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106 Christian Franke Verwaltungen hatten kein Interesse daran, mit den nationalen Regierungen einen Kompromiss zu erarbeiten, da die Gründung der CEPT ihnen die Verwirklichung ihrer ursprünglichen Integrationsvorstellung in Aussicht stellte. Auch die PTT-Minister sahen keinen Anlass zur weiteren Kompromisssuche. Sie waren nicht bereit ihre innerstaatliche ministerielle Souveränität in PTT-Angelegenheiten zugunsten einer „institutionell-gouvernementalen“ Lösung aufzugeben und begnügten sich vorerst mit der „funktionell-administrativen“ Alternative der CEPT. Die Ministerien und Verwaltungen verständigten sich deshalb darauf, auf weitere Gründungsbestrebungen zu verzichten und sich nach der konstituierenden Tagung erneut zusammen zu setzen. 48 4.5 Die Gründung der CEPT Auf Beschluss der Vorbereitenden Kommission hin hatte die Schweizer PTT-Verwaltung zur konstituierenden Tagung der CEPT samt einer anschließenden ersten Arbeitstagung die Vertreter von 24 Verwaltungen aus 20 Ländern 49 nach Montreux (Juni 1959) eingeladen. Vor der eigentlichen Konstituierung beratschlagten die Verwaltungen abschließend das Gründungsabkommen der CEPT. Die Ministeriumsvertreter der EWG-Staaten Italien, Frankreich und Belgien versuchten noch nachträglich intensivere Kooperationsformen umzusetzen, 50 scheiterten damit allerdings und gaben sich mit dem Kompromiss zufrieden, dass die angestrebte flexible Abkommensform einer späteren Revision der Organisationsstruktur nicht im Weg stand. 51 Ihr Versuch änderte hingegen nichts an der prinzipiellen Einigkeit, so dass bereits am 26. Juni in einem feierlichen Akt das Gründungsabkommen der „Conférence Européenne des Administrations des Postes et des Télécommunications“ (CEPT) von 22 Verwaltungen aus 18 europäischen Ländern unterschrieben werden konnte. 52 Das Abkommen nannte ausschließlich verwaltungstechnische Ziele 53 und versah die CEPT mit einer flexiblen Organisationsstruktur. 54 Wirtschaftliche Ziele, die im Spaak-Bericht und der Empfehlung Nr. 143 des Europarats noch im Vordergrund gestanden hatten, verwarf das Gründungsabkommen. In seiner Präambel schrieb es die Unabhängigkeit der CEPT von jeder wirtschaftlichen und 48. Vgl.: F. KOLLER, Europäische Tagung im Haag, in: Zeitschrift für das Post- und Fernmeldewesen, 8(1959), S.269. 49. Die Differenz zwischen der Anzahl von Verwaltungen und Staaten ergab sich daraus, dass einige Staaten das Post- und das Fernmeldewesen in jeweils unterschiedlichen Verwaltungen organisiert hatten. 50. Vgl.: F. KOLLER, Die Entstehungsgeschichte …, op.cit. 51. Vgl.: Réunion constitutive: Procès-verbaux des séances plénières. CEPT-Archiv Kopenhagen. 52. Noch während der ersten Arbeitstagung der CEPT am 1.7. unterzeichnete auch die österreichische Verwaltung das Gründungsabkommen der CEPT. 53. Vgl.: Art.4 des Abkommens zur Gründung der Europäischen Konferenz der Verwaltungen des Post- und Fernmeldewesens vom 26.6.1959, in: Amtsblatt des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen, 5(1960), S.21-31. 54. Vgl.: E. BURN, op.cit.
Das Post- und Fernmeldewesen im europäischen Integrationsprozess 107 politischen Organisation explizit fest. Es beschränkte die Zusammenarbeit auf die Verwaltungsebene, auf der ein zweites großes Ziel, die Errichtung eines supranationalen Gremiums und weitgehende Kompetenzübertragungen, langfristig nicht verwirklicht werden konnte. 55 Die CEPT konstituierte sich zweifellos als Komplement zum Weltpostverein und zur Fernmeldeunion, aber nicht zur EWG oder zum Europarat. 56 4.6 Die Reaktionen der EWG-Staaten und des Europarats Die PTT-Ministerien der EWG-Staaten verständigten sich im Anschluss an die konstituierende Tagung der CEPT darauf, die eigenen Integrationsbemühungen vorerst auszusetzen und nur dann wieder aufzunehmen, wenn die CEPT keinen zufriedenstellenden Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung des Gemeinsamen Marktes liefern würde. Die Organe des Europarats, die eine „institutionell-gouvernementale“ Integration gewünscht hatten, übten erwartungsgemäß starke Kritik sowohl an der politisch unabhängigen Organisationsform wie an den inhaltlichen Zielen der CEPT. Auf der Basis einer Empfehlung des Wirtschaftskomitees 57 beschloss die Beratende Versammlung am die Resolution Nr.171, in der jeder Mitgliedstaat des Europarats aufgefordert wurde, die CEPT nur als vorbereitend zu betrachten und schnellstmöglich eine Ministerkonferenz einzuberufen. 58 Die Aufforderung des Europarats verhallte allerdings ebenso ungehört wie die zaghaften Versuche der Beratenden Versammlung, nach 1963 einheitliche Post- und Fernsprechtarife zwischen den Mitgliedstaaten durchzusetzen. 59 5. Weitere Integrationsschritte in den 1960er Jahren 5.1 Die Gründung der CETS Im Frühjahr 1963 stieß die „funktionell-administrative“ Zusammenarbeit im Rahmen der CEPT erstmals an die Grenzen ihrer Kompetenzen. Schon im August des Vorjahres hatte die Frage im Raum gestanden, ob und in welcher Art sich die europäischen Staaten an einem Plan der USA beteiligen wollten, ein kommerzielles weltweites Fernmeldesatellitensystem aufzubauen. Die Mitgliedsverwaltungen der CEPT sahen nur eine gemeinsame europäische Mitarbeit in einem solchen System 55. Vgl.: Kabinettsvorlage I K (H) 2203-7 vom 28.7.1959. BArch Koblenz, B257/25189. 56. Vgl.: A. LANGENBERGER, De la position des télécommunications dans la nouvelle organisation européenne des PTT, in: Revue des PTT, 6(1959), S.175-176. 57. Vgl.: Consultative Assembly Recommendation 206, 1959. 58. Vgl.: Consultative Assembly Resolution 171, 1959. 59. Vgl.: BArch Koblenz, B257/349.
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