journal of european integration history revue d'histoire de l ...

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Milène Wegmann
standen im krassen Widerspruch zur Konzeption autarker „Großwirtschaftsräume”.
48 Von Mises wies eine Bildung von Vereinigten Staaten Europas als Weg
zum Krieg mit Amerika und der Sowjetunion aus, wenn in einer europäischen
Union Chauvinismus, Streben nach Autarkie, Imperialismus und Militarismus von
der nationalen Ebene auf einen größeren Kreis von Staaten übertragen würden. 49
2.4. Freiheit der Teile in der Ordnung des Ganzen
Die vorgestellten Konzepte des internationalistischen Liberalismus standen im Zeichen
des Pazifismus liberaler Prägung, zu dem sich insbesondere Röpke in der
Zwischenkriegszeit wiederholt ausdrücklich bekannte. Das Streben nach einer
„wirksamen internationalen Rechtsordnung“ (von Hayek), einem internationalen
gesetzlichen Rahmenwerk zur freien Entfaltung der persönlichen Initiative, verband
die Wiener bzw. Londoner Vertreter eines revidierten Liberalismus mit den
deutschen Neoliberalen. Den spezifischen Ansatz Edwin Cannans, des Begründers
der Londoner neoliberalen Schule, spiegelte Robbins‘ Zugangsweise wider, indem
Robbins die Frage, welche Aufgaben in der Macht der lokalen-staatlichen Autoritäten
eines Bundesstaates verbleiben sollten, nicht im Kontext der nationalstaatlichen
Interessen, sondern im Kontext des gemeinsamen Interesses der Föderation klärte.
Die Entwürfe einer Föderation von Staaten im Zeichen des internationalistischen
Liberalismus stellen eine feste Beziehung zwischen den Wirtschaftsformen
und den politischen Strukturen auf. Robbins und Röpke formulierten das Verhältnis
von nationaler Planung und internationaler Unordnung als Kausalbeziehung in dem
Sinne, daß die erstere die letztere hervorbringe. 50 In demselben gedanklichen
Zusammenhang erblickte von Hayek im Bundesstaat eine Absicherung gegen
sozialistische Wirtschaftsformen, da mangelnde gemeinsame Ideale und Wertsetzungen
im Bundesstaat es verhindern würden, daß der Bund selbst oder die nationalen
Regierungen noch die Macht zu sozialistischer Planung würden ausüben
können. 51 Von Hayek sah keinen Ersatz für den Mythos des Nationalismus entstehen,
der wie dieser im Nationalstaat die Lenkung des Wirtschaftslebens legitimatorisch
abzustützen imstande wäre. Gleichzeitig betonte von Hayek den unauflösbaren
Konnex zwischen der politischen und wirtschaftlichen Vereinigung, sei
doch der wirtschaftliche Zusammenschluß unabdingbar, um den politischen
48. W. RÖPKE, Die wirtschaftlichen Elemente des Friedensproblems II, in: Friedens-Warte,
37(1937), S.55.
49. L. von MISES, Liberalismus, Jena, 1927, S.125-130.
50. L. ROBBINS, Economic Planning …, op.cit., S.221 ff.; W. RÖPKE, Les problèmes économiques
internationaux d'un monde en transformation, Antrittsvorlesung Institut Universitaire de Hautes
Etudes Internationales, Genève, 25.10.1937, in: La crise mondiale, Paris, 1938, S.305. Diese Überlegungen
Robbins‘, Röpkes und von Hayeks (s.u.) sind im Kontext der Planwirtschaftsdebatte der
20er/30er Jahre zu sehen.
51. Diese These von Hayeks hat im Kreise der Wirtschaftswissenschafter des Federal Union Research Institute
während des Zweiten Weltkrieges eine große Kontroverse ausgelöst: J.M. WILSON, Economic
Aspects of Federation, in: Federal Union Research Institute, First Annual Report, London, 1940.