ICH Q8 Pharmaceutical Development Vom Wirkstoff zur Galenischen Form
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Fachgruppe Pharma und Chemie der SAQ ICH Q8: Pharmaceutical Development Vom Wirkstoff zur Galenischen Form Dr. Armin Knapp Leiter der Entwicklungskoordination Losan Pharma GmbH Neuenburg, Deutschland Olten, 28.06.2006
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Fachgruppe Pharma und Chemie der SAQ<br />
<strong>ICH</strong> <strong>Q8</strong>: <strong>Pharmaceutical</strong> <strong>Development</strong><br />
<strong>Vom</strong> <strong>Wirkstoff</strong> <strong>zur</strong> <strong>Galenischen</strong> <strong>Form</strong><br />
Dr. Armin Knapp<br />
Leiter der Entwicklungskoordination<br />
Losan Pharma GmbH<br />
Neuenburg, Deutschland<br />
Olten, 28.06.2006
Gliederung des Vortrags<br />
1. <strong>ICH</strong><br />
2. <strong>ICH</strong> Q 8<br />
3. Entwicklungsstrategien<br />
4. Pharmazeutische Entwicklung<br />
5. <strong>Wirkstoff</strong>e<br />
6. Hilfsstoffe<br />
7. <strong>Form</strong>ulierungsentwicklung<br />
8. Prozessentwicklung<br />
9. Prozesssteuerung
<strong>ICH</strong><br />
International Conference on Harmonisation of Technical Requirements<br />
for Registration of <strong>Pharmaceutical</strong>s for Human Use<br />
<strong>ICH</strong> ist eine gemeinsame Initiative von Zulassungsbehörden und der<br />
Industrie als gleichwertige Partner in der wissenschaftlichen und<br />
technischen Diskussion von Prüfmethoden, die erforderlich sind, um die<br />
Sicherheit, Qualität und Wirksamkeit von Arzneimitteln sicherzustellen<br />
und zu beurteilen.<br />
Richtlinien <strong>zur</strong> Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit und zu<br />
multidisziplinären Themen:<br />
Q = Quality Topic, S = Safety Topic,<br />
E = Efficacy Topic, M = Multidisciplinary Topic
<strong>ICH</strong><br />
In der CH<br />
• IFPMA International Federation of <strong>Pharmaceutical</strong> Manufacturers<br />
Associations, Genf (Harvey E. Bale Jr., Odette Morin)<br />
• diese betreibt das <strong>ICH</strong> Sekretariat in Genf (Odette Morin)<br />
• EFPIA European Federation of <strong>Pharmaceutical</strong> Industry and<br />
Associations (u.a. Societé Suisse des Industries Chimiques)<br />
• EFTA Observer: Petra Doerr, Bern, Swissmedic<br />
• WHO Observer: Lembit Rägo, Genf
Zusammenhänge<br />
von <strong>ICH</strong> - Richtlinien<br />
Multidisciplinary Topics (M):<br />
•<strong>ICH</strong> M4: Common Technical Document (CTD) format<br />
Quality Topics (Q):<br />
• <strong>ICH</strong> Q 8: Pharmazeutische Entwicklung<br />
• <strong>ICH</strong> Q 9: Risikomanagement<br />
• Ich Q 10: Qualitätssysteme
<strong>ICH</strong> Q 8: Pharmazeutische Entwicklung<br />
Einführung<br />
• Zielstellung:<br />
• vorgeschlagener Inhalt von 3.2.P.2 (Pharmazeutische Entwicklung)<br />
des Zulassungsdossiers im CTD-<strong>Form</strong>at (Common Technical<br />
Document)<br />
• Vorstellung von Wissen, das durch wissenschaftliche Methoden<br />
und durch Qualitätsrisikomanagement (Quality Risk Management)<br />
bei der Entwicklung eines Produkts und seines Herstellverfahrens<br />
gewonnen wurde.<br />
• Schaffung eines umfassenden Verständnisses des Produkts und<br />
des Herstellverfahrens für der/n Prüfer/in oder Inspektor/in<br />
• Grundlage für flexible Zulassungsstrategien
Zielstellung der Pharmazeutischen Entwicklung<br />
gemäß <strong>ICH</strong> Q 8<br />
• Ausarbeitung eines Qualitätsproduktes und seines Herstellprozesses, um die<br />
vorgesehenen Leistungskriterien des Produktes beständig zu erfüllen<br />
• Bereitstellung von Informationen und Wissen, um wissenschaftliches<br />
Verständnis als Grundlage für die Einrichtung eines „design space“ und <strong>zur</strong><br />
Festlegung der Spezifikationen und der Herstellkontrollen zu schaffen<br />
• Qualitätsrisikomanagement („quality risk management“)<br />
• Gewinnung zusätzlichen Wissens durch Dokumentation von Änderungen in<br />
der <strong>Form</strong>ulierung und im Herstellprozess und durch Dokumentation<br />
unerwarteter Ergebnisse<br />
• Vorschlag eines zulassungspflichtigen Design Space durch den Einreicher<br />
der Zulassung
Mindestanforderung gemäß <strong>ICH</strong> <strong>Q8</strong><br />
• Definition der kritischen Aspekte des <strong>Wirkstoff</strong>s, der Hilfsstoffe, des<br />
Packmittels und des Herstellprozesses<br />
• Rechtfertigung von Kontrollstrategien für kritische Parameter<br />
• Untersuchung des Ausmaßes, inwieweit Variationen kritischer Parameter die<br />
Qualität des Produktes beeinflussen können
Dokumentation gemäß <strong>ICH</strong> Q 8<br />
• Rechtfertigung der Eignung der gewählten Arzneiform und der<br />
vorgeschlagenen <strong>Form</strong>ulierung für den beabsichtigen Zweck<br />
• Ausreichende Informationen in allen Teilen zum Verständnis der Entwicklung<br />
der pharmazeutischen Zubereitung und ihres Herstellprozesses<br />
• Übersichtstabellen und graphische Darstellungen, um Klarheit zu schaffen<br />
und die Prüfung der Unterlagen zu erleichtern<br />
• Höhe der Erkenntnis („level of knowledge“) hat Vorrang vor Umfang der<br />
Daten („volume of data“)
Entwicklungsstrategien<br />
• Experimentenorientiert (Versuch und Irrtum)<br />
• erfolgreich bei niedrig dosierten, galenisch unproblematischen<br />
Arzneistoffen<br />
• Ermöglicht die Gewinnung eigener Erfahrungen<br />
• Optimum schwer zu ermitteln<br />
• Vorgehensweise schwer nachzuvollziehen<br />
• Wissensbasiert (Expertensystem)<br />
• Genaue Charakterisierung von Arzneistoff, Hilfsstoff, Packmittel, Verfahren<br />
• Theoretische Ausarbeitung eines Rezepturvorschlages<br />
• Experimentelle Überprüfung des Rezepturvorschlages<br />
• Gefahr der Überbetonung überlieferten theoretischen Wissens<br />
Lit: Stricker: Arneiformen-Entwicklung, Feste Zubereitungen, Springer-Verlag Heidelberg 2003
Gibt es eine Standard-Vorgehensweise?<br />
„When all the experts agree, it is time to be cautious“<br />
Bertrand Russell (1872 – 1970)
Ausgangspunkte einer Pharmazeutischen<br />
Entwicklung<br />
• ausgehend therapeutischer Indikation<br />
• Indikation – <strong>Wirkstoff</strong>klasse – <strong>Wirkstoff</strong> – Darreichungsform - Arzneiform<br />
• ausgehend von <strong>Form</strong>ulierungsprinzip<br />
• galenische Expertise – <strong>Wirkstoff</strong> – Arzneiform<br />
• ausgehend von pharmazeutischem Präparat<br />
• Originalpräparat – Line Extension<br />
• Originalpräparat – Value Added Generikum<br />
• Originalpräparat – Generikum
Haben wir einen neuen <strong>Wirkstoff</strong>?<br />
A) Pharmakodynamik<br />
B) Phamakokinetik: Permeabilität<br />
C) Toxikologie<br />
D) Stoffeigenschaften: Löslichkeit, Aggregatszustand, Stabilität<br />
E) Herstellbarkeit und Verfügbarkeit
Wie wird die geeignete Arzneiform für den<br />
<strong>Wirkstoff</strong> festgelegt?<br />
• Indikation<br />
• Wirkung: systemisch oder lokal (Resorption erforderlich oder unerwünscht)<br />
• Stabilität gegenüber Körperflüssigkeiten / First-Pass-Effekt<br />
• Applikationsort / Wirkort<br />
• Dosierungsbereich<br />
• Dosierungsschema<br />
• Pharmakokinetisches Anforderungsprofil<br />
• Patient Compliance (abhängig von Land, Lebensalter, Erkrankung)<br />
• Aussehen, Farbe, Geruch, Geschmack<br />
• Herstellungskosten für die betreffende Arzneiform<br />
Sind Kosten ein Tabu in pharmazeutischer Dokumentation?
Retardkapsel<br />
Beispiel für eine Produktanforderung<br />
• Blister: PVC-Folie transparent + Alufolie bedruckt; nicht kindergesichert<br />
• Hartgelatinekapsel Größe 1, Unterteil transparent, Oberteil rot/opak und weiß bedruckt<br />
• Arzneistoffdosis gesamt 100 mg<br />
• 30% <strong>Wirkstoff</strong> sofort freisetzend, 70% <strong>Wirkstoff</strong> pH-unabhängig retardiert<br />
• Pelletfarben rot/weiß<br />
• Restfeuchte überzogene Pellets<br />
• Pelletbruchfestigkeit, Friabilität<br />
• Pelletschüttvolumen<br />
• Pellets nicht aufgeladen<br />
• Pelletdurchmesser (Mittelwert, Untergrenze, Obergrenze)<br />
• Rundheit<br />
• Gleichförmigkeit der Masse +/- 5% für jede der beiden Pelletsorten<br />
• Haltbarkeitsdauer mindestens 2 Jahre in Klimazone II (25°C/60% r.F.)
Ist der <strong>Wirkstoff</strong> für die gewählte Arzneiform<br />
geeignet?<br />
• Salzform (Ca-Carbonat: 40% versus Ca-Gluconat-Hydrat: 9% Ca)<br />
• kristallin / amorph / flüssig<br />
• Hydrate / Wassergehalt / Hygroskopizität<br />
• Polymorphie<br />
• Schmelzpunkt<br />
• Löslichkeit<br />
• Partikelgrößenverteilung<br />
• Stabilität im Festzustand<br />
• Stabilität in Lösung<br />
• Kompatibilität mit anderen <strong>Wirkstoff</strong>en, Hilfsstoffen, Primärpackmitteln<br />
• Geschmack für orale <strong>Form</strong>en<br />
• <strong>Wirkstoff</strong>kosten
Mögliches Design Space des <strong>Wirkstoff</strong>s<br />
• Aktivität (z.B. bei pflanzlichen Arzneistoffen oder bei Enzymen)<br />
• Überdosierung (z.B. Herstell- und Stabilitätszuschlag bei Vitamin D 3<br />
)<br />
• „in general discouraged“?<br />
• Wassergehalt<br />
• Partikelgrößenverteilung<br />
• Teilchenform<br />
• Schütt- und Stampfvolumen<br />
• Fließfähigkeit<br />
• Polymorphie
Kompatibilitätstests<br />
• Anpassung an angestrebte Arzneiform<br />
• Anpassung an zu erwartende Mengenverhältnisse erforderlich<br />
(z.B. <strong>Wirkstoff</strong> + Hilfsstoff 9 + 1; 1 + 1; 1 + 9)<br />
Cave: Homogenität bei extremen Mengenverhältnissen<br />
• Wechselwirkungen berücksichtigen (Hygroskopiziät, Katalyse durch Säure/Base)<br />
Mehrfachgemische, Prototypformulierungen<br />
• High-Throughput-Screening versus wenige Prototyp-<strong>Form</strong>ulierungen abhängig von<br />
Komplexität des Stabilitätsproblems<br />
• Physikalische und physikalisch-chemische Inkompatibilitäten sollten nicht<br />
vernachlässigt werden.<br />
<strong>ICH</strong> Q 8 gibt zu Recht keine genauen Vorgaben zu Kompatibilitätstests.
Kompatibilitätstests<br />
Bestrebungen <strong>zur</strong> Verkürzung der Stress-Lagerungs-Zeiten<br />
z.B. Vorschlag zu High-Throughput-Screening bei Glaxo-Smith-Kline R&D, Harlow UK<br />
<strong>Wirkstoff</strong>-Hilfsstoff-Mischung<br />
Wasser<br />
Lagerung bei 80°C für 1 Stunde<br />
Bestimmung der Zersetzung mit HPLC,<br />
Identifikation durch LC/MS<br />
Lit: J.L.Sims , J. A. Carreira, D.J. Carrier et. al., Pharm. Dev. Technol. 8 (2), 119 – 126<br />
(2003)
Kompatibilität in Theorie und Praxis<br />
• Gabapentin<br />
Theoretisches Kompatibilitätsproblem:<br />
• Maillardreaktion (nicht enzymatische<br />
Bräunung von Laktose)<br />
Kompatibilitätsproblem von praktischer Bedeutung:<br />
• Laktamisierung durch saure und alkalische<br />
Verunreinigungen
Auswahl geeigneter Hilfsstoffe<br />
• Definition von K.O.-Kriterien, optimalen Eigenschaften, tolerierten Eigenschaften,<br />
Gewichtung der Eigenschaften<br />
• Regulatorische Eigenschaften: Arzneibuch-Monographie, Pharmazeutische Qualität,<br />
physiologische Verträglichkeit<br />
• Kompatibilität mit <strong>Wirkstoff</strong>en und mit anderen Hilfsstoffen<br />
• Funktionalität<br />
• Stabilität der Funktion<br />
• Verfügbarkeit an vorgesehenem Produktionsort<br />
• Kosten
Kompatibilität Hilfsstoff - Hilfsstoff<br />
Hartgelatinekapsel<br />
<strong>Wirkstoff</strong>pellets sofort freisetzend<br />
<strong>Wirkstoff</strong>pellets mit Eudragit ® RL/RS überzogen<br />
Kompatibilitätsproblem:<br />
• Aldehydische Verunreinigungen von Hilfsstoffen<br />
Eudragit ® -Typ <strong>Form</strong>aldehyd Acetaldehyd<br />
RL < 20 ppm < 50 ppm<br />
RS < 20 ppm < 50 ppm<br />
Folge:<br />
• Quervernetzung von Gelatine in Hartgelatinekapseln<br />
Funktionelle Gruppe von Eudragit® RL/RS
<strong>Wirkstoff</strong>freisetzung bei der<br />
Ausgangsanalyse:<br />
<strong>Wirkstoff</strong>freisetzung nach 4 Wochen<br />
Lagerung bei 40°C/75% r.F.:
Erfolgloser Lösungsversuch<br />
Ersatz von Gelatinekapseln durch HPMC-Kapseln?<br />
• keine Quervernetzung durch aldehydische Verunreinigungen<br />
• jedoch: wesentlich längere Zerfallszeit<br />
(z.B. in Wasser 37°C ohne Disk: 7 – mehr als 15 Minuten)<br />
daher signifikante Beeinflussung der <strong>Wirkstoff</strong>freisetzung<br />
Lösung des Inkompatibilitätsproblems<br />
Abfangen flüchtiger aldehydischer<br />
Verunreinigungen (<strong>Form</strong>aldehyd/Acetaldehyd)<br />
durch Schutzschicht mit Aminosäure und/oder<br />
Gelatine zwischen der Eudragit-RL/RS-Schicht<br />
und der Gelatine-Kapselhülle<br />
<strong>Wirkstoff</strong><br />
Retardfilm<br />
Lit: Knapp, A., Schreder, S., European Patent Application<br />
EP 1 498 117 A1, published by Jan 19, 2005.<br />
Schutzschicht
Kritische funktionelle Hilfsstoffe<br />
Problem<br />
Schwer löslicher <strong>Wirkstoff</strong><br />
(bei 37 Produkten)<br />
Stabilität<br />
(bei 12 Produkten)<br />
Hilfsstofftyp<br />
1. Netzmittel<br />
• Polysorbate (17 mal)<br />
• Natriumlaurylsulfat (9 mal)<br />
2. Polymere und Lösungsmittel (3 mal)<br />
1. Puffer (8 mal)<br />
2. Konservierungsmittel (2 mal)<br />
3. Sonstige (z.B. Antoxidantien) (2 mal)<br />
Untersucht wurden 69 der meist verkauften festen Arzneiformen in USA im Jahre 2004.<br />
Lit: Bansal A. K., Mulla M., Kakumanu V.K., „Criticality of functional excipients and decoding methods<br />
during generic product development“, <strong>Pharmaceutical</strong> Technology Europe, June 2006, P. 34 - 38
Kritische funktionelle Hilfsstoffe<br />
Was kann kritisch sein (Auswahl)?<br />
• Hilfsstoffqualität (z.B. Herkunft, Korngröße, Wassergehalt<br />
Verunreinigungen, Mikrobiologie)<br />
• Hilfsstoffmenge<br />
• Art der Einarbeitung (z.B. Trockenmischung, Granulierung)<br />
• homogene Verteilung oder gezielte räumliche Trennung
Fomulierungsentwicklung<br />
Zusammenfassung der Entwicklung mit Identifizierung kritischer Parameter<br />
hinsichtlich dem bestimmungsgemäßen Gebrauch und der Anwendungsart<br />
Kritisch z.B. bei einer gegebenen Retardkapsel-Entwicklung<br />
• <strong>Wirkstoff</strong>freisetzung in Abhängigkeit von der retardierenden Befilmung<br />
• Stabilität der Gelatinekapseln (Quervernetzung)<br />
• Gleichförmigkeit der Masse für jede Pelletsorte<br />
Nicht als kritisch zeigte sich:<br />
• Nachreifen des Polymers bei der Stabilitätssprüfung<br />
(„Curing“ im Trockenschrank über 24 h bei 40°C nicht erforderlich!)<br />
• Stabilität der <strong>Wirkstoff</strong>freisetzung aus den Pellets
Fomulierungsentwicklung<br />
Auf bei der Entwicklung ähnlicher Produkte gewonnener Erkenntnisse kann,<br />
soweit sinnvoll, verwiesen werden:<br />
Beispiele:<br />
• 1. Vertreter einer neuen <strong>Wirkstoff</strong>klasse:<br />
Entwicklung äußerst aufwendig bezüglich Stabilisierung<br />
2. Vertreter der neuen <strong>Wirkstoff</strong>klasse:<br />
Entwicklung sehr zielgerichtet (viele Analogien)<br />
• ähnliche Querverweise bei wiederholtem Einsatz einer bestimmten<br />
Technologie (z.B. Brausetechnologie, Geschmacksmaskierung,<br />
Retardierung)
Ablauf der Entwicklung<br />
1. Anfängliches theoretisches Konzept:<br />
z.B. Vorstellung über Menge an Filmcoat<br />
2. Ziehen und Testen von Proben mit unterschiedlichen Filmmenge während<br />
der Befilmung im Labormaßstab<br />
3. Definition der optimalen Menge und ggf. der kritischen Mengen<br />
4. Überprüfung der Menge Filmcoat pro cm 2 an anderen Kerngrößen<br />
5. Scale-up: Ist mechanische Stabilität der Kerne gewährleistet?<br />
Muss Filmmenge noch angepasst werden?<br />
• Geringere Sprühverluste?<br />
• Homogenere Verteilung?<br />
6. Definition des Design Space
Theoretisches Konzept für Filmauftragsmengen<br />
Abschätzung der Oberfläche von Tabletten und Kapseln:<br />
Nach Degussa AG Pharma Polymere: „Eudragit®, Polymethacrylate für pharmazeutische Anwendungen“,<br />
Ausgabe 01/2005
Theoretisches Konzept für Filmauftragsmengen<br />
Empfohlene Polymermengen pro cm 2 Oberfläche:<br />
Nach Degussa AG Pharma Polymere: „Eudragit®, Polymethacrylate für pharmazeutische Anwendungen“,<br />
Ausgabe 01/2005
Überprüfung der Filmauftragsmengen<br />
an anderen Kerngrößen<br />
Abschätzung der Menge an Filmcoat pro Kern bei Größenveränderung:<br />
Geplante Auftragsmenge: 5 mg/cm 2 (± 2)<br />
Parameter<br />
Ausgangsrezeptur<br />
Verdoppelung<br />
der Masse der Oberfläche des Durchmessers<br />
Durchmesser<br />
6 mm 7,5 mm 8,5 mm 12 mm<br />
Steghöhe 2,5 mm 3,1 mm 3,5 mm 5 mm<br />
Oberfläche 1 cm 2 1,6 cm 2 2 cm 2 4 cm 2<br />
Menge Filmcoat<br />
pro Kern<br />
5 mg<br />
(± 2)<br />
8 mg<br />
(± 3)<br />
10 mg<br />
(± 4)<br />
20 mg<br />
(± 8)<br />
Masse des Kerns<br />
100 mg 200 mg 350 mg 800 mg<br />
Zu beachten: Menge Filmcoat ist nicht homolog der Kernmasse!
Variable Hilfstoffmengen<br />
Kritische Größe Hilfsstoff Funktion der Variation<br />
Gehalt Füllstoff Ausgleich von Gehaltsschwankungen<br />
des gelieferten <strong>Wirkstoff</strong>s<br />
pH-Wert Salzsäure Ausgleich von unterschiedlichen<br />
Spuren alkalischer Verunreinigungen<br />
<strong>Wirkstoff</strong>freisetzung<br />
<strong>Wirkstoff</strong>freisetzung<br />
Retardierender<br />
Film<br />
Porenbildner<br />
Ausgleich von Sprühverlusten<br />
Ausgleich schwankender<br />
Rohstoffeigenschaften
Vergleichsuntersuchungen <strong>zur</strong><br />
<strong>Wirkstoff</strong>freisetzung in vitro
In-vitro/in-vivo-Korrelation<br />
Medium Wasser 50 ml/min
In-vitro/in-vivo-Korrelation<br />
Blattrührer 50 Upm; 900 ml 2%Na-laurylsulfat
Kritische<br />
Prozessparameter<br />
z.B. beim Verpressen<br />
lipophiler Matrixtabletten<br />
Diffusion aus porenfreier Matrix gemäß R.<br />
Voigt, „Pharmazeutische. Technologie,10.<br />
Aufl. 2006<br />
<strong>Wirkstoff</strong>freisetzung zeigt ähnliche<br />
Abhängigkeit von der Presskraft<br />
wie die Bruchfestigkeit<br />
Möglicher Arbeitsbereich: 14 – 18 kN
Kritische Prozessparameter<br />
z.B. beim Verpressen lipophiler Matrixtabletten:<br />
• Abhängigkeit der <strong>Wirkstoff</strong>freisetzung von der Tablettenform<br />
16 x 9 mm WR 11<br />
12 mm WR 18<br />
16 x 11 mm WR 10<br />
13 mm, Facette,<br />
einseitige Teilkerbe
Regelkreis eines Trocknungsprozesses<br />
(1. Trocknungsabschnitt)<br />
Störung z (z.B. Taupunkt Zuluft)<br />
Regelstrecke<br />
Regelgröße x<br />
(z.B. Ist-Produkttemperatur)<br />
Stellgröße y<br />
(z.B. Zulufttemperatur)<br />
Regeleinrichtung<br />
Führungsgröße w<br />
(z.B. maximale<br />
Produkttemperatur)<br />
Spezifikation
Process Analytical Technology<br />
(PAT)<br />
Process Analytical Technology Initiative, FDA Nov 2001<br />
• Das Ziel von PAT ist, den Herstellprozess zu verstehen und zu steuern,<br />
entsprechend unserem gegenwärtigen Qualitätskontrollsystem: Qualität kann nicht in<br />
das Produkt hineingeprüft werden; sie muss eingebaut werden oder von Beginn an<br />
eingeplant sein.<br />
• Process Analytical Technology ist:<br />
– Ein System <strong>zur</strong> Planung, Analyse und Steuerung der Herstellung durch zeitige<br />
Messung (z.B. während des Prozesses) kritischer Qualitäts- und<br />
Leistungsmerkmale von Rohstoffen und Inprozessmaterialien mit dem Ziel der<br />
Sicherstellung der Qualität des Endproduktes<br />
–<br />
• Es ist wichtig, dass der Ausdruck analytisch in der PAT im weitesten Sinne gesehen<br />
wird, um chemische, physikalische, mikrobiologische, mathematische und Risiko-<br />
Analyse in einer Gesamtbetrachtung einzuschließen.
Werkzeuge der Prozesskontrolle<br />
• Identifikation kritischer Material- und Prozesscharakteristika, die<br />
Einfluss auf die Qualität des Endproduktes haben<br />
– z.B. Teilchengröße, Teilchenform, Probenzug, Probenaufbereitung bei<br />
Ausgangsmaterialien und Zwischenprodukten<br />
• Planung eines gleichzeitigen oder nahezu gleichzeitigen (in-line, online,<br />
at-line) Messsystems für alle kritischen Parameter<br />
– In-line: direkte Vermessung ohne Ausschleusung aus dem Prozess<br />
– On-line: Bypass, Material gelangt nach Vermessung <strong>zur</strong>ück in den<br />
Prozessstrom<br />
– At-line: Material wird vom Prozessstrom isoliert, aber sofort in<br />
unmittelbarer Nachbarschaft des Prozesses analysiert<br />
• Planung der Prozesssteuerung mit Justierung aller kritischen<br />
Parameter<br />
• Aufzeigen mathematischer Zusammenhänge zwischen kritischen<br />
Material- und Prozessparametern und Qualitätskennzeichen
Real-time release<br />
• Freigabe basierend auf Prozessdaten<br />
– Etabliertes Beispiel: Mit validiertem Verfahren hitzesterilisiertes<br />
Endprodukt (seit 1985 in USA)<br />
• Sinnvolle Kombination von Rohstoff- und Prozesskontrollen<br />
• Qualität muss Endproduktfreigabe entsprechen oder besser sein<br />
• Zulassungspflichtig<br />
Voraussetzung sind:<br />
• Prozessverständnis<br />
• Steuerungsstrategien<br />
• unmittelbare Vermessung (in-, on-, oder at-line) kritscher Parameter<br />
• wissenschaftlich fundierte Risikoanalyse
Chancen von <strong>ICH</strong> Q 8<br />
– Risikobasierte Zulassungsentscheidungen<br />
– Prozessverbesserung innerhalb des zugelassenen Design Space<br />
nach der Zulassung erleichtert<br />
– Zulässigkeit flexibler Ansatzgrößen bei schwankenden Bedarf<br />
(kleine Nischenprodukte, Orphan Drugs, Pandemien,<br />
Naturkatastrophen usw.)<br />
– Reduktion von Änderungsanzeigen nach der Zulassung<br />
– Qualitätssteuerung während des Prozesses<br />
(„real-time quality control“)<br />
– Reduktion von Endkontrollen <strong>zur</strong> Produktfreigabe