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STF na Mídia - MyClipp

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Das Stück <strong>na</strong>mens Vorratsdatenspeicherung schwankt<br />

zwischen Posse und Tragödie. Gespeichert wird<br />

vorerst der Streit darum ­- wer weiß, wann die Koalition<br />

wieder einen brauchen kann.<br />

Von Reinhard Müller<br />

In dem Stück mit dem Titel „Vorratsdatenspeicherung“<br />

wird alles geboten: Der Dauerstreit zwischen<br />

Bürgerrechtlern, die schon bei jeder Kartenzahlung<br />

den Eishauch totalitärer Überwachung spüren, und<br />

den Sicherheitspolitikern, die am liebsten auch von<br />

jedem Lurch vorsorglich eine DNA­-Probe nehmen<br />

wollen ­- man weiß ja nie. Man findet die <strong>na</strong>ch<br />

zündenden Themen suchende FDP, wie die aus<br />

Prinzip opponierende Union ­- man hat ja schließlich<br />

einen Koalitionsvertrag geschlossen.<br />

Nicht fehlen darf auch das Dauer­-Ressentiment<br />

gegenüber Brüssel, obwohl die einschlägige Richtlinie<br />

von allen Staaten gemeinsam beschlossen wurde.<br />

Und man hört das Raunen, wie eine EU­-Kommissarin<br />

dazu gebracht wurde, die Bundesregierung an ihre<br />

Pflichten zu erinnern. Selbst Sprachpfleger kommen<br />

noch auf ihre Kosten; schließlich hat die politische<br />

Debatte wieder einmal ein sprachliches Ungetüm<br />

hervorgebracht.<br />

Mittelweg zwischen Bedrohung und Beeinträchtigung<br />

Davon abgesehen, ist die Vorratsdatenspeicherung<br />

kein Monster. Telekommunikationsunternehmen<br />

speichern die Verbindungsdaten (nur darum geht es)<br />

ohnehin ­- mal kürzer, mal länger. Der Streit geht seit<br />

Jahren nur darum, wann und warum der Staat auf<br />

diese Daten zugreifen kann. Nach den Anschlägen<br />

vom 11. September 2001 hat sich auch diese Frage<br />

gestellt. Gewiss: Mit dieser Zäsur ging nicht nur eine<br />

neuartige Bedrohung einher. Unter dem Banner des<br />

angeblichen „Kriegs gegen den Terror“ gab es auch<br />

Manipulationen und Übertreibungen. Die Wunschlisten<br />

der Sicherheitsbehörden konnten nicht lang genug<br />

sein. Und noch immer gilt: Der Trend geht hin zur<br />

Prävention.<br />

Warum? Die große, freie, elektronische Welt ist auch<br />

Schauplatz und Instrument von Verbrechen. Manche<br />

Delikte werden nur elektronisch begangen. Dass auf<br />

diesem Feld rechtsfreie Räume entstehen, kann kein<br />

Rechtsstaat zulassen, weil er Leben, Leib und Freiheit<br />

des einzelnen zu schützen hat. Richtig ist:<br />

Sicherheitsmaß<strong>na</strong>hmen beschränken die Freiheit<br />

vieler. Es kommt darauf an, zwischen Bedrohung und<br />

Beeinträchtigung die goldene Mitte zu finden.<br />

Frankfurter Allgemeine Zeitung/ ­- Politik, Ter, 17 de Abril de 2012<br />

CLIPPING INTERNACIONAL (Europäischen Gerichtshof )<br />

Bedrohliches Gefühl<br />

Mehr als nur ein Gefühl<br />

Das Bundesverfassungsgericht hält den Zugriff des<br />

Staates auf Verbindungsdaten für einen<br />

schwerwiegenden Eingriff in die Grundrechte. Der<br />

Erste Se<strong>na</strong>t entdeckte eine „Streubreite, wie sie die<br />

Rechtsordnung bisher nicht kennt“. Vor allem müsse<br />

jenem „diffus bedrohlichen Gefühl des<br />

Beobachtetseins“ begegnet werden. Das klingt ­- auch<br />

wenn die Verfassungsrichter die<br />

Vorratsdatenspeicherung nicht für generell unzulässig<br />

halten ­- schon sehr <strong>na</strong>ch Überwachungsstaat. Dessen<br />

Abwehr gehört für Karlsruhe zur deutschen Identität.<br />

Es wird aber auch umgekehrt ein Schuh draus: Wenn<br />

schwere Straftaten nicht mehr verhindert oder verfolgt<br />

werden können, weil Verbindungsdaten nicht<br />

zugänglich oder gelöscht sind, dann entsteht mehr als<br />

ein „diffus bedrohliches Gefühl“, und zwar nicht nur<br />

des „Beobachtetseins“.<br />

Verpflichtung gegenüber den eigenen Bürgern<br />

Immerhin hat die von den vehementen Gegnern der<br />

Vorratsdatenspeicherung sonst so gern beschworene<br />

europäische Rechtsgemeinschaft dieses Instrument<br />

nicht verworfen. Das ist der Grund, warum<br />

ausgerechnet jene EU­-Kommission, die sich auf dem<br />

Feld des Datenschutzes von niemandem übertreffen<br />

lassen will, der Bundesregierung eine Frist bis zum<br />

Ende dieser Woche gesetzt hat, um die Richtlinie<br />

endlich in deutsches Recht zu überführen.<br />

Dass die Richtlinie noch vor dem Europäischen<br />

Gerichtshof bestehen muss, tut erst einmal nichts zur<br />

Sache. Deutschland muss dem europäischen Recht<br />

grundgesetzkonform Geltung verschaffen ­- eine<br />

Verpflichtung im Übrigen, die ganz u<strong>na</strong>bhängig von<br />

Brüsseler Fristen vor allem gegenüber den eigenen<br />

Bürgern besteht.<br />

Datenspeicherung unterliegt dem Zufall<br />

Eine Anordnung, Daten ohne Anlass zu speichern,<br />

wäre freilich nicht nur überflüssig, sondern<br />

rechtswidrig, wenn sie untauglich wäre. Doch dass die<br />

Vorratsdatenspeicherung nicht wirksam wäre, ergibt<br />

sich weder aus den Erfahrungen anderer Länder noch<br />

aus wissenschaftlichen Gutachten. Die von<br />

Bundesjustizministerin Leutheusser­-Sch<strong>na</strong>rrenberger<br />

(FDP) bevorzugte Regelung, nur die<br />

Kommunikationsdaten Verdächtiger einzufrieren, taugt<br />

in vielen Fällen nicht.<br />

Davon abgesehen setzt die soge<strong>na</strong>nnte<br />

200

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