16.11.2012 Views

The First Class of Fulbrighters - Fulbright-Kommission

The First Class of Fulbrighters - Fulbright-Kommission

The First Class of Fulbrighters - Fulbright-Kommission

SHOW MORE
SHOW LESS

You also want an ePaper? Increase the reach of your titles

YUMPU automatically turns print PDFs into web optimized ePapers that Google loves.

Das Glück<br />

ausgewählt worden zu sein<br />

von Weddig Fricke<br />

DIE ZEIT ALS FULBRIGHT-STIPENDIAT ist für<br />

mich ein Meilenstein der Erinnerung. Damals war ich 23<br />

Jahre alt mit gerade abgeschlossenem Jurastudium an der<br />

Freiburger Albert-Ludwigs-Universität, heute bin ich 73<br />

und Seniorpartner bei meiner eigenen Anwaltskanzlei Dr.<br />

Fricke & Partner.<br />

Ich berichte – im Rahmen der vorgegebenen Länge des<br />

Erinnerungsbeitrags – nicht eigentlich über meine Studienzeit<br />

in den USA, sondern über einige Vorkommnisse und<br />

Kuriositäten im Zusammenhang mit dem Stipendium, von<br />

denen ich meine, dass sie sich als Besonderheiten speziell<br />

„meines Falles“ darstellen.<br />

Unvergessen ist der Moment, als der AStA-Vorsitzende<br />

mir – es sei mit Verlaub gesagt – auf der Herrentoilette der<br />

Freiburger Mensa, zufällig „neben mir stehend“, zu meiner<br />

Wahl gratulierte. Da hält man vor freudiger Überraschung<br />

„spontan inne“. Ich konnte es nicht fassen, dass von ursprünglich<br />

einmal ca. 400 Bewerbern die Wahl ausgerechnet auf<br />

mich (neben 5 anderen) gefallen war. Dass die juristische<br />

Fakultät – dies war die erste Hürde – mich empfohlen hatte,<br />

war objektiv nicht gerechtfertigt,<br />

denn meine Durchschnittsnoten<br />

waren nur „befriedigend“. Hier muss<br />

wohl ein mir besonders wohlgesonnener<br />

Pr<strong>of</strong>essor seine Hand im<br />

Spiel gehabt haben. Den Sprachtest –<br />

zweite Hürde – hatte ich nur wegen<br />

Übermüdung des amerikanischen<br />

Offiziers, der die Prüfung vornahm,<br />

bestanden: Auf der Schule hatte ich<br />

kein Englisch gehabt. Als ausgesprochene Blamage<br />

schließlich hatte ich – dritte Hürde – meinen Auftritt vor<br />

der Auswahl-<strong>Kommission</strong> empfunden. Jeweils zu dritt wurden<br />

wir (inzwischen waren noch ca. 80 Bewerber im Rennen<br />

geblieben) aufgerufen, um vor einen erlauchten Kreis, bestehend<br />

aus Universitätspr<strong>of</strong>essoren, Vertretern des öffentlichen<br />

Lebens, der Industrie- und Handelskammer, der örtlichen<br />

Angestelltengewerkschaft und des AStA-Vorsitzenden, Rede<br />

und Antwort zu stehen. Während die beiden anderen Kandidaten<br />

rechts und links neben mir sich durch Eloquenz und<br />

Wissen auszeichneten, kam ich mir wie ein Stotterer vor, der<br />

die gestellten Fragen meistens verneinte oder keine Antwort<br />

darauf wusste. Nicht einmal die Frage, ob ich an einem Seminar<br />

über Fragen der Jugendkriminalität teilgenommen<br />

habe, konnte ich bejahen, obwohl ich diese Rechtssparte in<br />

dem Fragebogen als besonderes Interessengebiet vermerkt<br />

hatte. Bis heute weiß ich nicht, was das gestrenge Gremium<br />

bewogen hat, mich den anderen vorzuziehen. Vielleicht hatte<br />

ihnen meine Kühnheit imponiert, dass ich mich überhaupt<br />

Und dann New York.<br />

Die Einfahrt in den Hafen,<br />

als der Morgen dämmerte<br />

und die Sonne aufging: Die<br />

Freiheitsstatue, die Silhouette<br />

der Wolkenkratzer ...<br />

beworben hatte. Oder es war schlichtes Mitleid, das –<br />

verwandelt in Sympathie – einem Hilflosen bekanntlich<br />

<strong>of</strong>t entgegengebracht wird. Diese Vermutung reimt sich<br />

allerdings nicht mit der seinerzeit – Krieg und Naziherrschaft<br />

waren erst seit acht Jahren vorbei – prononciert<br />

herausgestellten Maxime, dass ein <strong>Fulbright</strong>-Stipendiat aus<br />

der Bundesrepublik Deutschland in den USA als ein besonders<br />

würdiger Repräsentant der deutschen Nachkriegsgeneration<br />

in Erscheinung treten müsse.<br />

ZU DEM GLÜCK, überhaupt ausgewählt worden zu<br />

sein, kamen noch zwei weitere Überraschungen: Erstens war<br />

die Universität, der ich zugewiesen wurde, vom Ort und<br />

Klang ihres Namens her die schönste, die man sich erträumen<br />

konnte: USC (University <strong>of</strong> Southern California in Los<br />

Angeles). Die zweite freudige Überraschung war die, dass<br />

ich zu einer Gruppe Stipendiaten gehörte, welche die Schiffsreise<br />

von Genua aus antrat, und zwar auf der legendären<br />

‚Andrea Doria‘. Natürlich war es nur die Touristenklasse, in<br />

der wir untergebracht waren, auf der ‚Andrea Doria‘ aber war<br />

auch die Touristenklasse traumhaft. Und dann New York,<br />

die Einfahrt in den Hafen, als der Mor-<br />

gen dämmerte und anschließend die<br />

Sonne aufging: Die Freiheitsstatue, die<br />

Silhouette der Wolkenkratzer ... Man<br />

kann eine Ankunft von heute nicht im<br />

entferntesten vergleichen mit einer<br />

Ankunft im Jahre 1953.<br />

Ab New York allerdings gab es<br />

dann nicht mehr die Geborgenheit der<br />

Gruppe, nicht mehr die Gemeinsamkeit<br />

des Erlebens. Da war man plötzlich auf sich allein gestellt.<br />

Eine gewisse Beklemmung blieb nicht aus. Die fehlenden<br />

Sprachkenntnisse machten mir zu schaffen. Denn ich wusste<br />

nicht viel mehr, als dass Hotel auf Englisch auch „hotel“<br />

heißt und dass das Wort Bett auf Englisch fast genauso<br />

klingt wie auf Deutsch. Ich kann es – rückblickend – nur<br />

auf die Unbekümmertheit der Jugend zurückführen, dass ich<br />

auf der zweitägigen Besichtigungstour durch New York<br />

doch vollen Genuss empfand, ich beispielsweise im lift des<br />

Empire State Buildings keine Schwierigkeiten hatte und<br />

auch mühelos zum New Yorker Hauptbahnh<strong>of</strong> fand, wo ich<br />

die Fahrkarte nach Los Angeles zu kaufen hatte. Über die<br />

ganz ungewohnten und unglaublichen Entfernungen in<br />

diesem Land machte ich mir keine näheren Gedanken. Ab<br />

Chicago fuhr ich mit dem Pullman-Zug „Baltimore-Ohio“,<br />

die Fahrt bis Los Angeles dauerte drei oder gar vier Tage.<br />

Was mir von dieser Fahrt in amüsanter Erinnerung ist, ist<br />

die Tatsache, dass die Reisenden mitunter über längere Zeit<br />

hinweg, mitunter auch nur für eine halbe Stunde, keine

Hooray! Your file is uploaded and ready to be published.

Saved successfully!

Ooh no, something went wrong!