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Board games from the city of Vijayanagara (Hampi ... - Gioco dell'Oca.

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74<br />

B OARD G AME S TUDIES 6, 2003<br />

auch für die Brücke, das Wirtshaus, das Labyrinth und das Gefängnis. Wer von jemandem<br />

geschlagen wird, der von einem “gefährlichen Ort” kommt, muß nicht nur an diesen<br />

gefährlichen Ort, sondern auch einen Satz zu den anderen legen und einen weiteren<br />

dem bezahlen, der ihn geschlagen hat. Im Irrgarten ist ein Satz zu bezahlen und drei<br />

Felder auf 39 zurückzugehen. Das Gefängnis kostet einen Satz und zwingt zum Warten,<br />

bis ein anderer Spieler dorthin kommt, auf dessen Ausgangsfeld man danach gehen darf.<br />

Geschieht dies in vier Runden nicht, läßt sich das Weiterspielen durch eine nochmalige<br />

Zahlung erkaufen. Die Umständlichkeit der Pönalisierung erscheint geradezu als<br />

Karikatur höfischer Umgangsrituale. Sie illustriert aber auch den Stellenwert des Spiels<br />

in der höfischen Gesellschaft, die das materielle Interesse nicht negiert, es aber im Medium<br />

der sozialen Interaktion realisiert. Doch gilt dies nur für die Spezialfelder, die <strong>of</strong>fenbar<br />

über den individuellen Interessen der Spielenden stehen. Denn wer auf ein normales<br />

besetztes Feld kommt, erhält vom dort Anwesenden “einen Satz in den beutel”. Der<br />

Getr<strong>of</strong>fene muß auf das Ausgangsfeld des Neuankömmlings zurück.<br />

Nach vierzehn Punkten beendet August seine Regeln. Ein fünfzehnter Punkt wird<br />

zwar ziffernmäßig initiiert, aber nicht mehr ausgeführt.<br />

Ulisse Aldrovandis Regeln und Interpretation entstammen dem Interesse an systematischer<br />

und enzyklopädischer Erfassung der Welt. Trotz des gelehrten Anspruchs entbehren<br />

seine Ausführungen nicht praktischer Beobachtung und Erfahrung, wovon nicht<br />

zuletzt die spielhistorisch relevanten Bemerkungen zu verschiedenen regionalen<br />

Ausformungen des Spiels zeugen. Herzog Augusts Regelwerk ist ebenfalls seinem gelehrten<br />

Interesse und insbesondere seiner intensiven Beschäftigung mit Spielen zuzuschreiben.<br />

Dabei hat sich August, ungeachtet der Tatsache, daß sich das älteste französische<br />

Spielblatt in der nach ihm benannten Biblio<strong>the</strong>k befindet, einer italienischen Vorlage<br />

bedient. Das wird aus der Bestimmung deutlich, vom Labyrinth auf Feld 39 zurückzugehen.<br />

Darüber hinaus scheint die Tatsache, daß sich August dem Spiel so ausführlich<br />

widmet, auch für die relative Neuheit des Spiels im deutschen Sprachraum zu sprechen.<br />

Jedenfalls ist sie ein zusätzlicher eindeutiger Beleg für die Rezeption und Verbreitung<br />

des Spiels in der Erwachsenenwelt der Aristokratie.<br />

Jenseits des Lustgartens<br />

Die Aufschwung- und Blütephase des Gänsespiels fällt mit seiner Akzeptanz in der<br />

höfisch-aristokratischen Gesellschaft im 17. Jahrhundert zusammen. Noch in der ersten<br />

Hälfte des 18. Jahrhunderts läßt Herzog Louis-Henri de Bourbon-Condé, Premierminister<br />

unter Ludwig XV., in seinem Schloßpark Chantilly ein begehbares Gänsespiel<br />

anlegen. (34) Die Menge der Adaptionen und Variationen sowie die <strong>the</strong>matische Vielfalt<br />

belegen die hohe Attraktivität. Eine kuriose Erklärung für das Zustandekommen einer<br />

Variation liefert unser Gewährsmann Hainh<strong>of</strong>er. In einer für Herzog August gedachten<br />

Beschreibung “eines schönen Künstlichen, Köstlichen, Nützlichen Tischblattes” zählt<br />

er die darin vorkommenden Spiele auf. So gibt es “von helfenbain (anstatt eines ganßspiels,<br />

weil das wortlin ganßspil beÿm frawenzimmer etwan sinistre mag ausgelegt werden)<br />

ein gestochenes afenspiel sehr sauber eingelegt” (zit. nach Gobiet 1984: 839). Dem<br />

Fortleben der Gänse hat dies aber keinen Abbruch getan, wenngleich hier und da tatsä-

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