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Frankfurter Allgemeine Zeitung/ - Politik, Dom, 15 de Abril de 2012<br />
CLIPPING INTERNACIONAL (Verfassungsgericht)<br />
Locker bleiben, gut aussehen<br />
Unter allen Spitzenkandidaten in Schleswig-Holstein<br />
ist der Liberale der bekannteste: Wolfgang Kubicki soll<br />
nicht weniger als die ganze FDP retten. Vor zwölf<br />
Jahren gelang ihm das schon einmal.<br />
Von Frank Pergande, Norderstedt<br />
Wolfgang Kubicki gibt eine Currywurst aus für seine<br />
Wahlkampfbegleitung, auch ein paar Jour<strong>na</strong>listen<br />
gehören zu den Glücklichen. Es ist - kaum zu glauben<br />
- fünf Minuten vor 12 Uhr. Der Magen dürfte dem<br />
FDP-Spitzenkandidaten im Landtagswahlkampf von<br />
Schleswig-Holstein zu dieser Uhrzeit noch nicht<br />
knurren, und erkennbar schmeckt ihm dann die rote<br />
Wurst auf dem Pappteller nicht. Auch muss er beim<br />
Essen auf Anzug und Krawatte aufpassen. Aber die<br />
Gelegenheit ist zu günstig. Er kann am Stehtisch ein<br />
paar Botschaften loswerden. Und dem Ort dafür<br />
mangelt es nicht an Symbolgehalt. „Franki’s<br />
Bratwurst“-Stand auf dem Wochenmarkt in Norderstedt<br />
erstreckt sich nämlich über zwei Bundesländer, halb<br />
Schleswig-Holstein, halb Hamburg, jedenfalls über<br />
Schleswig-Holstein hi<strong>na</strong>us.<br />
Der Wochenmarkt gilt als der einzige<br />
länderübergreifende. So erzählen es jedenfalls die<br />
Einheimischen. Kubicki also, zufällig dabei in Hamburg<br />
stehend, legt los über die schleswig-holsteinische<br />
Landespolitik. Die FDP habe die CDU in der Kieler<br />
Koalition zur Schuldenbremse und damit zu einer<br />
Umkehr in der Haushaltspolitik gedrängt. Die FDP<br />
wisse ge<strong>na</strong>u, was bis 2020 zu tun sei. Die anderen<br />
Parteien wüssten es nicht. Der öffentliche Dienst im<br />
Land begreife dank der FDP langsam, dass eine<br />
bessere Wirtschaftspolitik mehr Steuerein<strong>na</strong>hmen<br />
bringe und damit mehr berufliche Sicherheit auch für<br />
die Landesbediensteten.<br />
Drei Schwerpunkte müsse die künftige Landespolitik<br />
haben: die Bildungschancen der jungen Leute<br />
erhöhen, die „Energiewende“ vor allem als<br />
Netzausbau begreifen und der weitere Ausbau des<br />
Straßennetzes, vor allem der Weiterbau der Autobahn<br />
20: „Mecklenburg-Vorpommern hat seinen<br />
Autobahnteil bis fast <strong>na</strong>ch Polen längst übergeben, wir<br />
haben in zwanzig Jahren gerade mal 27 Kilometer<br />
geschafft.“ Und wenn der Netzausbau nicht als<br />
Hauptaufgabe verstanden werde, könne<br />
Schleswig-Holstein zwar jede Menge Strom<br />
produzieren, werde ihn aber nicht los. „Den können wir<br />
dann in die Ostsee schicken.“<br />
Dass die Partei im Überlebenskampf steckt, wird nicht<br />
erwähnt<br />
Wolfgang Kubicki liebt die Pointe. Und wenn sein<br />
Publikum lacht, freut er sich mit einem breiten Grinsen.<br />
Die Lachfältchen an seinen Augen sind dauernd in<br />
Bewegung. Mit Peer Steinbrück, erzählt er launig<br />
weiter, habe er studiert. „Aber der hat sein Leben<br />
verhauen und ist zur SPD gegangen.“ Das Publikum<br />
lacht, Kubicki grinst. Der Spitzenkandidat<br />
schwadroniert über seine U<strong>na</strong>bhängigkeit. Er habe<br />
seine Arbeit als Anwalt, die könne er nicht eben mal<br />
vier, fünf Jahre ruhen lassen. Deswegen sei er auch<br />
nicht Minister geworden, als 2009 CDU und FDP ein<br />
Bündnis eingingen.<br />
An dieser Currywurststelle angelangt, zielt denn doch<br />
mal eine Frage wie ein Pfeil auf ihn: „Aber Sie haben<br />
doch erklärt, <strong>na</strong>ch der Wahl Fi<strong>na</strong>nzminister sein zu<br />
wollen?“ Kubicki braucht einen Augenblick, ehe auch<br />
da die Pointe aufleuchtet: „In fünf Jahren bin ich 65<br />
Jahre alt. Für einen Rentner spielt das alles keine<br />
Rolle mehr.“<br />
Dieses Grinsen. Die Leute auf dem Markt erkennen<br />
ihn: „Das ist doch der Kubicki.“ Einer sagt: „Der macht<br />
doch nur Wahlpropaganda.“ Eine Frau tritt an ihn<br />
heran: „Sie sind doch der Beste.“ Kubicki verteilt<br />
Handküsse an die Damen. Er würde zwar nicht einfach<br />
so auf die Leute zugehen, aber wenn diese schon<br />
stehenbleiben, ist er sogleich bei ihnen - und bestens<br />
im Bilde, um ein Gespräch zu führen. Seine<br />
Parteifreunde haben ihn gut vorbereitet auf die<br />
Probleme, über die man sich im eigentlich so<br />
prosperierenden Norderstedt sehr erregt: dass durch<br />
die Baustelle mitten in der Stadt die Zufahrt zum<br />
Einkaufszentrum Schmuggelstieg immer schwieriger<br />
wird und dass der Ochsenzoll, die Hauptstraße, auf<br />
der Holsteiner Seite vierspurig ausgebaut wird, in<br />
Hamburg aber hinter der Kreuzung einspurig bleibt.<br />
Kubicki findet es witzig, dass ein Liberaler wie er<br />
ausgerechnet auf dem Schmuggelstieg Wahlkampf<br />
macht. Wieder sein Grinsen.<br />
Ob es am Wahltag, dem 6. Mai, zum Wiedereinzug in<br />
den Landtag reicht, ist ungewiss. Während er noch mit<br />
den Leuten parliert, kommt gerade die neue Umfrage<br />
auf die Mobiltelefone seiner Umgebung: vier Prozent<br />
für die FDP. Dabei hatte Kubicki bei seiner<br />
Spitzenkandidatenwahl im Januar versprochen, die<br />
Partei werde fortan Mo<strong>na</strong>t für Mo<strong>na</strong>t einen<br />
Prozentpunkt hinzugewinnen. Aber es ist wie immer:<br />
Der Spitzenkandidat verspricht viel, hat schon immer<br />
viel versprochen, muss aber kein Versprechen halten.<br />
Auch in Norderstedt verbreitet der blendend<br />
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