journal of european integration history revue d'histoire de l ...

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Milène Wegmann
zur Schaffung einer „europäischen Wirtschaftsgemeinschaft“ oder eines
„Europäischen Staatenbundes“ Gestalt annahm, 79 boten die unmittelbare Herausforderung,
eine liberale Antwort vorzubereiten, die sowohl auf Europa bezugnehmen
als auch die Einbindung in die Weltwirtschaft gewährleisten würde. Die auf
weltweite, „internationale Integration“ angelegten neoliberalen Föderationskonzepte
der Zwischenkriegszeit wurden daher nicht der europäischen „regionalen
Integration“ geopfert, sondern mit dieser verknüpft: Röpke bezeichnete eine föderative
„Block”-Bildung als „offen”, 80 insofern als dieser „Block“ (Röpke) mit den
anderen Staaten der Welt in einer liberalen Markt-, Preis- und Zahlungsgemeinschaft
vereint wäre. Das liberale System eines multilateralen und freien Wirtschaftsverkehrs
sollte nicht bloß auf „regionaler“ Basis wie in einer europäischen
Föderation, sondern auch international Geltung erlangen. Mit der auf Multilateralität,
einem internationalen Währungssystem und einer konformen Handelspolitik 81
beruhenden Weltwirtschaft, die an den Rahmen einer internationalen Rechtsordnung
und des dazugehörigen Normensystems gebunden ist, verfochten Röpke, 82
Rüstow, 83 Robbins 84 und von Haberler 85 die Alternative „Kollektivismus – laissez
faire“ in den wirtschaftlichen Beziehungen der Staaten oder Föderationen zu überwinden.
Die auf marktwirtschaftlichen Prinzipien gründende weltwirtschaftliche
Ordnung war dabei nicht als Kompromiß zwischen internationalem Kollektivismus
und internationalem laissez faire gedacht, sondern als ein tertium, als eine dritte
Möglichkeit, die weder mit dem Kollektivismus noch mit dem laissez faire etwas
gemeinsam haben würde.
Robbins und Röpke beobachteten im Verlauf des Zweiten Weltkrieges, daß sich die
Entstehung eines gemeinsamen europäischen Bewußtseins abzeichnete, 86 das auf der
Umwandlung des Nationalgefühls beruhte und Grundlage einer Art von „europäischem
Patriotismus“ (Röpke) werden könnte. In seinem Entwurf zur Studie The Economics of
International Federation (31.10.1939) ging Röpke von der Überlegung aus, daß für die
politische „Integration“ echte Leidenschaft notwendig sei und zwar eine Art von
„europäischem Patriotismus“, da Leidenschaften und Gefühle stärker seien als ökonomi-
79. W. LOTH, Rettungsanker Europa? Deutsche Europa-Konzeptionen vom Dritten Reich bis zur
Bundesrepublik, in: H.-E. VOLKMANN (Hrsg.), Ende des Dritten Reiches – Ende des Zweiten
Weltkriegs, Serie Piper 2056, München, 1995, S.201-204.
80. W. RÖPKE, Die internationale Wirtschaftsordnung der Zukunft, Pläne und Probleme, in: Schweizer
Monatshefte, 22(1942), S.375.
81. Die konforme Handelspolitik beschränkt sich auf eine maßvolle Schutzzollpolitik im Gegensatz
zur nichtkonformen Handelspolitik (Kontingents-, Clearings- und Monopolpolitik).
82. W. RÖPKE, Die Lehre von der Wirtschaft (1937), 2., unveränderte Auflage, Erlenbach-Zürich,
1943, S.45 ff.; W. RÖPKE, Civitas Humana, op.cit., S.389.
83. A. RÜSTOW, Nachwort zu W. RÖPKE, International Economic Disintegration, op.cit.,
S.274-278.
84. L. ROBBINS, Economic Planning …, op.cit., S.247; L. ROBBINS, Economic Aspects of Federation,
op.cit., S.185.
85. G. von HABERLER, The Political Economy …, op.cit., S.340-342.
86. L. ROBBINS, The Economic Causes of War, op.cit., S.106; W. RÖPKE, The Economics of International
Federation, Projektskizze, Genf, 31.10.1939, in: IUHEI, 40ème anniversaire 1927-1967,
Genf, 1967, S.95; W. RÖPKE, Internationale Ordnung, op.cit., S.56.