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Von Susanne Höll, Berlin<br />
Süddeutsche Zeitung/ - Politik, Dom, 15 de Abril de 2012<br />
CLIPPING INTERNACIONAL (Verfassungsgericht)<br />
Abgeordnete wehren sich gegen<br />
Maulkorb<br />
In den Fraktionen regt sich Widerstand: Viele<br />
Bundestagsabgeordnete wollen die geplante<br />
Einschränkung des Rederechts im Plenum nicht<br />
akzeptieren. Union, FDP und SPD müssen mit<br />
Einsprüchen gegen die Novelle rechnen, die sie gegen<br />
den Willen von Grünen und Linkspartei durchsetzen<br />
wollen. Peter Gauweiler erwägt indes schon den Gang<br />
vor das Bundesverfassungsgericht.<br />
Die geplante Einschränkung des Rederechts von<br />
Bundestagsabgeordneten im Plenum gerät ins<br />
Wackeln. Union, FDP und SPD müssen schon in<br />
dieser Woche mit Widerstand in ihren Fraktionen<br />
gegen die Novelle rechnen, die sie gegen den Willen<br />
von Grünen und Linkspartei Ende April im Bundestag<br />
durchsetzen wollen. Insbesondere in der SPD rührt<br />
sich massive Kritik an der Neuregelung, die womöglich<br />
sogar vom Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe<br />
entschieden werden muss.<br />
Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse,<br />
Ex-Fi<strong>na</strong>nzminister Peer Steinbrück, aber auch andere<br />
<strong>na</strong>mhafte Parlamentarier ließen erkennen, dass sie mit<br />
einer Einschränkung des Rederechts auch für<br />
soge<strong>na</strong>nnte Abweichler nicht einverstanden sind.<br />
Thierse lehnte strikte Vorgaben für die Freiheiten des<br />
Bundestagspräsidenten bei der Vergabe von<br />
Redezeiten ab. Steinbrück sagte am Rande einer<br />
Parteiveranstaltung in Münster, man dürfe<br />
insbesondere mit Blick auf die Popularität der<br />
Piratenpartei nicht den Eindruck erwecken, "es solle<br />
das Rederecht im Bundestag für andere, unbequeme<br />
Meinungen eingeschränkt werden".<br />
Der Berliner SPD-Bundestagsabgeordnete Swen<br />
Schulz sagte der Süddeutschen Zeitung, er könne<br />
diese Einschränkungen nicht akzeptieren: "Ich werde<br />
diesem Vorschlag nicht zustimmen, und ich gehe<br />
davon aus, dass andere in der Fraktion es ge<strong>na</strong>uso<br />
sehen. Dieser Drops ist noch nicht gelutscht."<br />
Der SPD-Vizefraktionsvorsitzende Axel Schäfer<br />
brachte für den Fall größeren Widerstandes eine<br />
Verschiebung der Abstimmung ins Spiel, die bislang<br />
für den 26. April geplant ist. Zwar halte er die<br />
angestrebte Regelung nicht für "das Ende der<br />
Demokratie". Es handele sich im wesentlichen um eine<br />
Verkürzung des Rederechts bei persönlichen<br />
Erklärungen von bislang fünf auf drei Minuten. "Aber<br />
wir stehen nicht unter Zeitdruck", sagte Schäfer und<br />
fügte hinzu, eine Klage gegen diese Regelung in<br />
Karlsruhe müsse verhindert werden.<br />
Der CSU-Bundestagsabgeordnete Peter Gauweiler hat<br />
bereits angekündigt, bei einer Beschneidung der<br />
Rederechte vor das Verfassungsgericht zu ziehen.<br />
Auch Vizebundestagspräsidentin Petra Pau von der<br />
Linkspartei sprach sich dafür aus, eine solche<br />
Regelung in Karlsruhe prüfen zu lassen, falls der<br />
Bundestag die Novelle beschließen sollte.<br />
Neben Thierse und Pau lehnten auch zwei weitere<br />
Vizebundestagspräsidenten die Neuregelung ab, die<br />
Union, FDP und SPD im<br />
Geschäftsordnungsausschuss des Bundestages<br />
durchgesetzt hatten. Hermann Otto Solms von der<br />
FDP sagte, er sehe keine ausreichende Begründung<br />
für diese Einschränkung der Rechte von<br />
Abgeordneten, "die <strong>na</strong>ch dem Grundgesetz nur ihrem<br />
Gewissen verpflichtet sind".<br />
Seine Kollegin Katrin Göring-Eckardt von den Grünen<br />
sagte, damit würden die Rechte von Abgeordneten<br />
beschnitten, aber auch alle Möglichkeiten, die<br />
Debatten im Bundestag lebhafter zu gestalten, indem<br />
man auch denen das Wort erteile, die anderer<br />
Meinung seien als die Fraktionsmehrheit. Das gelte<br />
insbesondere dann, "wenn man nicht will, dass Politik<br />
in Talk-Shows, sondern im Bundestag interessant<br />
debattiert wird", sagte die Grünen-Politikerin. Sie wies<br />
auch darauf hin, dass jeder Bundestagspräsident<br />
Redeerlaubnisse sorgsam handhabe.<br />
Auch Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU)<br />
gilt als Gegner einer Einschränkung. An seiner<br />
Entscheidung, zwei Kritikern aus CDU und FDP bei<br />
der Debatte über die Euro-Rettung das Wort zu<br />
erteilen, hatte die Fraktionsführungen verärgert und zu<br />
der Novelle veranlasst. Abgeordnete, die nicht als<br />
Redner von ihren Fraktionen aufgestellt sind, sollen<br />
künftig nur in Aus<strong>na</strong>hmefällen und nur <strong>na</strong>ch<br />
Rücksprache mit den Fraktionen im Plenum für drei<br />
Minuten sprechen dürfen. Die Befürworter der<br />
Regelung argumentieren, das sei angesichts der<br />
k<strong>na</strong>ppen Zeit für Bundestagsberatungen notwendig.<br />
Auch dürften Abweichler nicht mit der Aussicht auf<br />
Sonderauftritte ermutigt werden.<br />
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