journal of european integration history revue d'histoire de l ...
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Neoliberale Europa-Fö<strong>de</strong>rationskonzepte 1918-1945 19<br />
Fö<strong>de</strong>rationskonzepte <strong>de</strong>r liberalen Erneuerer waren teils in <strong>de</strong>r Erwartung, 21 teils in<br />
<strong>de</strong>r Folge <strong>de</strong>s Scheiterns <strong>de</strong>s Völkerbun<strong>de</strong>s entstan<strong>de</strong>n. Vorbehaltlos bekannte sich<br />
nur <strong>de</strong>r Neoliberale Rappard (1930) noch zum Völkerbund in seinem Werk Uniting<br />
Europe, 22 erwartete aber, daß in einem Prozeß zunehmen<strong>de</strong>r internationaler Verflechtung<br />
eine „Weltregierung“ <strong>de</strong>n Völkerbund ablösen wer<strong>de</strong>. 23<br />
Die räumliche Gestalt <strong>de</strong>r Staatenfö<strong>de</strong>ration wur<strong>de</strong> in <strong>de</strong>n erwähnten Texten nicht<br />
<strong>de</strong>finitiv bestimmt; Dem liberalen Kosmopolitismus entsprechend sahen Einaudi, 24<br />
Rueff, 25 Robbins 26 und von Hayek 27 die Möglichkeit vor, die Fö<strong>de</strong>rationsmitgliedschaft<br />
auch für die Vereinigten Staaten von Amerika zu öffnen. Die Grundsätze, die<br />
Robbins entwarf, bezogen sich auf die Schaffung einer Weltfö<strong>de</strong>ration, beanspruchten<br />
aber ebenso Gültigkeit für Fö<strong>de</strong>rationen, die kleiner wären als diese. 28 Die Frage, ob<br />
Deutschland schon zu Beginn in die Fö<strong>de</strong>ration aufgenommen wer<strong>de</strong>n sollte, erfuhr bei<br />
Einaudi wie bei Röpke eine zurückhalten<strong>de</strong> bzw. ablehnen<strong>de</strong> Antwort. Gegen En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s<br />
Ersten Weltkrieges sah Einaudi im Fortbestehen <strong>de</strong>r Kriegsallianz <strong>de</strong>n Ausgangspunkt<br />
für eine europäische Fö<strong>de</strong>ration. Röpke bezog das „europäische Fö<strong>de</strong>rativsystem“ im<br />
Frühling 1939 auf diejenigen Staaten, die sich in <strong>de</strong>r Gegnerschaft gegen die Achsenmächte<br />
trafen und die I<strong>de</strong>ale <strong>de</strong>s Völkerbun<strong>de</strong>s hochhielten. Auf <strong>de</strong>n „Weltstaat“ griff<br />
Röpke jedoch in verschie<strong>de</strong>nen an<strong>de</strong>ren Arbeiten <strong>de</strong>r dreißiger Jahre als fiktives Vorbild<br />
zurück, um die Freihan<strong>de</strong>lstheorie im Sinne Cob<strong>de</strong>ns (1804-1865) zu erhellen. Das<br />
Währungssystem, das Rechtssystem und die <strong>de</strong>m Währungs- und <strong>de</strong>m Rechtssystem<br />
entsprechen<strong>de</strong>n Normensysteme waren in dieser Sicht die „Substitute <strong>de</strong>s Weltstaates“,<br />
welche die liberale Ära geschaffen hatte und nach <strong>de</strong>m Ersten Weltkrieg zusammengebrochen<br />
waren. 29 In seinem Beitrag L'internationalisme monétaire et sa crise schloß<br />
Heilperin in Anlehnung an Robbins auch Erwägungen über einen Weltstaat und eine<br />
die ganze Welt umfassen<strong>de</strong> Fö<strong>de</strong>ration von Staaten ein und stellte fest, daß sich die<br />
Frage <strong>de</strong>r internationalen Beziehungen in diesem Falle nicht stellen wür<strong>de</strong>, wären dann<br />
21. L. EINAUDI (1918)<br />
22. Der Titel dieses Buches lehnte sich an die Entwicklung an, in <strong>de</strong>ren Verlauf <strong>de</strong>r Völkerbund immer<br />
mehr, wenn auch nicht ausschließlich eine Liga europäischer Staaten wur<strong>de</strong>. W.E. RAPPARD,<br />
Uniting Europe, New Haven, 1930, S.138, 245 und 283. Rappard zog in seinem Aufsatz Europa<br />
und <strong>de</strong>r Völkerbund (1929) die Schlußfolgerung, nicht ein Bund <strong>de</strong>r europäischen Staaten, <strong>de</strong>r sich<br />
einer nichteuropäischen Welt gegenübersehen wür<strong>de</strong>, sei das I<strong>de</strong>al, son<strong>de</strong>rn ein einiges Europa als<br />
wesentlicher Bestandteil eines universellen Völkerbun<strong>de</strong>s. W.E. RAPPARD, Europa und <strong>de</strong>r<br />
Völkerbund, in: Europäische Gespräche, 7(1929), S.221.<br />
23. W.E. RAPPARD, The Beginnings <strong>of</strong> International Government, in: American Political Science<br />
Review, 24(1930), S.1011 f.<br />
24. L. EINAUDI, La Società <strong>de</strong>lle Nazioni è un i<strong>de</strong>ale possibile?, op.cit., S.11.<br />
25. J. RUEFF, Note sur un projet <strong>de</strong> „pacte économique“, op.cit., S.292.<br />
26. L. ROBBINS, Economic Planning …, op.cit., S.247.<br />
27. F.A. von HAYEK, Die wirtschaftlichen Voraussetzungen …, op.cit., S.332 f. und S.336. Vgl. auch<br />
Streits Konzeption einer „(nord-)atlantischen Union“, auf die sich von Hayeks Erörterungen beziehen:<br />
C. STREIT, Union Now: A Proposal for a Fe<strong>de</strong>ral Union <strong>of</strong> the Democracies <strong>of</strong> the North<br />
Atlantic, New York, 1939, S.6.<br />
28. L. ROBBINS, Economic Planning …, op.cit., S.245-248 und 255.<br />
29. W. RÖPKE, Weltwirtschaft und internationales Rechtssystem, in: Frie<strong>de</strong>ns-Warte, 36(1936),<br />
S.102.