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journal of european integration history revue d'histoire de l ...

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Neoliberale Europa-Fö<strong>de</strong>rationskonzepte 1918-1945 17<br />

Neoliberalen vor. Im April 1947 entstand unter seinem Präsidium die Mont Pèlerin<br />

Society als geschlossene Gesellschaft neoliberaler Wirtschaftswissenschafter, Juristen<br />

und Philosophen.<br />

Alle oben erwähnten Wirtschaftswissenschafter und Philosophen traten dieser Gesellschaft<br />

bei. Die Neoliberalen bekannten sich zu einem positiven Konzept für eine freiheitliche<br />

und sozial bewußte Wettbewerbswirtschaft als Antwort auf die Krise <strong>de</strong>s laissez<br />

faire-Liberalismus. Sie konzentrierten sich darauf, die Prinzipien und Voraussetzungen<br />

einer liberalen Gesellschaftsordnung herauszuarbeiten, entwarfen aber kein politisches<br />

Programm im eigentlichen Sinne, <strong>de</strong>nn die Gesellschaft entzieht sich nach liberaler Auffassung<br />

jedwe<strong>de</strong>r Planung. Die Teilnehmer <strong>de</strong>s Colloque Walter Lippmann und die<br />

Hauptexponenten <strong>de</strong>r Mont Pèlerin Society waren von <strong>de</strong>r Überlegenheit einer freien<br />

Gesellschaft selbstbestimmter Individuen überzeugt und sahen ihre Aufgabe darin, die<br />

freie Gesellschaft gegen Angriffe philosophisch zu verteidigen. In <strong>de</strong>r freien Marktwirtschaft<br />

erkannten sie das gegenüber <strong>de</strong>m Kollektivismus o<strong>de</strong>r einer gemischten Wirtschaft<br />

überlegene System. Regierungsinterventionen in <strong>de</strong>n Markt-Preis-Mechanismus wie<br />

staatlich festgesetzte Min<strong>de</strong>stlöhne o<strong>de</strong>r die Subventionierung <strong>de</strong>r Landwirtschaft<br />

betrachteten sie als schädlich. Eine stabile monetäre Ordnung, beruhend auf liberalen<br />

Prinzipien, wäre die erste Voraussetzung <strong>de</strong>s liberalen internationalen Han<strong>de</strong>ls. Unumstritten<br />

war die For<strong>de</strong>rung nach einer liberalen Außenhan<strong>de</strong>lspolitik. Die Neoliberalen –<br />

darunter auch die frühen Chicago-Neoliberalen Knight, Simons und Friedman – wußten<br />

um die Möglichkeit eines Marktversagens und anerkannten die Notwendigkeit staatlichen<br />

Han<strong>de</strong>lns bei öffentlichen Gütern und externen Effekten. Der Gesellschaftsvertrag sollte<br />

nach <strong>de</strong>n Vorstellungen <strong>de</strong>s frühen Neoliberalismus (1932-1965) auf folgen<strong>de</strong>n Grundlagen<br />

beruhen: Stärkung <strong>de</strong>r Macht <strong>de</strong>s Staates zur Durchsetzung und Aufrechterhaltung<br />

<strong>de</strong>r liberalen Wirtschaftsordnung; Aufbau einer internationalen Rechtsordnung für <strong>de</strong>n<br />

internationalen Han<strong>de</strong>l; Stärkung intermediärer Strukturen (Familie, Vereine, Gemein<strong>de</strong>)<br />

auf sozialem und administrativem Gebiet; Stärkung <strong>de</strong>r individuellen Selbstverantwortung<br />

und Konzentration <strong>de</strong>s Staates auf die Fürsorge im eigentlichen Sinne; staatliche<br />

Rahmenpolitik und liberaler, d.h. marktkonformer Interventionismus; monetäre Stabilität,<br />

restriktive Geldpolitik; <strong>of</strong>fene Märkte; starker Staat in <strong>de</strong>r Rolle <strong>de</strong>s Schiedsrichters über<br />

<strong>de</strong>n wirtschaftlichen Interessengruppen; staatliches Han<strong>de</strong>ln bei Marktversagen; Dekonzentration<br />

<strong>de</strong>r Wirtschaft, Dekartellierung; För<strong>de</strong>rung kleiner und mittlerer Unternehmen<br />

mittels Wettbewerbsrecht.<br />

Die von <strong>de</strong>n Neoliberalen konzipierte Wirtschaftsordnung zielte nicht auf die<br />

Schaffung einer staatsfreien Wirtschaft ab, son<strong>de</strong>rn setzte im Gegenteil <strong>de</strong>n Staat<br />

als Schiedsrichter ein, <strong>de</strong>r die rechtliche Rahmenordnung für das Wirtschaften festlegte<br />

und die Einhaltung <strong>de</strong>r „Spielregeln“ in <strong>de</strong>r Wirtschaft überwachte. Da sich<br />

die Aufgaben <strong>de</strong>s neoliberalen „starken Staates“ nicht in <strong>de</strong>r Schaffung von Rahmenbedingungen<br />

<strong>de</strong>r äußeren Sicherheit erschöpften, son<strong>de</strong>rn sich auf die Gestaltung<br />

und Durchsetzung <strong>de</strong>r Wirtschaftsordnung sowie auf marktkonforme Interventionen<br />

14 erstreckten, reichten sie über die Aufgaben <strong>de</strong>s „Nachtwächterstaates“<br />

14. Vgl. die „Maximen rationeller Intervention”: W. RÖPKE, Staatsinterventionismus, in: Handwörterbuch<br />

<strong>de</strong>r Staatswissenschaften, Ergänzungsband zur 4. Auflage, Jena, 1929, S.861-882.

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