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Süddeutsche Zeitung/ - Politik, Qui, 29 de Março de 2012<br />
CLIPPING INTERNACIONAL (Supreme Court)<br />
Obamas Gesundheitsreform in Gefahr<br />
Von Reymer Klüver, Washington<br />
Barack Obamas wichtigstes Reformvorhaben droht zu<br />
scheitern: Die konservativen Richter am Obersten<br />
Gerichtshof der USA stehen einer<br />
Krankenversicherungspflicht sehr skeptisch<br />
gegenüber. Es geht um die Frage, wie stark der Staat<br />
in die Freiheit des Einzelnen eingreifen darf.<br />
In der entscheidenden Anhörung zur<br />
Verfassungsmäßigkeit der Gesundheitsreform von<br />
Präsident Barack Obama haben die konservativen<br />
Richter am Supreme Court der USA deutliche<br />
Skepsis erkennen lassen. Sie überhäuften den<br />
Vertreter des Weißen Hauses, Rechtsbeistand Do<strong>na</strong>ld<br />
Verrilli, mit kritischen Fragen zur Einführung einer<br />
Krankenversicherungspflicht für alle Amerikaner, wie<br />
sie die Gesundheitsreform vorsieht.<br />
"Wenn die Bundesregierung das machen kann, was<br />
kann sie dann noch alles machen?", fragte Richter<br />
Antonin Scalia und fasste so die Zweifel seiner<br />
Kollegen zusammen. Damit ist höchst fraglich, ob das<br />
Reformwerk die Billigung des Obersten Gerichtshofs<br />
der USA finden wird.<br />
40 bis 50 Millionen Amerikaner ohne<br />
Krankenversicherung<br />
Im Kern geht es in der Ausei<strong>na</strong>ndersetzung nicht<br />
darum, ob die Krankenversicherungspflicht<br />
wünschenswert wäre, um den schätzungsweise 40 bis<br />
50 Millionen Amerikanern ohne Krankenversicherung<br />
einen Schutz im Krankheitsfall zu verschaffen. Es geht<br />
vielmehr um die Grenzen für staatliche Eingriffe in die<br />
Freiheit des Einzelnen - konkret um die Frage, ob der<br />
Bund in den USA die Bürger zwingen darf, eine private<br />
Krankenversicherung abzuschließen.<br />
Am Obersten Gerichtshof offenbarte sich indes die<br />
scharfe Polarisierung entlang der Parteigrenzen, die<br />
das Land in dieser Frage seit Jahren kennzeichnet. In<br />
dem neunköpfigen Gremium werden fünf Richter dem<br />
konservativen Flügel zugeordnet. Sie wurden von<br />
republikanischen Präsidenten berufen. Vier gelten<br />
hingegen als liberal; demokratische Präsidenten hatten<br />
sie nominiert.<br />
Der Supreme Court dürfte seine Entscheidung zur<br />
Gesundheitsreform Ende Juni bekanntgeben, kurz vor<br />
Beginn der heißen Phase des<br />
Präsidentschaftswahlkampfs. Die Gesundheitsreform<br />
ist das wichtigste Reformvorhaben des Präsidenten,<br />
das er nur mit Hilfe eines politischen Kraftakts 2010<br />
durch den Kongress gebracht hatte. Sie ist in der<br />
US-Bevölkerung nicht gerade beliebt. In Umfragen<br />
bewertet sie nur eine äußerst k<strong>na</strong>ppe Mehrheit als<br />
positiv. Die Pflicht zur Krankenversicherung wird sogar<br />
von einer breiten Mehrheit der Amerikaner abgelehnt.<br />
Darf man die Bürger zwingen?<br />
Die juristische Streitfrage betrifft eine Passage in der<br />
amerikanischen Verfassung, die im Laufe der<br />
US-Geschichte wiederholt im Zentrum grundsätzlicher<br />
juristischer Ausei<strong>na</strong>ndersetzungen stand: die<br />
soge<strong>na</strong>nnte commerce clause. Sie gibt Washington<br />
das Recht, wirtschaftliche Aktivitäten per Gesetz zu<br />
regeln, die über einen einzelnen Bundesstaat<br />
hi<strong>na</strong>usgehen. Das sei bei Krankenversicherungen<br />
eindeutig der Fall, so Verrilli, Rechtsbeistand der<br />
Regierung. Die konservativen Richter waren davon<br />
nicht überzeugt. Washington schaffe erst eine<br />
wirtschaftliche Aktivität, indem es die Bürger zum<br />
Abschluss einer privaten Versicherung zwinge, sagte<br />
Anthony Kennedy. "Kann man wirtschaftliche Aktivität<br />
erzeugen, nur um sie dann gesetzlich regeln zu<br />
können?", fragte er pointiert.<br />
Kennedy galt vor der Anhörung als einer von zwei der<br />
konservativen Richter, die am Ende der Reform unter<br />
Umständen zustimmen könnten. Auch der andere, der<br />
Vorsitzende Richter des Supreme Court, John<br />
Roberts, äußerte starke Vorbehalte. Wenn das Gericht<br />
dem Staat erlaube, die Amerikaner zum Abschluss<br />
einer Krankenversicherung zu zwingen, "wäre alles<br />
möglich". Denkbar wäre zum Beispiel die Pflicht für<br />
alle Amerikaner, ein Handy zu kaufen, merkte er<br />
sarkastisch an.<br />
Der Rechtsvertreter der Bundesregierung war bemüht,<br />
diese Befürchtungen zu zerstreuen. Die Frage der<br />
Krankenversicherung sei "einmalig", weil sie alle<br />
Amerikaner betreffe und so enorme wirtschaftliche<br />
Konsequenzen habe, sagte Verrilli. Richter Kennedy<br />
schien das zu akzeptieren, schränkte aber ein: "Wenn<br />
Sie das Verhältnis des Einzelnen zum Staat in dieser<br />
einmaligen Form ändern, haben Sie da nicht die<br />
schwerwiegende Verpflichtung die verfassungsmäßige<br />
Berechtigung dafür <strong>na</strong>chzuweisen?"<br />
"Katastrophe" für das Weiße Haus<br />
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