journal of european integration history revue d'histoire de l ...

Neoliberale Europa-Föderationskonzepte 1918-1945 25
Zusammenhalt des Bundes zu bewahren. Nicht in minderem Masse waren die politischen
Strukturen und Wirtschaftsformen in Robbins' Weltföderation von dem
einen Prinzip, der „internationalen liberalen Planung”, 52 geformt. In dem so konzipierten
Bundesstaat würde demgemäß weniger regiert, ohne daß sich allerdings
laissez faire und Anarchie einstellen würden, denn dagegen schützte das gesetzliche
Rahmenwerk zur Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung. 53
3. Neoliberale Konzepte einer Europaföderation während
des Zweiten Weltkrieges
Während von Haberler, der 1936 in die Vereinigten Staaten emigriert war, und Lippmann
aus Sorge vor einer erneuten Beherrschung Europas durch Deutschland und aufgrund
der mangelnden geographischen Geschlossenheit Europas die Idee einer europäischen
Föderation als unrealistisch abtaten, 54 zählten sich Einaudi und Röpke,
Robbins und von Hayek während des Zweiten Weltkrieges zu den „Föderalisten“. Einaudi,
der zu den frühesten italienischen Föderalisten gehörte, wurde nach seiner Flucht
in die Schweiz (8.9.1943) Mitglied des Movimento Federalista Europeo. Röpke schloß
sich keiner Organisation an, bekannte sich aber in seinem Werk Internationale Ordnung,
beendet im Januar 1945, ebenso wie in der überarbeiteten Neuauflage von 1954
ausdrücklich zu den „Föderalisten”. 55 1944 veröffentlichte Röpke einen Artikel zur
föderalistischen Lösung der deutschen Frage in den Quaderni del Movimento Federalista
Europeo. Robbins gehörte den britischen Föderalisten (Federal Union) seit den
Anfängen ihrer Bewegung zu Beginn des Jahres 1939 an. Von Hayek, Robbins und de
Madariaga, der gleichzeitig Mitglied der Paneuropa-Union war, stellten sich dem Londoner
Federal Union Research Institute zur Verfügung, das im März 1940 in der
Absicht gegründet worden war, Wissenschaftern die Möglichkeit zu bieten, die Idee
einer europäischen Föderation möglichst detailliert auszuarbeiten. In seinem Werk The
Quest for Peace since the World War (1940) setzte Rappard (Genf) seine Hoffnungen
auf das föderative Prinzip in den internationalen Beziehungen nach dem Vorbild der
Schweiz und der Vereinigten Staaten. 56 Zu unmittelbaren Kontakten kam es im Rahmen
der Federal Union noch vor der Besetzung Frankreichs zwischen Robbins und von
Hayek einerseits und Rueff und Baudin andererseits, als eine Gruppe von Ökonomen
des Federal Union Research Institute am 13. und 14. April 1940 in Paris ihre Pläne mit
französischen Gleichgesinnten berieten. 57 Aus diesem Treffen ist keine Resolution zu
52. L. ROBBINS, Economic Planning …, op.cit., S.258.
53. F.A. von HAYEK, Die wirtschaftlichen Voraussetzungen …, op.cit., S.337 und 340.
54. G. von HABERLER, The Political Economy of Regional or Continental Blocs, in: S.E. HARRIS
(Hrsg.), Postwar Economic Problems, London, 1943, S.335; W. LIPPMANN, US War Aims, London,
1944, S.76 ff.
55. W. RÖPKE, Internationale Ordnung, Erlenbach-Zürich, 1945, S.55.
56. W.E. RAPPARD, The Quest for Peace since the World War, Cambridge/MA, 1940, S.498-501.
57. Anglo-French Ecomomists‘ Conference, Paris, 13.–14.4.1940, in: Federal Union Research Institute,
First Annual Report, 1939–1940, London, 1940, Quelle ohne Paginierung.