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Frankfurter Allgemeine Zeitung/ - Politik, Ter, 17 de Abril de 2012<br />
CLIPPING INTERNACIONAL (Europäischen Gerichtshof )<br />
Kriegserklärung des Innenministers<br />
Bundesinnenminister Friedrich hat den Gesetzentwurf<br />
von Justizministerin Leutheusser-Sch<strong>na</strong>rrenberger zur<br />
Vorratsdatenspeicherung in der Luft zerrissen. Nun<br />
drängt die Zeit. Was tun?<br />
Von Peter Carstens, Berlin<br />
Bundes-Innenminister Friedrich (CSU) hat den<br />
Gesetzentwurf von Justizministerin<br />
Leutheusser-Sch<strong>na</strong>rrenberger (FDP) zur<br />
Vorratsdatenspeicherung rundweg abgelehnt. Nach<br />
dem Vorschlag der Ministerin soll die Verwendung von<br />
Handy- und Computerverbindungsdaten nur noch<br />
<strong>na</strong>ch dem „Quick-Freeze“-Verfahren möglich sein. Die<br />
Speicherfrist für diese Daten bei den privaten<br />
Anbietern will sie auf wenige Tage begrenzen.<br />
Frau Leutheusser-Sch<strong>na</strong>rrenberger wollte ihren<br />
Gesetzentwurf dem Kabinett vorlegen und damit zum<br />
Ablauf eines Ultimatums der EU-Kommission<br />
sig<strong>na</strong>lisieren, dass Deutschland sich um die<br />
Umsetzung der EU-Richtlinie zur<br />
Vorratsdatenspeicherung bemühe. Sollte die Brüsseler<br />
Forderung nicht bis zum 22. April 2012 erfüllt werden,<br />
droht Deutschland ein Vertragsverletzungsverfahren<br />
vor dem Europäischen Gerichtshof; im Falle einer<br />
Verurteilung auch eine Geldstrafe. Solche Verfahren<br />
sind für die betroffenen Regierungen unerfreulich, aber<br />
keine Seltenheit, auch nicht für Deutschland.<br />
Keine Korrektur, sondern eine Kriegserklärung<br />
Nachdem die abermalige Brüsseler Aufforderung in<br />
Berlin eingetroffen war, versprachen die<br />
Koalitionspartner ei<strong>na</strong>nder, noch einmal gemeinsam<br />
<strong>na</strong>ch einer Lösung zu suchen. Dazu sollte auch<br />
gehören, dass das Innenministerium (BMI) nunmehr<br />
zu dem Gesetzentwurf der Ministerin Stellung nimmt,<br />
der ihm erstmals Mitte 2011 zugeschickt worden war.<br />
Eine weitgehend korrigierte Fassung, die nun im<br />
Justizministerium angekommen ist, entspricht einer<br />
politischen Kriegserklärung. In einem Schreiben, das<br />
dieser Zeitung vorliegt, bescheinigt das<br />
Innenministerium dem Justizministerium eine ziemlich<br />
vollständige Unfähigkeit, den Anforderungen aus<br />
Brüssel, Karlsruhe und der Union gerecht zu werden.<br />
„Ich stelle fest, dass der übersandte Entwurf nicht<br />
geeignet ist, die Richtlinie 2006/24/EG umzusetzen<br />
und damit das laufende Vertragsverletzungsverfahren<br />
gegen Deutschland abzuwenden,“ schreibt der<br />
zuständige Beamte und moniert: „Auch werden die<br />
Vorgaben aus dem Urteil des<br />
Bundesverfassungsgerichts vom 2. März 2010 nur<br />
teilweise umgesetzt“.<br />
Belehrungen in patzigem Tonfall<br />
Deshalb, so das Schreiben, stimme das<br />
Bundesministerium des Innern „der Kabinettbefassung<br />
nur unter der Maßgabe zu, dass die aus der Anlage<br />
ersichtlichen Änderungen übernommen werden“. Die<br />
Änderungen, die dann seitenlang eingefügt sind,<br />
beginnen bereits mit der Überschrift, wo die<br />
Formulierung „Sicherung von Verkehrsdaten“ durch<br />
„Speicherung von Verkehrsdaten“ ersetzt wird. Die<br />
Präambel des Justizministeriums wird gelöscht mit der<br />
patzigen Bemerkung: „Derartige historische<br />
Ausführungen passen nicht in das Vorblatt eines<br />
amtlichen Gesetzentwurfs“. Im gleichen Ton fährt das<br />
Innenministerium fort. Inhaltlich entsprechen seinen<br />
Änderungswünsche ziemlich weitgehend der<br />
Gesetzgebung vor dem Urteil des<br />
Bundesverfassungsgerichts.<br />
Provokation und Reaktion<br />
Insbesondere besteht Friedrich auf eine Speicherfrist<br />
von sechs Mo<strong>na</strong>ten, <strong>na</strong>chdem Innenpolitiker der Union<br />
noch im vergangenen September erklärt hatten, sie<br />
könnten auch mit einer auf drei Mo<strong>na</strong>te verkürzten<br />
Speicherfrist leben. Der Gesetzentwurf hingegen sieht<br />
sieben Tage vor. Das wiederum empfindet das<br />
Innenministerium als Provokation. Nach seinem Willen<br />
soll auch der Verfassungsschutz künftig auf die<br />
Vorratsdaten zugreifen, denn die Kenntnis des<br />
Kommunikationsverhaltens sei „für die Aufklärung von<br />
Taten extremistischer oder terroristischer<br />
Vereinigungen“ sehr nützlich.<br />
Das Justizministerium bemühte sich am Dienstag<br />
darum, zumindest äußerlich die Form zu wahren. Es<br />
sei „mehr als bedauerlich, dass sich das BMI nicht<br />
ernsthaft mit der Alter<strong>na</strong>tive der anlassbezogenen<br />
Sicherung von Verkehrsdaten beschäftigt hat“, teilte ihr<br />
Sprecher mit. Das Innenministerium ließ verlautbaren,<br />
man habe „mehrere konkrete und konstruktive<br />
Änderungswünsche übersandt“. In dieser Woche noch<br />
wollen sich die beiden Minister treffen. Da<strong>na</strong>ch fährt<br />
die Justizministerin zum FDP-Parteitag. Friedrich sagte<br />
am Dienstag, er sei überzeugt, dass Frau<br />
Leutheusser-Sch<strong>na</strong>rrenberger „sehr bald“ einlenken<br />
werde.<br />
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