Board games from the city of Vijayanagara (Hampi ... - Gioco dell'Oca.
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B OARD G AME S TUDIES 6, 2003<br />
Blick auf die Filos<strong>of</strong>ía Cortesana zu beenden, zieht der Spielende, der mit einer<br />
Punktezahl exakt im Feld 63 landet, den ganzen Pot (la polla) ein – nicht anders als im<br />
Gänsespiel. Ist also eine direkte Ableitung des spanischen Spiels von einem Gänsespiel<br />
nicht zu belegen, so scheint eine Inspiration bei weitestgehender eigenständiger schöpferischer<br />
Ausgestaltung durchaus denkbar. Nicht zuletzt haben die beiden Spiele die<br />
Anzahl der Felder (63) und zwei funktional differenzierte Kategorien, die Arbeitsfelder<br />
und die emblematischen Felder, gemeinsam. Die Kenntnis eines Gänsespiels erscheint<br />
außerdem durch den expliziten Hinweis auf die unregelmäßige Verteilung seiner Casas<br />
del Trabajo möglich, die im Sinne einer bewußten Abweichung von der Regelmäßigkeit<br />
der Gansfelder zu interpretieren wäre. Ob daraus auf eine bereits vorhandene<br />
Verbreitung des Gänsespiels in der spanischen Oberschicht zu schließen ist, muß allerdings<br />
<strong>of</strong>fen bleiben. Jedenfalls belegt Alonso de Barros’ Spiel eine sehr frühe (wenn nicht<br />
die früheste) Instrumentalisierung eines Würfellaufspiels für metaludische, hier moralisierende,<br />
Zwecke. Viele Gänsespiele sollten später diese sekundäre Zweckbindung transportieren.<br />
Ebenfalls außerhalb Italiens findet sich ein Spiel, das auch nicht zur Gänze den “klassischen”<br />
Formen verpflichtet, aber eindeutig vom traditionellen Gänsespiel inspiriert ist<br />
und überdies den Vorteil hat, datiert zu sein. Das khurtzweillige Fortuna Spill von 1589<br />
wird im Landesmuseum Joanneum in Graz aufbewahrt und gilt als das älteste datierte<br />
Exemplar eines Gänsespiels – ohne Gänse, deren Stelle eine Fortuna einnimmt. Es handelt<br />
sich um eine von Michael Holzbecher geätzte Kalksteinplatte mit dem Spiel selbst<br />
sowie den vielleicht ältesten erhaltenen schriftlich fixierten Spielregeln im Zentrum der<br />
Spirale. Außerdem finden sich außerhalb des Spielfelds die vertonten Stimmen eines<br />
Trinklieds von Orlando di Lasso. Wie bereits gesagt, läßt dies meines Erachtens die<br />
Behauptung, das Spiel sei für die Kinder des österreichischen Erzherzogs Karl (II. von<br />
Innerösterreich; 1540-1590) angefertigt worden (Wilckens 1985: 17), als unbewiesene<br />
Annahme erscheinen. (14) Fortuna hat die gleiche Funktion wie im eigentlichen Gänsespiel,<br />
und auch die übrigen Felder (Brücke usw.) folgen dem bekannten Muster.<br />
Anscheinend hat das wahrscheinliche Ursprungsland Italien chronologisch das<br />
Nachsehen. Viele Spiele, auch Kinderspiele, nennt Cesare Rao in seinen Invettive, orationi,<br />
et discorsi (Venedig 1587), aber kein Gänsespiel. Jedoch schon 1595 liegt aus<br />
Venedig ein reizvoller Beleg für die Bekann<strong>the</strong>it dieses Spiels vor, der zugleich dessen<br />
älteste datierte Nennung auf der Apenninenhalbinsel ist. In diesem Jahr erscheint<br />
Giovanni Croces (1557?-1609) Triaca Musicale. Sie enthält eine von sechs Stimmen<br />
gesungene Spielpartie mit dem Titel Il gioco dell’Occa. Das Capriccio macht mit den<br />
Regeln bekannt und stellt die Stationen (Ponte, Osteria, Cisterna, Barca, etc.) mit ihren<br />
Verpflichtungen vor (Zollinger / Depaulis 2000: 64). Die weiteren gesicherten Daten<br />
den Geschichte des Spiels führen von Italien nach Britannien. 1597 deponiert der zuvor<br />
in Florenz tätige Drucker und Herausgeber John Wolfe in London ein “newe and most<br />
pleasant game <strong>of</strong> <strong>the</strong> goose”, mit Sicherheit nach italienischem Vorbild. (15) Bald taucht<br />
es auch in Frankreich auf. Das 1598 erstellte Nachlaßinventar des Pariser Druckers Jean<br />
(II) de Gourmont verzeichnet “le jeu de l’oye” (Depaulis 1997: 565). (16) In Wolfenbüttel<br />
wird ein Holzschnitt-Spielblatt aufbewahrt: LE IEV DE L’OYE, RENOVVELLE DES