journal of european integration history revue d'histoire de l ...
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114<br />
Christian Franke<br />
sätzlich ablehnten. Diese kam für sie einem Souveränitätsverlust nach innen wie<br />
außen gleich: nach außen, weil das Initiativ- und Beschlussrecht für Gemeinschaftsprojekte<br />
an Organisationen übertragen wor<strong>de</strong>n wäre, <strong>de</strong>ren Entscheidungsträger<br />
nicht originär <strong>de</strong>m PTT-Wesen zugerechnet wer<strong>de</strong>n konnten und die<br />
ausschließlich wirtschaftliche Ziele verfolgten; nach innen, weil die ministeriellen<br />
Kompetenzabgrenzungen zu Ungunsten <strong>de</strong>r jeweiligen PTT-Minister aufgeweicht<br />
wor<strong>de</strong>n wären.<br />
Die Gründung <strong>de</strong>r EGPF im Rahmen <strong>de</strong>r EWG, gegenüber <strong>de</strong>r keine<br />
Akteursgruppe prinzipiell abgeneigt war, scheiterte 1959 letztlich an innerstaatlichen<br />
Kompetenzstreitigkeiten und weil die EWG sich noch nicht als eigenständiger Akteur<br />
artikulieren konnte. Die Integrationsbemühungen <strong>de</strong>s Europarates, die parallel zu <strong>de</strong>nen<br />
<strong>de</strong>r EWG verliefen, stan<strong>de</strong>n nie wirklich zur Diskussion. Statt<strong>de</strong>ssen nahm die<br />
„funktionell-administrative“ Integration auf breiter Mitglie<strong>de</strong>rbasis immer <strong>de</strong>utlichere<br />
Konturen an. Die CEPT war schließlich eine Kompromisslösung, die die nationalen<br />
Regierungen akzeptieren konnten: Sie versprach, die harmonische Entwicklung <strong>de</strong>s<br />
Gemeinsamen Marktes zu unterstützen und stand einer vertieften Zusammenarbeit <strong>de</strong>r<br />
EWG-Staaten langfristig nicht im Weg. Nur <strong>de</strong>r Europarat übte Kritik, doch die<br />
verhallte ungehört.<br />
Eine ähnliche Entwicklung wie bei <strong>de</strong>r Gründung <strong>de</strong>r CEPT zeigte sich auch<br />
bei <strong>de</strong>n weiteren Integrationsbemühungen in <strong>de</strong>n 1960er Jahren: Die<br />
PTT-Verwaltungen und mit Einschränkungen auch die Ministerien setzten ihre<br />
Integrationsvorstellungen durch, diesmal auch gegen die EWG-Organe als neue<br />
Akteursgruppe im Ringen um die europäische PTT-Zusammenarbeit. Ins<strong>of</strong>ern<br />
lassen sich die CETS und die CEPT-Ministerkonferenz als funktionelle<br />
Erweiterungen <strong>de</strong>r CEPT ansehen, die sich auf diese Weise als geeignetes<br />
Fundament für eine intergouvernementale Zusammenarbeit erwies. Die zentrale<br />
Stellung <strong>de</strong>r Verwaltungen ver<strong>de</strong>utlichte sich auch bei <strong>de</strong>n Versuchen <strong>de</strong>r<br />
EWG-Organe, in PTT-Angelegenheiten eigene Richtlinienkompetenzen zu<br />
erlangen. Die Verwaltungen nutzten ihre traditionellen Informationsmonopole und<br />
ihre formellen wie informellen Netzwerke, um die Integrationsbestrebungen in<br />
ihrem Sinne zu lenken. Bemerkenswert war dabei das Selbstverständnis, mit <strong>de</strong>m<br />
sie in internationalen PTT-Angelegenheiten souverän agierten. Der EWG und <strong>de</strong>m<br />
Europarat kamen ins<strong>of</strong>ern zentrale Be<strong>de</strong>utung zu, als dass sie <strong>de</strong>n<br />
Integrationsprozess im PTT-Wesen in <strong>de</strong>n 1950er Jahren in Gang gesetzt hatten,<br />
ihm permanent neue Impulse gaben, wichtige Rahmenbedingungen schufen und<br />
wirtschaftliche Aspekte nicht von <strong>de</strong>r Tagesordnung verschwin<strong>de</strong>n ließen. Das<br />
Post- und Fernmel<strong>de</strong>wesen war einer <strong>de</strong>r wenigen Politikbereiche überhaupt, in<br />
<strong>de</strong>nen in <strong>de</strong>n 1950er und 1960er Jahren eine europäische Entscheidungsfindung auf<br />
breiter Mitglie<strong>de</strong>rbasis institutionalisiert wur<strong>de</strong>.