The First Class of Fulbrighters - Fulbright-Kommission
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mich gewähren, machten mir aber nach der Prüfung klar,<br />
dass sie mein Verhalten verabscheuten und sich dem Ehrensystem<br />
verbunden fühlten, welches ein solches Fehlverhalten<br />
nicht zuließ. Ich schwor dem Spicken ab und war wieder<br />
unter den Ehrbaren.<br />
Noch nie hatte ich an einer Gruppenarbeit teilgenommen,<br />
mir war auch unklar, wie sie bewertet wird. Die<br />
Gruppe, der ich zufiel, hatte die Aufgabe, das verwertbare<br />
Holz eines konkreten Waldbestandes zu ermitteln und<br />
darzustellen. In der gegebenen Zeit und auf Grund der<br />
Technik war diese Arbeit von einem einzelnen nicht zu<br />
bewältigen. Also musste die Gruppe zielsicher bestimmen,<br />
wer welche Arbeiten macht. Zuerst mussten die Daten im<br />
Wald erhoben und anschließend am Tisch ausgewertet und<br />
dargestellt werden. Das ganze lief wie ein Uhrwerk, jeder<br />
musste sich auf den anderen verlassen. Ich habe dieses Verfahren<br />
später immer wieder angewandt, obwohl es <strong>of</strong>fiziell<br />
nicht vorgesehen war.<br />
IN DER KÜRZE UND PRÄGNANZ sind die<br />
Amerikaner nicht zu schlagen. Vielleicht liegt es auch an<br />
der Sprache, oder vielleicht doch an den Beteiligten. Das<br />
Verhalten vor und nach einer Entscheidung war für mich<br />
immer Vorbild. Vor der Entscheidung werden die unterschiedlichen<br />
Argumente vorgetragen und respektiert. Nach<br />
der Entscheidung ordnet sich jeder ein, gleichgültig, ob seine<br />
Vorstellungen durchschlugen oder nicht. Diese Bedenkenträger,<br />
wie man sie hierzulande antrifft, habe ich in den Vereinigten<br />
Staaten in der Häufigkeit nicht bemerkt.<br />
In Corvallis, Oregon gab es am College einen Alpenklub.<br />
Das war genau das richtige für mich. Wir bestiegen<br />
die Vulkanberge der Kaskaden und waren bestens vorbereitet<br />
zum Biwakieren im Freien. Der Schlafsack, den ich mir<br />
damals zulegte, begleitete mich noch weitere zwei<br />
Jahrzehnte auf meinen Reisen und Jagdfahrten. In die Jahre<br />
gekommen und nicht mehr ansehnlich, ging er den Weg<br />
alles Irdischen – nicht ungern gesehen von meiner späteren<br />
Frau. Gelegentlich träume ich noch heute, wie er ohne Zelt<br />
Kälte, Schnee und Regen trotzte. Mit dem Präsidenten des<br />
Alpenklub, Jerry Cone, verband mich eine herzliche Freundschaft.<br />
In den Achtzigern besuchte er mich zweimal in<br />
Deutschland, es war auch ein Treffen in Kalifornien<br />
abgemacht, doch dazu kam es nicht. Spurlos ist er verschwunden,<br />
Nachforschungen von mehreren Seiten verliefen<br />
Dr. Werner Landschütz machte 1953 Abitur. Er studierte 1953 bis 1958<br />
Forstwissenschaft u.a. am Oregon State College in Corvallis und absolvierte zwischendurch<br />
Praktika in den USA, Schweden und Yugoslawien. In 1968 promovierte<br />
Landschütz als Dr. rer. nat. Von 1968 bis 1972 arbeitete er bei der Forstschule Cap<br />
Estérias in Gabun, wo ihn Dienstreisen in die Zentralafrikanische Republik, nach<br />
Kamerun, Elfenbeinküste, Kaukasus, und Südafrika führten. Von 1972-77 war er<br />
bei der Landesforstverwaltung Baden-Württemberg tätig und erstellte E-Hilfe-<br />
Gutachten für Lesotho und Algerien. In Zypern war er von 1977-79 Regierungsberater<br />
der Staatsforstverwaltung und von 1979-98 arbeitete er als Ausbilder am<br />
Forstlichen Ausbildungszentrum Mattenh<strong>of</strong> in Gengenbach u.a. bei der Betreuung von<br />
Algeriern. In 1999 ging er zurück in den USA um einen Vortrag an der Mississippi<br />
State University über Forstwirtschaft in Baden-Württemberg zu halten.<br />
Landschütz (links) mit seinem ehemaligen Austauschlehrer Raymond Lillie<br />
14 15<br />
im Sande. Unerklärlich und bedrückend zugleich.<br />
In Sweethome, Oregon konnte ich, wie schon erwähnt,<br />
im Waldbrandschutz arbeiten. Das ganze bestand aus einem<br />
Hauptquartier mit einem potenten Sender, einer Bodenmannschaft<br />
mit kleinem Lkw sowie mehreren Waldbrandwachtürmen.<br />
Ich war der Bodenmannschaft zugeteilt.<br />
BEMERKENSWERT WAR, dass während der<br />
ganzen Zeit kein Waldbrand zu bekämpfen war außer<br />
einem kleinen Feuer gegen Ende meiner Zeit. Dies nutzte<br />
mein Chef, ein Hüne von Mann, der während des Zweiten<br />
Weltkriegs Bootsmann bei der Amerikanischen Kriegsmarine<br />
im Pazifik war, um mich zu Vorträgen über Deutschland<br />
in diesem kleinen verträumten Provinznest zu bitten.<br />
In den anschließenden Gesprächen wurde die Erschütterung<br />
spürbar, die das geheimnisumwitterte Abtauchen unseres<br />
obersten Verfassungshüters John in Ostberlin auslöste, und<br />
die Befürchtungen, die durch Zeitungsartikel wie „conquerors<br />
conquered by the conquered“ geschürt wurden. Als nun tatsächlich<br />
mal ein Feuer zu löschen war, traf die Bodenmannschaft<br />
mit vier Stunden Verspätung am Brandort ein. Das hatte<br />
Folgen. Die gesamte Bodenmannschaft wurde gefeuert mit<br />
Ausnahme meiner Person. Bis zu meinem regulären Ausscheiden<br />
verbrachte ich noch einige Tage in der Zentrale,<br />
erhielt ein glänzendes Zeugnis und das Angebot, nächstes<br />
Jahr eine besser bezahlte und anspruchsvollere Tätigkeit<br />
mit eigenem Häuschen im Walde und nahegelegenem<br />
Forellenbach auszufüllen. Zum Abschied gab man mir noch<br />
ein kleines Stück Papier mit und machte mich darauf<br />
aufmerksam, es sorgfältig aufzubewahren. Dieses Kärtchen<br />
überstand die Jahrzehnte und bessert meine Rente auf. Was<br />
damals keiner ahnte ist die später eingeführte Regelung,<br />
diesen Betrag von der Pension wieder abzuziehen. So nah<br />
liegt Freud und Leid beisammen.<br />
Bei meiner Rückreise hatte ich reichlich Muße, herrliche<br />
Landschaften und faszinierende Sammlungen anzuschauen.<br />
Doch beschlich mich mit der Zeit auch das Gefühl, dass das<br />
Dasein eines Pr<strong>of</strong>i-Globetrotters gar nicht so leicht sei.<br />
Auch nagte das Heimweh, so dass das Hupen der Schiffssirene<br />
beim Auslaufen aus dem Hafen von New York<br />
Abschied und Aufbruch zugleich war. Ich hätte gerne noch<br />
weiteres vorgetragen, doch meine Zeit ist abgelaufen.