journal of european integration history revue d'histoire de l ...

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Milène Wegmann
er als Wirtschaftsberater des Obersten Kommandierenden über Deutschland tätig,
vertrat Frankreich als Delegierter bei der Reparationskommission in Moskau und saß
der Pariser Reparationen-Konferenz vor. 1946 war Rueff Delegierter an der Pariser
Friedenskonferenz und stellvertretender Delegierter in der ersten und zweiten Versammlung
der Vereinten Nationen. 1946 (bis 1952) wurde Rueff zum französischen
Gesandten in der Agence interalliée des Réparations ernannt und führte dessen Präsidium.
In diesen Jahren nahm er als französischer Kommissar in der Commission tripartite
de l'or monétaire Einsitz. 1949-50 war Rueff Staatsminister von Monaco. Wie
Rueff war auch Baudin für den Völkerbund tätig: als französischer Experte im
Comité fiscal (1938). Die damals noch relativ jungen neoliberalen Wirtschaftswissenschafter
vermochten zwischen 1918-45 die Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung in
keinem einzigen Staat auch nur ansatzweise in ihrem Sinne zu reformieren,
geschweige denn die Idee einer liberalen Staatenföderation in die Diskussion der
politischen Entscheidungsträger einzubringen. Nach 1945 jedoch übten Neoliberale
in mehreren europäischen Staaten – Westdeutschland, Frankreich, Italien, Österreich,
der Schweiz – und in den USA Beratertätigkeiten und politische Ämter aus, die in
gewissen Grenzen Möglichkeiten zur Umsetzung der neoliberalen Prinzipien boten.
Die Beschäftigung mit Föderationskonzepten im Zeichen des liberalen Internationalismus
1918-45 zeigt, daß sich die Kritik deutscher und britischer neoliberaler
Nationalökonomen an der europäischen Integration seit den späteren 40er Jahren
auf jahrelange Studien auf diesem Gebiet stützte, auch wenn ihre Stellungnahmen
in der Folge der veränderten politischen Bedingungen nach 1945 Akzentverschiebungen
erfuhren. Der Vorwurf des Dogmatismus in der Haltung neoliberaler Wirtschaftswissenschafter
gegenüber der europäischen Einigung, von der zeitgenössischen
Rezeption wie der späteren Forschung vielfach erhoben, 8 erscheint in
Anbetracht des Meinungswandels gerade von neoliberalen Hauptexponenten der
Europa-Föderationskonzepte (Robbins, von Hayek, Röpke) als wenig angebracht.
Das Urteil Herbsts, die liberalen Integrationstheoretiker hätten bis zum Ende des
Zweiten Weltkrieges kein Konzept entwickelt, das den regionalen Reintegrationsinteressen
des europäischen Raums und dem Deutschlandproblem Rechnung getragen
hätte, 9 wäre zu korrigieren, da sich Röpke in dieser Zeit den Voraussetzungen
und Prinzipien eines föderativen Zusammenschlusses zugewandt hat und Einaudi,
Robbins und von Hayek konkrete und detaillierte Konzepte für die Errichtung einer
Europaföderation erstellt haben. Der vorliegende Beitrag ist als ideengeschichtliche
Arbeit zu verstehen. Die Frage nach dem Umsetzungspotential der neoliberalen
Europavorstellungen bedürfte eigener Forschungen. 10
Nach einer Einführung zum frühen Neoliberalismus werden die neoliberalen Föderationskonzepte
1918-1939 bzw. 1939-1945 gesondert behandelt. In der Phase
1939-1945 sind wesentliche Veränderungen in der Begründung der neoliberalen Föderationskonzepte
zu beobachten. Mit dem Kalten Krieg begann eine dritte Phase, die bei
8. J. STOHLER, op.cit., S.99.
9. L. HERBST, op.cit., S.182.
10. M. WEGMANN, Früher Neoliberalismus und europäische Integration, Bd. 2, Von den Wirtschaftswissenschaften
zur Politik, in Vorbereitung.