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journal of european integration history revue d'histoire de l ...

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Neoliberale Europa-Fö<strong>de</strong>rationskonzepte 1918-1945 31<br />

sche Interessen und die wirtschaftlichen Konsequenzen einer Fö<strong>de</strong>ration ertragen ließen.<br />

Die Grundlagen <strong>de</strong>s europäischen Patriotismus sahen Röpke und Robbins im europäischen<br />

patrimonium, <strong>de</strong>m gemeinsamen kulturellen Erbe Europas. An eine gemeinsame<br />

gesprochene Sprache (vgl. Her<strong>de</strong>r, Fichte, Meinecke) konnte das europäische Bewußtsein<br />

nicht unmittelbar anknüpfen, jedoch an die gemeinsamen Werte, die durch die griechische<br />

und römische Kultur, die christliche und aufklärerische Tradition vermittelt wur<strong>de</strong>n und in<br />

<strong>de</strong>r humanistischen Bildung vereint waren. Mit Humanität und Toleranz, Vernunft und<br />

Freiheit, Gerechtigkeit und religiöser Ehrfurcht wur<strong>de</strong> von Robbins und Röpke <strong>de</strong>r<br />

Kanon <strong>de</strong>r europäischen Werte beschrieben, die sich in gemeinsamen Gewohnheiten und<br />

einer bestimmten europäischen Lebensart ausdrückten. Röpke zog zur Bestimmung <strong>de</strong>s<br />

europäischen Bewußtseins <strong>de</strong>n Begriff <strong>de</strong>r „Schicksalsgemeinschaft“ heran, <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r<br />

Literatur <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Romantik ein Topos dargestellt hatte und von Otto Bauer in die<br />

Nationalismus-Forschung eingeführt wor<strong>de</strong>n war.<br />

Hatten Hayes und Katz auf die Abgrenzung von <strong>de</strong>n An<strong>de</strong>ren und auf die einigen<strong>de</strong><br />

Wirkung eines gemeinsamen Fein<strong>de</strong>s als Bedingung für die Herausbildung<br />

<strong>de</strong>s Wir-Gefühls bei <strong>de</strong>n Angehörigen einer Nation hingewiesen, so erkannten<br />

Röpke und Robbins im Kampf gegen <strong>de</strong>n „Totalitarismus“ und in <strong>de</strong>r gemeinsamen<br />

Erfahrung <strong>de</strong>r Lei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Krieges eine Chance für die Herausbildung <strong>de</strong>r<br />

europäischen I<strong>de</strong>ntität. 87 De Madariaga sah im Rahmen seiner Studie für das<br />

Fe<strong>de</strong>ral Union Research Institute die Schaffung eines permanenten Rates <strong>de</strong>r Fö<strong>de</strong>ration<br />

vor, <strong>de</strong>m die Überwachung <strong>de</strong>r Erziehung und Bildung obliegen sollte. Eine<br />

auf die „supernationale“ I<strong>de</strong>ntität ausgerichtete Erziehung und Bildung wäre mittels<br />

Radio, Film, Zeitungen und Theater zu för<strong>de</strong>rn. 88 Der Zweck einer europäischen<br />

Fö<strong>de</strong>ration läge nach Einaudi in <strong>de</strong>r För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s kulturellen und geistigen<br />

Lebens <strong>de</strong>r einzelnen Glie<strong>de</strong>r, da die Menschen durch die wirtschaftliche Vereinigung<br />

vom Materiellen befreit und nicht etwa versklavt wür<strong>de</strong>n. 89 Anhand <strong>de</strong>s Beispiels<br />

<strong>de</strong>r Kantone <strong>de</strong>r Schweizerischen Eidgenossenschaft und <strong>de</strong>r amerikanischen<br />

Bun<strong>de</strong>sstaaten zeigte Einaudi auf, daß die Befürchtungen <strong>de</strong>r Gegner <strong>de</strong>s<br />

Fö<strong>de</strong>ralismus unbegrün<strong>de</strong>t seien, wonach in einer europäischen Fö<strong>de</strong>ration die<br />

nationalen Kulturen, ihre geistigen Werte, ihre Forschung, ihre Literatur, Musik<br />

und Kunst untergehen müßten und das kulturelle und intellektuelle Leben auf diejenigen<br />

Orte beschränkt sein wür<strong>de</strong>, die zugleich Schwerpunkte wirtschaftlicher<br />

Entwicklung wären.<br />

Im kulturell <strong>de</strong>finierten Europa Röpkes, Robbins‘ und Einaudis sollte Deutschland<br />

unverzichtbares Mitglied sein, wäre <strong>de</strong>r Nationalsozialismus erst einmal „ausgerottet“<br />

und hätten sich die Deutschen vom Totalitarismus geläutert. Großbritannien, gegen <strong>de</strong>s-<br />

87. C.J.H. HAYES, The Historical Evolution <strong>of</strong> Mo<strong>de</strong>rn Nationalism (1931), New York, 1963, S.161<br />

f.; D. KATZ, The Psychology <strong>of</strong> Nationalism, in: J.P. GUILFORD (Hrsg.), Fields <strong>of</strong> Psychology,<br />

New York, 1940, S.163–181; L. ROBBINS, The Economic Causes <strong>of</strong> War, op.cit., S.109; W.<br />

RÖPKE, The Economics <strong>of</strong> International Fe<strong>de</strong>ration, op.cit., S.96; W. RÖPKE, Internationale<br />

Ordnung, op.cit., S.57-61.<br />

88. S. <strong>de</strong> MADARIAGA, Note on Fe<strong>de</strong>ral Powers over Education, in: Fe<strong>de</strong>ral Union Research Institute,<br />

Second Annual Report, London, 1941.<br />

89. L. EINAUDI, I problemi economici …, op.cit., S.110.

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