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34 Milène Wegmann 5. Zusammenfassung und Schlußfolgerung Die neoliberalen Föderalisten vertraten 1918-1945 eine institutionell abgesicherte „liberale Föderation“ von Staaten als „Vollendung des liberalen Wirtschaftsprogramms“ (von Hayek) und wünschenswerte Alternative zur sozialistischen internationalen Planung. Die institutionelle Absicherung ging in ihren Konzepten über die internationale Zusammenarbeit hinaus, wenn auch unterschiedlich weit: Einaudi, Robbins und von Hayek bekannten sich zu einer „übernationalen Regierung“, wohingegen Röpke 99 zwar eine föderative „zwischenstaatliche Gemeinschaft“ nach dem Muster der Bundesstaaten Schweiz und USA befürwortete, nicht jedoch eine „supranationale Gemeinschaft“. Ein so oder ähnlich verstandener mittlerer Weg zwischen dem Modell der Konföderation und demjenigen der Föderation wurde von den britischen Föderalisten 100 in der Zwischenkriegszeit als in sich widersprüchlich beurteilt, als eine Lösung, die höchstens vorübergehenden Charakter haben und sich entweder zu einem Staatenbund oder einem Bundesstaat entwickeln würde. Die neoliberalen Föderalisten verfochten die These, daß Wirtschaftsformen und politische Strukturen in einem engen Zuordnungsverhältnis stünden. Aus dieser Beziehung, die bereits von Robbins und Röpke in früheren Arbeiten erkannt und durch von Hayek im Zusammenhang mit der Frage der Errichtung einer wirtschaftlichen Föderation weiter ausgearbeitet worden war, leiteten die neoliberalen Föderalisten die Entsprechung Marktwirtschaft – innerer/ äußerer Föderalismus – Weltwirtschaft ab. Zwischen diesen liberalen wirtschaftlichen und politischen Strukturen einerseits und Kollektivismus – Zentralismus – Großraumwirtschaft andererseits bestand ein unüberbrückbarer Gegensatz. Zollunionen forderten keinen Widerspruch heraus (Röpke), solange sie als Maßnahmen liberaler Handelspolitik eingesetzt würden, und wurden geradezu als Synonym für die „Föderation“ verstanden (Einaudi, von Hayek, Robbins). Der Gefahren hochprotektionistischer Zollunionen waren die Neoliberalen allerdings eingedenk. Die neoliberalen Föderationskonzepte zeichneten sich durch eine kosmopolitische Ausrichtung im Sinne des liberalen Internationalismus aus. Freiheit und Ordnung sollten durch einen Rahmen gesetzlicher Regelungen in der Föderation und durch ein internationales Rechtssystem für die weltweiten zwischenstaatlichen Beziehungen gesichert sein. Dem liberalen System eines multilateralen und freien Wirtschaftsverkehrs war nicht nur regionale, sondern internationale Geltung zugedacht. Wirtschaftspolitisch und gesellschaftlich sollten die Strukturen der Einzelstaaten wie der Föderation als ganzer liberal sein und zwar im Sinne des erneuerten internationalistischen Liberalismus. Nachdem die neoliberalen Föderalisten vom Ende des Ersten bis zum Beginn des Zweiten Weltkrieges die wirtschaftlichen Aspekte von föderativen Zusammen- 99. W. RÖPKE, Wirtschaftsverfassung und politische Weltordnung, op.cit., S.33. 100. M. CHANNING-PEARCE, Introduction, in: M. CHANNING-PEARCE (Hrsg.), Federal Union (1940), London, 1991, S.12; F. ROSSOLILLO, La scuola federalista inglese, in: S. PISTONE (Hrsg.), L’idea dell’unificazione europea dalla prima alla seconda guerra mondiale, Turin, 1975, S.74 f.
Neoliberale Europa-Föderationskonzepte 1918-1945 35 schlüssen untersucht hatten, wandten sie sich im Zweiten Weltkrieg den außerökonomischen Bedingungen einer Staatenföderation zu und erkannten der gesellschaftlichen und kulturellen Integration eine primordiale Bedeutung zu. Röpke, Robbins, Einaudi, de Madariaga und von Haberler, der allerdings eine europäische Föderation nicht unterstützte, befaßten sich mit dem gesellschaftlich-kulturellen Bild Europas und der Frage einer europäischen Identität. Sie erachteten die soziale und kulturelle Integration als Vorbedingung für die ökonomische Integration und wiesen auf die Notwendigkeit einer institutionellen Absicherung hin. Die wesentlichen Merkmale, welche die neoliberalen Föderationskonzepte miteinander teilten, sind aus dem gemeinsamen Diskurs der neoliberalen Wirtschaftswissenschafter hervorgegangen: das Zuordnungsverhältnis von Wirtschaftsformen und politischen Strukturen, die kosmopolitische Ausrichtung der Föderationskonzepte im Sinne des liberalen Internationalismus, der Primat der sozialen und kulturellen Integration vor der ökonomischen Integration und die Absage an das laissez faire in den internationalen Beziehungen. Dr. phil. Milène Wegmann Universität Bern
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