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September 2015.pdf

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09/15<br />

Klosterbrief<br />

Cella Sankt Benedikt, Voßstr. 36, 30161 Hannover<br />

Foto: http://pixabay.com/


Inhalt<br />

Einladung…………………………….…...4<br />

Gottesdienste……………………………..8<br />

Veranstaltungen…………………………12<br />

Leitartikel……...………………….…...…16<br />

aus dem Kloster………………….………22<br />

Klöster Orte…..………………….……….28<br />

Mensch? Mensch!.………………….…...34<br />

Fundstücke………………………………..38<br />

Weisheit……………………………….…..42<br />

Impressum………………….………….....44<br />

2


„Ein Körper, der ruhig und entspannt ist, zieht den<br />

geistigen Frieden an.“<br />

Paramahansa Yogananda<br />

3<br />

Foto: http://pixabay.com/ - 34914


Einladung<br />

4<br />

Foto: www.pixabay.com


Liebe Freunde!<br />

Der griechische Naturphilosoph Heraklit hat den berühmten<br />

Satz formuliert: Panta rhei, was man so übersetzen<br />

kann: Alles fließt. Die Naturphilosophen haben<br />

ihre Philosophie vor allem aus der Beobachtung der<br />

Natur heraus entwickelt - was auch deren Namen begründet.<br />

Sie haben Landschaften, Flüsse, die damaligen<br />

Grundelemente beobachtet und ihre Schlüsse gezogen.<br />

Viele ihrer Schriften sind verloren gegangen, wir kennen<br />

nur noch Sentenzen, Zitate und Aphorismen.<br />

Für Heraklit war alles im Fluss, alles bewegt sich, nichts<br />

hat wirklich Bestand. So sagte er auch, dass wir nicht<br />

zweimal in den gleichen Fluss steigen können.<br />

5


Der Fluss verändert sich, er ist von einer Sekunde auf<br />

die andere bereits ein ganz anderer, weil das Wasser,<br />

in welcher Geschwindigkeit auch immer, weiter fließt,<br />

bis es ins Meer hineinströmt und sich mit dem dortigen<br />

Wasser verbindet, und auch dieses verändert sich wieder,<br />

verdunstet, bewegt sich, hat Strömungen. Alles ist<br />

in Bewegung und alles verändert sich fortlaufend, auch<br />

wenn wir es nicht mit unseren Augen sofort erkennen.<br />

Das Leben ist Veränderung - es braucht Veränderung<br />

und es ist ein Zeichen von Leben, wenn sich etwas verändert<br />

- vor allem, wenn man beginnt die Veränderung<br />

zu gestalten.<br />

Man kann weiter folgern, dass es gilt, dem Fluss des<br />

Lebens zu folgen, selber fließender zu werden und damit<br />

wendiger oder moderner formuliert: flexibler. Es gilt<br />

also, sich nicht dem Fluss zu widersetzen, sondern sich<br />

mitnehmen, sich treiben zu lassen.<br />

Es gilt, sich selber zu verändern, sich selber als Fluss zu<br />

verstehen.<br />

6


Gleich schon bin ich ein anderer, als ich eben war.<br />

Nicht nur die Zellen erneuern sich ständig neu, auch alles<br />

andere ist nicht statisch.<br />

Und wenn wir Dir morgen begegnen, dann bist du<br />

schon ein anderer als heute, hast neue Erfahrungen<br />

und womöglich Erkenntnisse gesammelt, Neues gesehen,<br />

gehört und erlebt, bist älter geworden und hast<br />

neue Menschen kennen gelernt.<br />

Nun, dass wir dieses Thema für den Einladungstext gewählt<br />

haben, ist natürlich kein Zufall. Die Cella verändert<br />

sich und hat sich verändert. Auch das, was Du hier<br />

liest, wird sich bald verändern. Davon möchten wir hier<br />

ein wenig berichten. Ein wenig? Ja, denn noch ist nicht<br />

klar, wohin genau unser Fluss fließen wird .- aber es<br />

wird klarer werden und er wird fließen.<br />

Jetzt erst mal wünschen wir Dir viel Freude beim Lesen<br />

und einen guten und gesegnetes Start in die Nach-<br />

Urlaubsphase.<br />

Die Brüder der Cella<br />

7


Gottesdienste<br />

Foto: Roman Weiss<br />

8


Gottesdienstzeiten<br />

Sonntag<br />

08:00 Uhr Laudes<br />

12:30 Uhr Mittagsgebet<br />

18:00 Uhr Vesper<br />

Dienstag<br />

07:00 Uhr Laudes<br />

12:30 Uhr Mittagsgebet<br />

18:00 Uhr Vesper und<br />

Eucharistiefeier<br />

19:30 Uhr Stille Meditation<br />

Donnerstag<br />

07:00 Uhr Laudes<br />

12:30 Uhr Mittagsgebet<br />

18:00 Uhr Vesper und<br />

Eucharistiefeier<br />

Freitag<br />

07:00 Uhr Laudes<br />

12:30 Uhr Mittagsgebet<br />

18:00 Uhr Vesper<br />

Mittwoch<br />

07:00 Uhr Laudes<br />

12:30 Uhr Mittagsgebet<br />

18:00 Uhr Vesper<br />

Samstag<br />

07:30 Uhr Laudes<br />

12:30 Uhr Mittagsgebet<br />

18:00 Uhr Vesper<br />

9


Eucharistiefeiern an den Sonntagen<br />

Abweichung vom Wochenrhythmus<br />

6.9.2015<br />

18.00 Uhr Eucharistiefeier<br />

(als Ite-missa-est-Gottesdienst)<br />

mit<br />

mit Junko Miki, Traversflöte<br />

und Eva Endel, Barockoboe<br />

13.9.2015<br />

18.00 Uhr Eucharistiefeier<br />

20.9.2015<br />

08.00 Uhr Eucharistiefeier<br />

(zusammen mit den Laudes)<br />

27.9.2015<br />

08.00 Uhr Eucharistiefeier<br />

(zusammen mit den Laudes)<br />

Foto: Roman Weiss<br />

10


„Soviel in dir Liebe wächst, soviel wächst die Schönheit<br />

in dir. Denn die Liebe ist die Schönheit der Seele. “<br />

Augustinus<br />

11<br />

Foto: http://pixabay.com/


Veranstaltungen<br />

12<br />

Foto: www.pixabay.com


4. <strong>September</strong> 2015<br />

19.30 Uhr - Hauskirche<br />

Vivo!<br />

Credo!<br />

Spero!<br />

Lieder von Brahms, Strauss, Telemann u.a. begleitet von<br />

Texten aus dem Judentum, dem Christentum und dem<br />

Islam<br />

Athanasia Zöhrer, Sopran<br />

Corinna Große, Alt<br />

Götz Phillip Körner, Tenor<br />

Stefan Adam, Bariton<br />

Siegmund Weinmeister, Klavier<br />

Eintritt: 20 Euro<br />

Vorverkauf nach den Gottesdiensten oder via Email.<br />

Der Erlös geht an die Niedergerkenstiftung zur medizinischen<br />

Versorgung Obdachloser in Hannover.<br />

13<br />

Foto: www.pixabay.com


Klostergespräch<br />

"Ein neues Kapitel aufschlagen - eine kirchliche Agenda<br />

für das frühe 21. Jahrhundert"<br />

23. <strong>September</strong> 2015<br />

18.45 Uhr<br />

mit<br />

Dr. Christian Hennecke<br />

Eintritt: frei<br />

Foto: Roman Weiss<br />

14


„Glauben heißt: Die Abhängigkeit von Gott als Glück<br />

erfahren.“<br />

Dag Hammarskjöld<br />

15<br />

Foto: http://pixabay.com/ - Timbo84


Monatsthema:<br />

Ich bete für Dich!<br />

16<br />

Foto: www.pixabay.com


Sieben Werke der Barmherzigkeit<br />

Bis zum Monat <strong>September</strong> (ausgenommen ist der August)<br />

möchten wir gerne die sieben Werke der Barmherzigkeit<br />

als Monatsthema meditieren. In einer neuen<br />

und aktualisierten Fassung des ehemaligen Bischofs<br />

von Erfurt, Dr. Joachim Wanke, klingen diese Werke<br />

der Barmherzigkeit jeweils wie ein Angesprochensein<br />

und Zuspruch. Sie können uns so neu den Reichtum<br />

und die Tiefe dieser traditionellen Reihung eröffnen.<br />

"Ich bete für Dich!“<br />

Wer in den vergangenen Wochen unterwegs oder am<br />

Urlaubsort Kirchen besucht hat, wird sich nicht nur an<br />

der schönen, zu Gottes Ehren gestalteten Architektur erfreut<br />

haben, sondern in diesen Kirchen auch oft ein sogenanntes<br />

Fürbittbuch vorgefunden haben.<br />

17<br />

Foto: pixabay.com


Diese Bücher, in denen Bitten und Anliegen von vielen<br />

Menschen aufgeschrieben werden, ziehen mich<br />

immer wieder an: Darin sind die Nöte und Ängste,<br />

aber auch die Freude und der Jubel der Menschen<br />

nachzulesen. So haben diese „Gebetbücher“, die<br />

auszugsweise auch in die Fürbitten der Ortsgemeinde<br />

miteinbezogen werden, viel mit dem alttestamentlichen<br />

Buch der Psalmen gemein. Im Psalter sind alle<br />

menschlichen Empfindungen und Regungen<br />

enthalten – ebenso in den Fürbittbüchern.<br />

Warum schreiben Menschen Ihre Bitten und Anliegen<br />

auf?<br />

Vielleicht, weil sie auf das stellvertretende Gebet vertrauen:<br />

Das, worum ich bete, lesen andere Menschen<br />

und nehmen es mit in ihr Gebet hinein.<br />

Foto: pixabay.com<br />

18


Füreinander zu beten ist eine Jahrhunderte lang geübte,<br />

benediktinische Tradition, die der heilige Benedikt<br />

im 67. Kapitel seiner Regel grundgelegt hat,<br />

wenn er schreibt, dass beim letzten Gebet des Gottesdienstes<br />

immer aller Abwesender gedacht werden<br />

solle (RB 67,2). Impliziert ist, dass die Abwesenden<br />

beim Gebet genauso der Daheimgebliebenen gedenken.<br />

Der ehemalige Erfurter Bischof Joachim Wanke hat es<br />

in einer Predigt einmal so gesagt: "Wer für andere<br />

betet, schaut auf sie mit anderen Augen. Er begegnet<br />

ihnen anders. Auch Nichtchristen sind dankbar, wenn<br />

für sie gebetet wird. Ein Ort in der Stadt, im Dorf, wo<br />

regelmäßig und stellvertretend alle Bewohner in das<br />

fürbittende Gebet eingeschlossen werden, die Lebenden<br />

und die Toten - das ist ein Segen. Sag es als Mutter,<br />

als Vater deinem Kind: Ich bete für dich! Tun wir<br />

es füreinander, gerade dort, wo es Spannungen gibt,<br />

wo Beziehungen brüchig werden, wo Worte nichts<br />

mehr ausrichten.<br />

19<br />

Foto: pixabay.com


Gottes Barmherzigkeit ist größer als unsere Ratlosigkeit<br />

und Trauer."<br />

Auch – und gerade in Zeiten, in denen wir es schwer<br />

mit unseren Mitmenschen haben, tut es gut, füreinander<br />

zu beten. Auch – und gerade in Zeit, in denen wir<br />

uns mit unseren Nächsten schwer tun, tut es gut, füreinander<br />

zu beten. Ich weiß (und spüre), dass viele<br />

Menschen für mich beten, mich durch ihr Gebet gerade<br />

in Krisensituationen tragen. Und ich selbst bete<br />

oft für andere Menschen – in unserer Zeit selbstverständlich<br />

(relativ unpersönlich) für die Menschen in<br />

den Krisengebieten unserer Erde und für die zahlreichen<br />

Flüchtlinge überall und in unserem Land. Aber<br />

ich bete auch für konkrete Menschen in meinem Umfeld.<br />

Und manches Mal sage ich denen das dann<br />

auch…<br />

Foto: pixabay.com<br />

20


„Ich bete für dich!“ – Vielleicht ist das ein Satz, der<br />

mich in diesem Monat neu begleiten kann und den<br />

ich bewusst immer wieder ausspreche…<br />

Bruder Nikolaus Nonn<br />

21<br />

Foto: pixabay.com


aus<br />

dem<br />

Kloster<br />

22


Im August sind die Brüder Benjamin und Emmanuel<br />

wieder in die Abtei gezogen und werden dort neue Aufgaben<br />

übernehmen. Den beiden wünschen wir Gottes<br />

Segen!<br />

Öffentlichkeitsarbeit der Cella<br />

Wie schon angekündigt, sind wir dabei, die Homepage<br />

völlig zu überarbeiten - auch was das Design angeht.<br />

Wir verabschieden uns von einer rein statischen Seite,<br />

auf der sich das ein oder andere zwar verändern kann,<br />

jedoch die meisten Inhalte gleich bleiben. Die neue Seite<br />

wird sich fortlaufend, teilweise fast täglich verändern.<br />

Nur ganz wenige Texte werden immer gleich sein. So<br />

verschmilzt unser Onlinemagazin, der Klosterbrief, mit<br />

der Homepage. Das heißt, dass wir das Onlinemagazin<br />

in der Dir vorliegenden Form einstellen werden.<br />

23


Inhalte dieser Art wirst Du ab Oktober nur noch auf<br />

unserer Homepage, oder nennen wir es Onlinemagazin,<br />

finden.<br />

Jeden Monat werden wir einen Newsletter erstellen,<br />

darin weisen wir auf neue Artikel des vergangenen<br />

Monats hin und informieren über die geplanten Berichte<br />

des Folgemonats.<br />

Wir werden die Inhalte der neuen Homepage deutlich<br />

breiter streuen.<br />

Natürlich werden wir auch Informationen über die<br />

Cella bieten, aber das wird nur ein Teil sein.<br />

Daneben werden Artikel erscheinen, die über spirituelle<br />

Orte in Hannover berichten, über theologische/<br />

philosophische Fragen, die Themen Gesundheit, Ernährung,<br />

Garten, Lifestyle, Kultur und nicht zu vergessen:<br />

Spiritualität und benediktinisches Leben.<br />

Das ist eine ganz schön breite Palette - aber wir orientieren<br />

uns dabei an klassisch klösterlichen Themen,<br />

und die umfassen deutlich mehr als nur Theologie<br />

und Spiritualität. Oder anders ausgedrückt.<br />

Foto: pixabay.com<br />

24


Die benediktinische Spiritualität macht vor dem Kochen,<br />

dem Gärtnern und vor Fragen der Gesundheit kein Halt.<br />

Aber es geht noch weiter: In einer ersten Phase werden wir<br />

auch Audiobeiträge veröffentlichen. Das werden Interviews<br />

mit Menschen aus Hannover, die für einen spirituellen Ort<br />

stehen - innerhalb und außerhalb christlicher Prägung: die<br />

Heilsarmee, Rosenkreutzer, Freimaurer, anthroposophische<br />

Christengemeinschaft sind angefragt.<br />

Später sollen eigene Videos hinzu kommen. Denn: Im<br />

Netz spielen Bewegtbilder eine immer größere Rolle.<br />

Neben unserer Homepage als Online-Magazin werden<br />

wir auch andere Kanäle nutzen. Auf Facebook sind wir<br />

schon länger vertreten. Dort soll Aktuelles aus der Cella<br />

verbreitet sowie auf Dinge reagiert werden, die gerade<br />

passieren oder gefunden wurden: Hinzu kommen: Twitter,<br />

Instagram, Pinterest, Youtube.<br />

Twitter: hier wird es um spirituellen Input gehen: jeden Tag<br />

eine Weisheit aus der Regel, Zitate, interessante Infos.<br />

Pinterest/Instagram: beides sind Portale, auf denen Bilder<br />

geteilt werden. Wie heißt es noch: Ein Bild sagt mehr als<br />

1000 Worte. Mit Bildern kann man oft viel besser Emotionen<br />

und Gefühle ausdrücken.<br />

25


Youtube: wir sammeln interessante Videos, veröffentlichen<br />

hier unsere Audiobeiträge und später natürlich<br />

auch die selbst gedrehten Kurzfilme<br />

Aber auch im Printbereich werden wir neue Seiten<br />

aufziehen: der bisherige Kalender, der jeden Monat<br />

herauskam, wird umgewandelt in einen bunten Flyer.<br />

Er wird für zwei Monate gelten und nicht nur im Vorraum<br />

der Kirche, sondern ebenso draußen auf der<br />

Voßstraße zu bekommen sein. Außerdem soll dieser<br />

Kalender innerhalb der Stadt an verschiedenen Orten<br />

ausliegen.<br />

Wichtiger aber noch als diese konkreten Veränderungen<br />

werden die Inhalte sein, an denen wir derzeit arbeiten.<br />

Davon lebt jedes Medium. Und wir möchten<br />

uns damit als Ort städtisch-klösterlicher Lebensweise<br />

etablieren, als einen Ort, an dem Glaube und Leben<br />

in der Stadt Hand in Hand gehen.<br />

Damit hoffen wir auf ein breiteres Interesse zu stoßen,<br />

neue Menschen zu erreichen und so unserem<br />

Auftrag noch gerechter zu werden.<br />

Foto: pixabay.com<br />

26


„Menschen errichten Mauern.<br />

Christus sagt: "Ich bin die Tür.“<br />

Simone Weil (1909 - 1943)<br />

27<br />

Foto: http://pixabay.com/ - Timbo84


Klöster<br />

Orte<br />

28<br />

Foto: wikipedia.com


Eremiten<br />

Klöster kennen viele noch aus eigener Anschauung. Sei<br />

es im Urlaub durch den Besuch alter Klosterkirchen o-<br />

der durch diverse Filme wie “Der Name der Rose”. Viele<br />

haben auch eine mehr oder eher weniger realistische<br />

Vorstellung, was ein Kloster ist und was dort getan wird.<br />

Wenn aber das Gespräch auf Eremiten, auf Einsiedler,<br />

kommt, dann wird es schon schwieriger. Das liegt natürlich<br />

in der Natur der Sache: Einsiedler leben alleine und<br />

in Abgeschiedenheit. Dort ist kein Platz für Touristenbusse<br />

mit Führung und anschließendem Kaffeetrinken,<br />

auch nicht für Besinnungstage oder Firmvorbereitungskurse.<br />

Einsiedeleien sind für das Schweigen und für die<br />

Einsamkeit da.<br />

Ich möchte heute kein besonderes Kloster vorstellen,<br />

dass es sich lohnt zu besuchen. Ich möchte Dir heute eine<br />

Lebensform vorstellen, die es auch heute noch gibt<br />

und sogar einen gewissen Aufschwung erfährt. Es gibt<br />

29<br />

Foto: wikipedia.com


Auch in der Benediktsregel finden sich Sätze zu den<br />

Eremiten. So heißt es dort: “In der Reihe der Brüder<br />

wurden sie gut vorbereitet für den Einzelkampf in der<br />

Wüste.” (RB 1,5). Für Benedikt ist das Einsiedlerleben<br />

eine Frucht des Lebens in einer Gemeinschaft. Erst wer<br />

durch die Schule des Gemeinschaftsleben im Kloster<br />

gegangen ist, kann als Einsiedler leben. Das macht<br />

Sinn, denn für die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit<br />

und des eigenen Glaubens braucht es Rückmeldung<br />

von anderen. Genau die entfällt natürlich beim<br />

Einsiedler.<br />

Das Leben als Einsiedler leitet sich unmittelbar von den<br />

Wüstenvätern ab. Noch bevor es Klöster gab, gab es<br />

Eremiten. Es ist damit die älteste Form gottgeweihten<br />

Lebens in der Kirche.<br />

Sie wohnen in einem Haus oder Hütte, abgeschieden<br />

von einer Ortschaft oder einer Stadt, leben dort, beten<br />

und sorgen für ihr eigenes Auskommen. Manche bekommen<br />

grundlegende Nahrungsmittel, aber in der Regel<br />

sind sie auf sich gestellt.<br />

Im 18. und 19. Jahrhundert gab es sogar so genannte<br />

“Schmuck-” oder “Ziereremiten”.<br />

Foto: wikioedia.com<br />

30


Man hielt sich gegen Kost und Logis einen einsam lebenden<br />

Mann in der hauseigenen Parkanlage, besucht<br />

ihn am Sonntag und holte sich so frei haus einen<br />

“heiligen Schauer” ab. Gerade in Adelskreisen hatte<br />

man gerne einen solchen Eremit im Park. Die Zeiten<br />

sind Gott sei Dank vorbei.<br />

Man unterscheidet zwei Arten von Eremiten:<br />

Diözesaneremiten und Ordenseremiten.<br />

Erstere legen ihre Gelübde vor dem jeweiligen Bischof<br />

ab und unterstehen diesem. Dafür hat der Bischof eine<br />

Versorgungsverpflichtung beispielsweise hinsichtlich der<br />

Krankenversicherung etc. Die Ordenseremiten wiederum,<br />

dazu zählt der Kartäuserorden, die Kamaldulenser,<br />

haben ein sehr reduziertes Gemeinschaftsleben, das<br />

sich vornehmlich auf das Chorgebet und wenige Mahlzeiten<br />

beschränkt. Mindestens einmal in der Woche<br />

aber gibt es einen gemeinsamen Austausch untereinander.<br />

31<br />

Foto: privat


Derzeit leben in Deutschland ca. 80 Diözesaneremiten<br />

und -eremitinnen. Die mir bekannte nächstgelegene,<br />

Klaus, befindet sich im Osnabrücker Land.<br />

Ich finde, dass das eremitische Leben eine besondere<br />

Faszination hat. Das Leben in solch einer Einsamkeit,<br />

man könnte auch sagen: Bedeutungslosigkeit und Verborgenheit,<br />

hat etwas sehr überzeugendes und berührendes,<br />

auch wenn es nicht mein Weg der Gottsuche<br />

ist.<br />

Foto: wikioedia.com<br />

32


„Wenn die Güte ihr nicht vorausgeht, ist die Gerechtigkeit<br />

ein trockenes Brot.“<br />

Madeleine Delbrel<br />

33<br />

Foto: http://pixabay.com/ - Timbo84


Mensch?<br />

Mensch!<br />

34<br />

Foto: www.pixabay.com


Flüchtling zu sein gehört zum Erbe des Christentums<br />

und des Judentums zugleich. Der Auszug aus Ägypten<br />

war eine Flucht, keine Prozession mit Liedern, Gesängen<br />

und Würstchenbuden auf dem Weg.<br />

Und auch Jesus kannte Flucht. Kurz nach der Geburt<br />

musste er zusammen mit seinen Eltern fliehen, um nicht<br />

ermordet zu werden.<br />

Die Jünger kannten Flucht, die Juden kannten das Exil<br />

und kennen es bis heute.<br />

Unsere beiden Religionen sind unmittelbar mit dem<br />

Thema Flucht und Bedrohung verbunden - bis in unsere<br />

Jetzt-Zeit hinein.<br />

Auch zahlreiche Heilige waren Flüchtlinge oder Pilger,<br />

die nicht weniger gefährdet waren, wie unser heutiges<br />

Beispiel zeigt:<br />

Wer kennt heutzutage noch den Namen Koloman, vielleicht<br />

ein paar Jungs irgendwo in Bayern oder Österreich,<br />

aber in unseren Breitengraden ist der Name nicht<br />

zu finden. Dabei ist die Geschichte, die mit diesem Namen<br />

verbunden ist, heute höchst aktuell.<br />

35<br />

Foto: Stift Lilienfeld


Der Heilige Koloman war ein irischer Pilger, der auf<br />

dem Weg ins Heilige Land im österreichischen Stockerau<br />

durch seine fremde Sprache und Kleidung auffiel.<br />

Man hielt ihn kurzerhand für einen böhmischen oder<br />

ungarischen Spion und fackelte nicht lange: man erhängte<br />

ihn kurzerhand, nicht ohne ihn zuvor zu foltern.<br />

Sein Leichnam hing eineinhalb Jahre öffentlich an einem<br />

Holunderbaum, ohne zu verwesen, so sagt es dir<br />

Legende. Zahlreiche Wunder sollen sich an und durch<br />

ihn ereignet haben.<br />

Noch heute ist der Heilige Koloman in Österreich ein<br />

bedeutender Heiliger.<br />

Das Stift Melk unweit von Wien hat übrigens das Patrozinium<br />

des Heiligen Koloman, und in der Stiftsbasilika<br />

befindet sich die Grablege.<br />

Seine Geschichte, die Geschichte des Judentums und<br />

des Christentums zeigen: ob nun Pilgern oder Flucht,<br />

beides waren nicht nur damals gefährliche Unterfangen.<br />

Und: Fremdenfeindlichkeit hat eine lange Geschichte.<br />

Bruder David Damberg<br />

Foto: Stift Lilienfeld<br />

36


Wenn die Anzeichen nicht trügen, steht das<br />

Christentum insgesamt im Begriff, sich von<br />

seiner moralischen Selbstdarstellung [..] zu<br />

verabschieden, um in seine mystische Zukunft<br />

einzutreten. Da eine derartige Verabschiedung<br />

sich niemals reibungslos, sondern<br />

immer nur in Stauungen, Konflikten<br />

und Brüchen vollzieht, sind die gegenwärtigen<br />

Spannungen [..] aus der Natur des<br />

Übergangs zu erklären. Verständlich wird<br />

in dieser Sicht vor allem die moral- und sexualethische<br />

Engführung der kirchlichen<br />

Doktrin, die nun als nachdrückliche Manifestation<br />

einer sich primär als moralische<br />

Autorität verstehenden Kirche erscheint; [...]<br />

Die Glaubensgemeinschaft wird in ihrer<br />

sensiblen Spitze mit aller Kraft dem Kommenden<br />

entgegenstreben, wenn nicht gar<br />

es vorwegnehmen.<br />

Prof. Dr. Dr. Dr. Eugen Biser<br />

37


Fundstücke<br />

38<br />

Foto: www.pixabay.com


Rap oder Hiphop ist musikalisch nicht Jedermanns Sache.<br />

Obwohl ja beides recht viel mit Choral zu tun hat -<br />

es sind ebenfalls Sprechgesänge, Gesänge also, bei<br />

denen die Musik dem Text folgt und nicht umgedreht.<br />

Vor ein paar Wochen fand ich ein Video mit einem<br />

Song der Gruppe CAPO DI CAPI, die mich gleich sehr<br />

interessiert hat.<br />

Das Lied ist ausgesprochen christlich und dabei doch<br />

so, wie wir es von jugendlicher Musik her kennen. Inhaltlich<br />

geht es um das Vertrauen und die Angst. So rufen<br />

uns die drei jungen Musiker immer wieder zu:<br />

Fürchte Dich dicht!<br />

Also: Nur Mut, Hiphop tut nicht weh!<br />

Bruder David Damberg<br />

39


Mein Gott, du hast mich geschaffen,<br />

ich lebe durch dich und trachte nach dir,<br />

wenn ich mit Seufzen das Gute erflehe.<br />

Ich kenne dich ja als meinen Gott<br />

und weiß nur, daß ich dir dienen darf,<br />

denn du hast mir Einsicht gegeben.<br />

O du mein Helfer bei allem Guten,<br />

durch dich vollbringe ich gute Werke.<br />

Auf dich will ich all meine Hoffnung werfen<br />

und mich bekleiden mit deiner Huld.<br />

Hildegard von Bingen<br />

41


Weisheit<br />

42<br />

Foto: Hans-Jürgen Spengemann/pixelio.de


Ein junger Novize, der eben ins Kloster aufgenommen<br />

worden war, sagte zu Zen-Meister Joshu: 'Ich bin neu im<br />

Kloster, bitte zeigt mir den Weg.' Joshu fragte: 'Hast Du<br />

schon gefrühstückt ?' Der Novize antwortete: ' Ja, ich<br />

habe mein Frühstück bereits beendet.' Joshu sagte: '<br />

Dann geh und wasch Deine Eßschalen'.<br />

Zen-Geschichte<br />

43<br />

Foto: Hans-Jürgen Spengemann/pixelio.de


Impressum<br />

44<br />

Foto: Dieter Schütz/pixelio.de


Cella Sankt Benedikt<br />

Voßstraße 36<br />

30161 Hannover<br />

Telefon (0511) 962 88-0<br />

Telefax (0511) 962 88-11<br />

Email cella@t-online.de<br />

Träger der Cella Sankt Benedikt ist die<br />

Vereinigung der Benediktiner<br />

zu Meschede e.V.<br />

Abtei Königsmünster<br />

Klosterberg 11<br />

59872 Meschede<br />

Tel. 0291 / 2995 - 0<br />

Vertretungsberechtigter:<br />

Abt Aloysius Althaus OSB<br />

Email abt@koenigsmuenster.de<br />

Eingetragen im Vereinsregister:<br />

Amtsgericht Arnsberg VR 50536<br />

Foto: Dieter Schütz/pixelio.de<br />

45


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