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108 Christian Franke als sinnvoll an und bildeten eine achtköpfige Arbeitsgruppe, 60 um die dafür notwendigen Schritte zu prüfen. 61 Diese resümierte, dass für eine Entscheidung über eine europäische Beteiligung oder ein eigenes europäisches Fernmeldesatellitenprojekt aufgrund der notwendigen hohen Investitionen das Mandat der nationalen Verwaltungen und somit auch der CEPT nicht ausreiche und dass deshalb eine Entscheidung auf Regierungsebene gefällt werden müsse. 62 Die Außenminister, Fernmeldeminister und Verwaltungschefs aller CEPT-Staaten gründeten deshalb auf einer Konferenz in Paris die „Conférence Européenne des Télécommunications par Satellites“ (CETS). 63 Diese intergouvernementale Organisation übernahm in enger Kooperation mit den Arbeitsgruppen der CEPT 64 die Aufgaben, die europäischen Interessen bei den Verhandlungen über ein weltweites kommerzielles Satellitensystem zu koordinieren und ein gemeinsames europäisches Programm für Fernmeldeversuchssatelliten durchzuführen. 65 5.2 Erneute Initiativen im Rahmen der EWG Unbeeindruckt von der Gründung der CEPT wurden zu Beginn der 1960er Jahre die Gemeinschaftsorgane der EWG aktiv, indem sie einheitliche Portogebühren innerhalb des Gemeinsamen Marktes diskutierten: Auf Initiative der Generaldirektion ‚Wettbewerb’ mündete dies am im Abschluss von bilateralen Abkommen zwischen Deutschland, Frankreich und Belgien (Januar 1963), 66 die eine Anwendung von Inlandsgebühren im gegenseitigen Postverkehr zum Inhalt hatten. 67 Die nationalen PTT-Ministerien und Verwaltungen werteten dieses Abkommen als ein Signal für eine Unzufriedenheit der EWG mit den Ergebnissen der CEPT-Arbeit 68 und bereiteten sich darauf vor, bei erneuten Vorstößen und eventuellen Integrationsversuchen der EWG-Organe selber die Initiative zu ergreifen, um die Entwicklungen steuern zu können. Diese Gelegenheit bot sich, als 1964 die bereits im EWG-Vertrag festgeschriebene Fusion der Europäischen 60. Vgl.: J. PRESSLER, Tagung der Kommission „Fernmeldewesen“ der CEPT in Köln vom 4. bis 14. Dezember 1962, in: Zeitschrift für das Post- und Fernmeldewesen, 4(1963), S.115-117. 61. Vgl.: Sveriges Riksarkiv (Arninge), Televerket, Ekonomibyrån 1916-1967, F VI bg:9. 62. Vgl.: W. FLORIAN, (u.a.), Die III. Ordentliche Vollversammlung der CEPT in München, in: Zeitschrift für das Post- und Fernmeldewesen, 20(1963), S.769-786. 63. Vgl.: Sveriges Riksarkiv (Arninge), Televerket, Ekonomibyrån 1916-1967, F IV bj:1-25. 64. Vgl.: BArch Koblenz, B257/2532. 65. Vgl.: G. LEHMANN, (u.a.), Europäische Fernmeldesatellitenprojekte, in: Zeitschrift für das Postund Fernmeldewesen, 20(1968), S.786-792. 66. Vgl.: BArch Koblenz, B257/15308. 67. Vgl.: E. KUHN, Europapolitik im Post- und Fernmeldewesen, in: Archiv für das Post- und Fernmeldewesen, 3(1980), S.257-301. 68. Bundespostminister Stücklen bemerkte hierzu am 8.3.1963 in der Zeitschrift „Europa”, „dass eine Form der europäischen Gebührenpolitik gefunden werden muss, die sowohl den Bestrebungen nach einer Harmonisierung der Postgebühren innerhalb der EWG Rechnung trägt, als auch den anderen europäischen Ländern ohne Schwierigkeiten den Weg zu einer Beteiligung eröffnet”. Vgl.: Manuskript des Artikels. BArch Koblenz, B257/6877.

Das Post- und Fernmeldewesen im europäischen Integrationsprozess 109 Gemeinschaften ins Auge gefasst wurde. Im Rückgriff auf das alte Konzept von 1958 strebten die PTT-Minister eine „institutionell-ministerielle“ Integration an, indem sie einen Rat der PTT-Minister in das Institutionengefüge der EWG eingliedern wollten. Im konkreten Fall beschlossen sie, eine Postgebührenrichtlinie durchzusetzen, die bereits 1963 von der CEPT empfohlen, aber aus Kostengründen von vielen Mitgliedern abgelehnt worden war. Ihren Beschluss stellten sie allerdings unter den Vorbehalt, dass er durch einen Rat der PTT-Minister zu bestätigen sei. Zudem riefen sie den Präsident der EWG-Kommission Walter Hallstein an, um zu klären welche Befugnisse der EWG in PTT-Angelegenheiten zustehen; welche Themen sinnvollerweise von ihr behandelt werden und ob im EWG-Vertrag eine juristische Basis für die Verschmelzung des Rats der PTT-Minister mit dem Rat der EWG vorhanden war. Die PTT-Minister aus Luxemburg, den Niederlanden und Deutschland 69 meldeten starke Vorbehalte gegen eine „institutionell-gouvernementale“ Integration im Rahmen der EWG an und plädierten stattdessen für einen Ministerzusammenschluss im Rahmen der CEPT. Sie befürchteten negative Auswirkungen auf die Verwaltungszusammenarbeit der CEPT, wenn deren Organe feststellen müssten, dass ein engerer Kreis ihrer Mitglieder einen Teil ihrer Arbeit vorwegnehmen und in einer vielleicht nicht mehr änderbaren Weise vorab fixieren würde. 70 Explizit klammerten alle Minister die Behandlung von Satelliten-Fernmeldethemen aus ihren EWG-Planungen aus und betonten, dass in derartigen Angelegenheiten „die sechs Länder der EWG einen Kristallisierungspunkt im weiteren Rahmen der CEPT bilden sollten”. 71 Bereits am 5. Oktober 1964 legte der Kommissionspräsident Hallstein den von der Generaldirektion ‚Wettbewerb’ ausgearbeiteten juristischen Prüfbericht über die Verschmelzung eines Rats der PTT-Minister mit dem Rat der EWG vor, in dem keine institutionellen Hindernisse gesehen wurden. Zusätzlich führte der Bericht eine Reihe von Zuständigkeitsbestimmungen des EWG-Vertrages auf, die es den Gemeinschaftsorganen erlauben würden, auf die Ausgestaltung des PTT-Wesens Einfluss zu nehmen. Der Rat fasste diesen Zusatz als eine Aufforderung zum aktiven Handeln auf und beauftragte die Kommission damit, die „Durchführung eines Aktionsprogramms der Gemeinschaft auf dem Gebiet des Post- und Fernmeldewesen“ zu untersuchen und herauszufinden, ob im Konkreten auf der Grundlage der Art.100 72 69. Vgl.: BArch Koblenz, B257/6878. 70. Vgl.: Sitzungsbericht: Réunion des six Ministres des PTT de la Communauté Economique Européenne Bruxelles. BArch Koblenz, B257/10566. 71. Ibid., Bericht der deutschen Delegation. 72. Art.100 im EWG-Vertrag vom 25. März 1957 [Richtlinien zur Angleichung gewisser Rechtsvorschriften]: (1) Der Rat erlässt einstimmig auf Vorschlag der Kommission Richtlinien für die Angleichung derjenigen Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten, die sich unmittelbar auf die Errichtung oder das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes auswirken. (2) Die Versammlung und der Wirtschafts- und Sozialausschuß werden zu den Richtlinien gehört, deren Durchführung in einem oder mehreren Mitgliedstaaten eine Änderung von gesetzlichen Vorschriften zur Folge hätte.

Das Post- und Fernmel<strong>de</strong>wesen im europäischen Integrationsprozess 109<br />

Gemeinschaften ins Auge gefasst wur<strong>de</strong>. Im Rückgriff auf das alte Konzept von<br />

1958 strebten die PTT-Minister eine „institutionell-ministerielle“ Integration an,<br />

in<strong>de</strong>m sie einen Rat <strong>de</strong>r PTT-Minister in das Institutionengefüge <strong>de</strong>r EWG<br />

einglie<strong>de</strong>rn wollten. Im konkreten Fall beschlossen sie, eine Postgebührenrichtlinie<br />

durchzusetzen, die bereits 1963 von <strong>de</strong>r CEPT empfohlen, aber aus Kostengrün<strong>de</strong>n<br />

von vielen Mitglie<strong>de</strong>rn abgelehnt wor<strong>de</strong>n war. Ihren Beschluss stellten sie<br />

allerdings unter <strong>de</strong>n Vorbehalt, dass er durch einen Rat <strong>de</strong>r PTT-Minister zu<br />

bestätigen sei. Zu<strong>de</strong>m riefen sie <strong>de</strong>n Präsi<strong>de</strong>nt <strong>de</strong>r EWG-Kommission Walter<br />

Hallstein an, um zu klären welche Befugnisse <strong>de</strong>r EWG in PTT-Angelegenheiten<br />

zustehen; welche Themen sinnvollerweise von ihr behan<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>n und ob im<br />

EWG-Vertrag eine juristische Basis für die Verschmelzung <strong>de</strong>s Rats <strong>de</strong>r<br />

PTT-Minister mit <strong>de</strong>m Rat <strong>de</strong>r EWG vorhan<strong>de</strong>n war.<br />

Die PTT-Minister aus Luxemburg, <strong>de</strong>n Nie<strong>de</strong>rlan<strong>de</strong>n und Deutschland 69<br />

mel<strong>de</strong>ten starke Vorbehalte gegen eine „institutionell-gouvernementale“ Integration<br />

im Rahmen <strong>de</strong>r EWG an und plädierten statt<strong>de</strong>ssen für einen Ministerzusammenschluss<br />

im Rahmen <strong>de</strong>r CEPT. Sie befürchteten negative Auswirkungen<br />

auf die Verwaltungszusammenarbeit <strong>de</strong>r CEPT, wenn <strong>de</strong>ren Organe<br />

feststellen müssten, dass ein engerer Kreis ihrer Mitglie<strong>de</strong>r einen Teil ihrer<br />

Arbeit vorwegnehmen und in einer vielleicht nicht mehr än<strong>de</strong>rbaren Weise<br />

vorab fixieren wür<strong>de</strong>. 70 Explizit klammerten alle Minister die Behandlung von<br />

Satelliten-Fernmel<strong>de</strong>themen aus ihren EWG-Planungen aus und betonten, dass<br />

in <strong>de</strong>rartigen Angelegenheiten „die sechs Län<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r EWG einen Kristallisierungspunkt<br />

im weiteren Rahmen <strong>de</strong>r CEPT bil<strong>de</strong>n sollten”. 71 Bereits am 5.<br />

Oktober 1964 legte <strong>de</strong>r Kommissionspräsi<strong>de</strong>nt Hallstein <strong>de</strong>n von <strong>de</strong>r Generaldirektion<br />

‚Wettbewerb’ ausgearbeiteten juristischen Prüfbericht über die Verschmelzung<br />

eines Rats <strong>de</strong>r PTT-Minister mit <strong>de</strong>m Rat <strong>de</strong>r EWG vor, in <strong>de</strong>m<br />

keine institutionellen Hin<strong>de</strong>rnisse gesehen wur<strong>de</strong>n. Zusätzlich führte <strong>de</strong>r<br />

Bericht eine Reihe von Zuständigkeitsbestimmungen <strong>de</strong>s EWG-Vertrages auf,<br />

die es <strong>de</strong>n Gemeinschaftsorganen erlauben wür<strong>de</strong>n, auf die Ausgestaltung <strong>de</strong>s<br />

PTT-Wesens Einfluss zu nehmen.<br />

Der Rat fasste diesen Zusatz als eine Auffor<strong>de</strong>rung zum aktiven Han<strong>de</strong>ln auf<br />

und beauftragte die Kommission damit, die „Durchführung eines Aktionsprogramms<br />

<strong>de</strong>r Gemeinschaft auf <strong>de</strong>m Gebiet <strong>de</strong>s Post- und Fernmel<strong>de</strong>wesen“ zu<br />

untersuchen und herauszufin<strong>de</strong>n, ob im Konkreten auf <strong>de</strong>r Grundlage <strong>de</strong>r Art.100 72<br />

69. Vgl.: BArch Koblenz, B257/6878.<br />

70. Vgl.: Sitzungsbericht: Réunion <strong>de</strong>s six Ministres <strong>de</strong>s PTT <strong>de</strong> la Communauté Economique<br />

Européenne Bruxelles. BArch Koblenz, B257/10566.<br />

71. Ibid., Bericht <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Delegation.<br />

72. Art.100 im EWG-Vertrag vom 25. März 1957 [Richtlinien zur Angleichung gewisser Rechtsvorschriften]:<br />

(1) Der Rat erlässt einstimmig auf Vorschlag <strong>de</strong>r Kommission Richtlinien für die Angleichung<br />

<strong>de</strong>rjenigen Rechts- und Verwaltungsvorschriften <strong>de</strong>r Mitgliedstaaten, die sich unmittelbar<br />

auf die Errichtung o<strong>de</strong>r das Funktionieren <strong>de</strong>s Gemeinsamen Marktes auswirken. (2) Die<br />

Versammlung und <strong>de</strong>r Wirtschafts- und Sozialausschuß wer<strong>de</strong>n zu <strong>de</strong>n Richtlinien gehört, <strong>de</strong>ren<br />

Durchführung in einem o<strong>de</strong>r mehreren Mitgliedstaaten eine Än<strong>de</strong>rung von gesetzlichen Vorschriften<br />

zur Folge hätte.

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