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STF na Mídia - MyClipp

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Von Marti<strong>na</strong> Scherf<br />

Süddeutsche Zeitung/ ­- Politik, Qua, 18 de Abril de 2012<br />

CLIPPING INTERNACIONAL (Verfassungsgericht)<br />

Wie die katholische Kirche eine<br />

Professorin verhinderte<br />

Sie bewarb sich auf den Lehrstuhl für Praktische<br />

Philosophie an der Universität Erlangen und wurde<br />

abgelehnt. Ulla Wessels glaubt, den Grund zu kennen:<br />

Sie ist keine Katholikin. Jetzt zieht sie vor das<br />

Bundesverfassungsgericht. Und sie ist nicht die<br />

einzige, die sich gegen den Pakt zwischen Kirche und<br />

Staat zur Wehr setzt.<br />

Diese Frau will es wissen. Sie will endlich Klarheit in<br />

ein undurchsichtiges Verfahren bringen und geht dafür<br />

durch alle Instanzen. Vor fünf Jahren hat sich Ulla<br />

Wessels auf den Lehrstuhl für Praktische Philosophie<br />

an der Universität Erlangen beworben und wurde<br />

abgelehnt ­- weil sie keine Katholikin ist, meint sie.<br />

Denn die Stelle gehört zu einem Konkordatslehrstuhl:<br />

Der wird vom Staat fi<strong>na</strong>nziert, über seine Besetzung<br />

bestimmt aber letztlich der Bischof. 21 solcher wohlgemerkt nicht­-theologischer ­- Lehrstühle gibt es<br />

noch in Bayern, in Philosophie, Pädagogik und<br />

Gesellschaftswissenschaften. Und weil die Philosophin<br />

dies im 21. Jahrhundert für einen "Skandal" hält, zieht<br />

sie nun vor das Bundesverfassungsgericht.<br />

Ulla Wessels lehrt an der Universität des Saarlandes in<br />

Saarbrücken. Ihre Dissertation hat sie über den<br />

Paragraphen 218, der den Schwangerschaftsabbruch<br />

regelt, geschrieben. Sie ist Mitglied der<br />

Giordano­-Bruno­-Stiftung für Humanismus und<br />

Aufklärung und konzentriert sich in ihrer Forschung auf<br />

die Ethik und praktische Vernunft.<br />

Dass sie mit diesem Steckbrief das "nihil obstat", also<br />

die Zustimmung des Bamberger Bischofs, erhalten<br />

würde, war unwahrscheinlich. Doch mit ihr haben sich<br />

damals viele weitere nicht­-katholische Philosophen auf<br />

die Stelle beworben. Einige haben ebenso wie die<br />

Saarbrückerin gegen die Ablehnung geklagt.<br />

Zwar hatte die Universität zunächst rein fachliche<br />

Gründe ins Feld geführt. Doch dann tauchte ein Brief<br />

an mehrere Bewerber auf, in dem nicht nur <strong>na</strong>ch der<br />

Liste der bisherigen Publikationen, sondern auch <strong>na</strong>ch<br />

der Konfession gefragt wurde. Daraufhin hatte das<br />

Verwaltungsgericht Ansbach das<br />

Bewerbungsverfahren gestoppt. Eine<br />

Wiederzulassung der Klage lehnten die Richter<br />

dennoch ab ­- ein solcher Formfehler passiere beim<br />

nächsten Mal nicht mehr.<br />

Für Ulla Wessels und ihren Anwalt Rainer Roth ist das<br />

undurchsichtige Verfahren ein klarer Fall fürs<br />

Verfassungsgericht in Karlsruhe: Die bayerische<br />

Vergabepraxis von Konkordatslehrstühlen verstoße<br />

gegen Artikel 33 des Grundgesetzes.<br />

Darin heißt es: "Der Genuss bürgerlicher und<br />

staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu<br />

öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste<br />

erworbenen Rechte sind u<strong>na</strong>bhängig von dem<br />

religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner<br />

Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem<br />

Bekenntnis oder einer Weltanschauung ein Nachteil<br />

erwachsen."<br />

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