnt und die morgen bereits vergessen sein werden.<br />

Wir nehmen uns dieser einfachen Tätigkeiten, Werkzeuge und Arbeiten an und schreiben<br />

hier kleine Geschichten über das, was gestern noch war.<br />

Winterzeit.<br />

Die gute Stube<br />

Stauden hacken<br />

(Das Zerkleinern der Äste)<br />

(Das Zerkleinern der Äste)<br />

Viel zu schnell zogen die warmen Monate des Jahres vorüber, und wenn es<br />

langsam feucht, nebelig und kalt wurde, wirkten sich die Bescheidenheit, in der man<br />

lebte, und die Armut ganz besonders aus. Frau Christine Assigal, geb. 1920,<br />

erzählt uns, wie ihr Leben in der Kindheit aussah und wie stark gewisse Erinnerungen<br />

ihr Leben beeinflussten.<br />

Während in der heutigen Zeit das Brennholz mit modernstem<br />

technischem Aufwand aus dem Wald geholt und zu Hackschnitzel,<br />

Pellets und Co. verarbeitet wird, wurde noch vor<br />

wenigen Jahren das Holz für den Winter in mühevoller Arbeit<br />

gerichtet. Nichts blieb im Wald zurück, wurden doch gerade<br />

Zweige und Äste für das Ein- und Anheizen gebraucht. Das<br />

Verarbeiten der Äste (die Stauden) war eine zeitaufwändige<br />

und anstrengende Arbeit. Mit dem Anhänger wurden diese nach<br />

Hause gebracht und zum „Staudenhaufen“ aufgeschichtet.<br />

Dann ging es ans „Ausschnoarten“. Ast für Ast und Zweig für<br />

Zweig wurden vom kleinen Geäst befreit, sodass nur noch die<br />

„Briegl“ (der Aststock) übrig blieben. Das abgeholzte Blattund<br />

Nadelwerk wurde entweder auch zerhackt oder beim<br />

Osterfeuer im nächsten Frühjahr verbrannt.<br />

Dann ging es ans Stauden hacken. Meist war dafür ein Holzstamm<br />

auf zwei Schragen fixiert, sodass mehrere Leute nebeneinander<br />

die Stauden zerkleinern konnten. Verwendet<br />

wurde dafür entweder der „Hockbartl“ (Hackscheid) oder ein<br />

„Handhackl“ (Handhacke). Tagelang wurde ein Ast nach dem<br />

anderen zerkleinert, und wer diese Arbeit einmal machte,<br />

weiß wie anstrengend das Hacken für die Unterarme war. Mit<br />

Kraxen oder mit der „Radltruchn“ (Schiebetruhe) wurden die<br />

Stauden dann in die Holzhütte gebracht, in der es meist einen<br />

abgegrenzten Bereich gab, wo man diese aufschüttete. Dort<br />

konnten sie nachtrocknen und wurden bei Bedarf geholt. War<br />

der Staudenhaufen zu groß, so wurde der Rest auf Pfosten<br />

oder Brettern aufgeschüttet, damit sie Luft bekamen, und über<br />

den Winter zugedeckt.<br />

Die Stauden brauchte man zum Einheizen des Herdes ebenso<br />

wie für das Anfeuern des Öferls (kleiner Ofen, mit dem meist<br />

ein Stüberl beheizt wurde) oder für den Backofen. Doch nicht<br />

nur die Stauden fanden dafür Verwendung. Oftmals war es so,<br />

dass man im Herbst, wenn Fichten und Tannen ihre Zapfen<br />

abwarfen, zum „Hodla klauben“ ging. Dabei wurden die Zapfen<br />

ebenfalls gesammelt und in Säcken oder Körben für das<br />

Anheizen nach Hause gebracht. Auch das „Keaholz“ (Kienholz)<br />

war für diese Zwecke sehr begehrt. Entdeckte man bei der<br />

Holzschlägerung einen besonders harzhaltigen Erzstamm, so<br />

wurde dieser gespalten und von den Scheitern kleine Späne –<br />

die Kienspäne – abgehackt. Anno dazumal dienten diese Späne<br />

auch als Lichtquelle.<br />

Die gehackten Stauden wurden aber nicht nur im Winter gebraucht,<br />

sondern dienten auch in der warmen Jahreszeit als<br />

Heizmaterial. Dank ihnen erhielt man schnell ein Feuer, konnte<br />

das Essen zubereiten und danach war es auch rasch wieder<br />

aus. Wie bei so vielen Dingen nutzte man die vorhandenen<br />

Ressourcen der Natur in vollem Umfang. Nichts wurde verschwendet,<br />

alles wurde gebraucht. Die Wälder blieben sauber<br />

und die Stauden sorgten dafür, dass man mit dem wertvollen<br />

Scheiterholz sparsamer umgehen konnte.

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