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The First Class of Fulbrighters - Fulbright-Kommission

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Wie das <strong>Fulbright</strong> Stipendium<br />

mein Leben beeinflusste<br />

von Hellmut Golde<br />

DAS JAHR WAR 1953. Ich stand kurz vor dem<br />

Abschluss als Diplom Ingenieur der Elektrotechnik an der<br />

Technischen Hochschule München und wusste nicht so<br />

recht, wie mein Leben weiter gehen sollte. Ich hatte mir<br />

durch Zeitungsverkauf auf den Straßen Münchens das Studium<br />

ermöglicht und sollte mich eigentlich nach einer festen<br />

Arbeit umschauen. Da sah ich einen Anschlag an der TH,<br />

das man sich um ein <strong>Fulbright</strong> Stipendium in den USA<br />

bewerben konnte und ich schickte kurz entschlossen meine<br />

Bewerbung ein. Zunächst kam ich auf die Warteliste, aber<br />

dann klappte es doch: ich bekam ein Reisestipendium und<br />

außerdem eine bezahlte Stelle als Assistent im Mikrowellenlabor<br />

der Stanford University.<br />

Heute klingt das vielleicht seltsam, aber ich hatte<br />

damals nie etwas von dieser Universität gehört, aber Kalifornien<br />

als Aufenthaltsort war doch sehr ansprechend. An<br />

der Universität war mir vieles ungewohnt: Mit Hausarbeiten<br />

und Prüfungen gleich nach Abschluss einer Vorlesung sah<br />

die Universität zunächst wie eine<br />

deutsche Oberschule aus. Auf dem<br />

Campus war Alkoholverbot, die<br />

Geschlechter waren in den Studentenhäusern<br />

streng getrennt, und Studentinnen<br />

mussten abends zu einer<br />

bestimmten Zeit in ihren Studentenheimen sein.<br />

Im Mikrowellenlabor lernte ich schnell sehr viel, und<br />

schloss dort meine ersten Freundschaften. Auch der Cosmopolitan<br />

Club, in dem sich amerikanische und ausländische<br />

Studenten trafen, half mir beim Einleben in Stanford. Mit<br />

anderen ausländischen Studenten machte ich mehrere Reisen<br />

im Westen der USA und schloss auch viele Freundschaften<br />

in meinem Wohnheim.<br />

Obwohl mein Aufenthalt für ein Jahr geplant war, konnte<br />

ich meine Assistentenstelle um ein Jahr verlängern, und<br />

schloss dann mit dem master <strong>of</strong> science ab. Auch lernte ich in<br />

Stanford meine zukünftige Frau kennen, die auch Studentin<br />

in Stanford war, wenn auch damals eine Ehe nicht auf dem<br />

Programm stand.<br />

1955 GING ES DANN WIEDER NACH<br />

DEUTSCHLAND ZURÜCK. Zunächst arbeitete ich im<br />

Betrieb meines Vaters, der nach dem zweiten Weltkrieg eine<br />

Plastik-Verarbeitung gegründet hatte. Ich hatte den Wunsch<br />

zu promovieren, aber das war damals nicht so leicht, denn<br />

bezahlte Assistentenstellen gab es an deutschen Hochschulen<br />

kaum. Stellungen in meinem Fach in der Industrie gab es<br />

schon, ich bekam auch ein oder zwei Angebote, aber es war<br />

nichts, was mich wirklich interessierte.<br />

So wanderte ich 1956 in die USA ein, was nicht allzu<br />

schwierig war. Damals gab es Länderquoten, und die<br />

Heute klingt das vielleicht<br />

seltsam, aber ich hatte damals<br />

nie etwas von Stanford gehört.<br />

deutsche Quote war nicht ausgefüllt. Eine Familie in der<br />

Nähe von Stanford, mit der ich mich sehr angefreundet hatte,<br />

wurden meine Sponsoren, Stanford gab mir wieder eine<br />

Assistentenstelle im Mikrowellenlabor, und so fing ich im<br />

Herbst 1956 mit dem Doktorandenstudium an. Ende der<br />

fünfziger Jahre machte ich meine erste Bekanntschaft mit<br />

elektronischen Rechenmaschinen, was für meine spätere<br />

Laufbahn von Bedeutung wurde. Auch meine Dissertation<br />

auf dem Gebiete der Mikrowellenelektronik pr<strong>of</strong>itierte von<br />

der Auswertung mehrerer komplizierter Formeln.<br />

Im Frühjahr 1957 heiratete ich Marcy Johnson und wir<br />

mieteten uns ein kleines Häuschen ganz in der Nähe der<br />

Universität. Im Sommer 1959 war ich dann ein frischgebackener<br />

„Ph.D.“ und meine Frau und ich machten erst einmal<br />

eine längere Europareise.<br />

Ich nahm ein Angebot als assistant pr<strong>of</strong>essor der Elektrotechnik<br />

an der Staatsuniversität von Washington an und<br />

im Januar 1960 gingen wir nach Seattle, wo wir auch heute<br />

noch wohnen.<br />

Wenige Jahre nach unserer Ankunft<br />

in Seattle, wandelte sich meine Karriere<br />

an der Universität. Ich schulte<br />

mich langsam selbst auf Informatik<br />

um. Ende der sechziger Jahre entwickelte<br />

eine Gruppe Pr<strong>of</strong>essoren verschiedener Fachrichtungen<br />

ein Graduiertenstudium in Informatik (master <strong>of</strong> science and<br />

doctor <strong>of</strong> philosophy), das sich dann im Laufe der Zeit zu einer<br />

der erfolgreichsten Fachrichtungen entwickelte. Ich war bis<br />

1992 voll als Pr<strong>of</strong>essor der Informatik beim Aufbau dieser<br />

Fachrichtung beteiligt, wie auch bei der Entwicklung der<br />

Infrastruktur für Rechner und Rechnernetze an der Universität.<br />

MEINE FRAU UND ICH haben uns in Seattle sehr<br />

gut eingelebt; unsere drei Kinder sind alle selbständig und<br />

uns eine große Freude, wie auch unser zweijähriger Enkelsohn,<br />

der bei uns in der Nähe wohnt. Wir reisen öfter nach<br />

Deutschland, um Familie und alte Freunde zu besuchen.<br />

1974-75 verbrachten wir ein Jahr als sabbatical an der Technischen<br />

Universität Karlsruhe.<br />

Ich bin jetzt im Ruhestand, engagiere mich aber ehrenamtlich<br />

bei der retirement association der Universität. Oft<br />

denke ich noch an meine ersten Jahre in Stanford zurück,<br />

komme jetzt auch von Zeit zu Zeit dorthin, da meine älteste<br />

Tochter in der Bay Area wohnt. So kann ich bei diesen Gelegenheiten<br />

auch alte Freunde aus der Studienzeit in Stanford<br />

besuchen.<br />

Und ich darf dem deutschen <strong>Fulbright</strong>-Programm zum<br />

50. Jubiläum noch meinen Dank für mein damaliges<br />

Stipendium aussprechen, das ja mein Leben auf eine damals<br />

völlig unerwartete und erfolgreiche Bahn lenkte.

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