journal of european integration history revue d'histoire de l ...

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Milène Wegmann
der Freihändler des 19. Jahrhunderts hinaus. Diese Feststellung gilt für den
US-amerikanischen Neoliberalismus und insbesondere die frühe Chicago-Gruppe
(d.h. bis 1965) gleichermaßen wie für den europäischen Neoliberalismus. 15
2. Föderationskonzepte im Zeichen des liberalen Internationalismus: vom
Ende des Ersten bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges
2.1. Zwischen Europaföderation und Weltföderation
Einaudi verfocht in zwei Briefen im Corriere della Sera vom 5. Januar 1918 und
vom 28. Dezember 1918 die Idee, statt des Völkerbundes eine Staatenföderation 16
zu gründen. Rueff schlug Ende 1928, anfangs 1929 vor, die Mitglieder des Völkerbundes
sollten einen „gemeinsamen Markt“ mit einer liberalen Zollpolitik errichten,
der allen beitrittswilligen Staaten offenstehen würde. 17 Röpke sprach sich in
einem Brief an Franz Klein (18.5.1939) dafür aus, in Anbetracht des „trockenen
Krieges“ zwischen den Achsen- und den Status-quo-Mächten „an die Stelle des
Völkerbundes ein europäisches Föderativsystem“ zu setzen. 18 Robbins entwarf in
der Ausarbeitung seiner 1935 am Genfer Institut Universitaire des Hautes Etudes
Internationales gehaltenen Vorlesungsreihe Economic Planning and International
Order eine „liberale Föderation” 19 von Staaten als die wünschenswerte Alternative
zur sozialistischen internationalen Planung und zur internationalen Anarchie. Von
Hayek schließlich trat in einem kurz vor Kriegsbeginn 1939 verfaßten Aufsatz entschieden
ein für die „Idee eines föderativen Zusammenschlusses als konsequent[er]
Entwicklung des liberalen Standpunktes“ und als „neuen Stützpunkt“ für alle diejenigen
Liberalen, die sich vom Liberalismus enttäuscht abgewandt hatten. 20 Die
15. Einzig von Mises vertrat in mancher Hinsicht Positionen, die an die alte Vorstellung des Nachtwächterstaats
erinnerten. Von Mises stand jedoch im Colloque Walter Lippmann und der Mont
Pèlerin Society mit seiner Haltung isoliert da und wurde deshalb von den Mitgliedern der Gesellschaft
heftig angegriffen. Graham (US) hielt von Mises 1947 vor, einem „jungle”-Kapitalismus
das Wort zu reden. Das Protokoll zur Tagung Free Enterprise or Competitive Order im Rahmen
der Gründungskonferenz zeugt von der geschlossenen Gegnerschaft der anderen Mitglieder gegen
von Mises‘ radikale Positionen. F.D. Graham, Wortbeitrag, Tagung Free Enterprise or Competitive
Order, Mont Pèlerin Society Meeting Seelisberg, 1.4.1947, Gesprächsprotokolle, aufgezeichnet
von D. Hahn, Typoskript, Teil 2, S.5, Nachlaß Friedrich A. von Hayek: Box 81, Hoover Institution
Archives. Stanford University, CA, USA.
16. L. EINAUDI, La Società delle Nazioni è un ideale possibile? in: L. EINAUDI (Hrsg.), La Guerra
e l'Unità Europea, Milano, 1948, S.11 ff.; L. EINAUDI, Il dogma della sovranità e l'idea della
Società delle Nazioni, in: op.cit., S.23 ff.
17. J. RUEFF, Note sur un projet de „pacte économique“, Décembre 1928-mars 1929, in: J. RUEFF,
op.cit., S.291 f.
18. W. RÖPKE, Briefe 1934-1966, Erlenbach-Zürich, 1976, S.33.
19. L. ROBBINS, Economic Planning and International Order (1937), New York, 1972, S.242 und 245.
20. F.A. von HAYEK, Die wirtschaftlichen Voraussetzungen föderativer Zusammenschlüsse, in: F.A.
von HAYEK (Hrsg.), Individualismus und wirtschaftliche Ordnung, Salzburg, 1976, S.343.