post_modellismus – models in art - krinzinger projekte - Galerie ...
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Artists’ nennen. Doch der Beigeschmack<br />
bei Libera ist bitter, handelt es sich doch<br />
um e<strong>in</strong> Selbstbauset für e<strong>in</strong> Konzentrationslager<br />
und die Umwandlung des Themas<br />
gel<strong>in</strong>gt nur unter Rücksicht auf se<strong>in</strong>en<br />
ästhetischen Charakter, der mit jenem des<br />
Spiels verwandt, jedoch nicht identisch ist.<br />
Der zweite Ansatz, die Unentscheidbarkeit<br />
von Modell und Wirklichkeit offen zu legen,<br />
besteht <strong>in</strong> dem Versuch, mit der Modellästhetik<br />
zu spielen, z.B. <strong>in</strong>dem billige<br />
Materialien und e<strong>in</strong>fache Gestaltungsmittel<br />
imitiert werden. Diese Modelle ersche<strong>in</strong>en<br />
dem erstem ersten Ansche<strong>in</strong> nach<br />
konventioneller, da ihre Kunstfertigkeit ger<strong>in</strong>ger<br />
ersche<strong>in</strong>t und sie glaubhafter und<br />
sachlicher wirken. Meist beziehen sie sich<br />
auf architektonische Planungen. Doch bei<br />
genauem H<strong>in</strong>sehen wird deutlich, dass<br />
hier selten sachgerechtere Konzepte vorgestellt<br />
werden. Silke Schatz baut Häuser<br />
aus Fotos, Gregor Eldarb Architekturen<br />
aus K<strong>art</strong>onschnipseln, die wie sich zu<br />
skurrilen Schichtenbauten aufstapeln,<br />
Barbara Sturm thematisiert die Ausstellungspraxis,<br />
ihre Zugänglichkeit sowie<br />
Ausstattung und Peter Belyi formt e<strong>in</strong><br />
ganzes Stadtviertel aus Diapositiven. In all<br />
diesen Werken wird die Frage der Materialität<br />
erörtert, aber auch die zeitliche Aspekte<br />
drängen zum Vorsche<strong>in</strong>. Denn diese<br />
Modelle bereiten nicht Orig<strong>in</strong>ale oder noch<br />
zu erstellende Bauten vor, sie s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>e<br />
Visionen und zukünftige Prophetien, sondern<br />
selbst Orig<strong>in</strong>ale. Dadurch provozieren<br />
sie e<strong>in</strong>en logischen Kurzschluss, die<br />
Zeitlichkeit von Davor und Danach dreht<br />
sich im Kreis und unterhöhlt ihre eigene<br />
Voraussetzung. Es ist, als würde die Zukunft<br />
bereits von der Vergangenheit besetzt,<br />
und die Vergangenheit nur als visionäre<br />
zugänglich se<strong>in</strong>.<br />
Aber auch die umgekehrte Strategie f<strong>in</strong>det<br />
sich <strong>in</strong> der Ausstellung. Sie besteht dar<strong>in</strong>,<br />
Fotos als vorgebliche Dokumente e<strong>in</strong>zusetzen.<br />
Die Fotoarbeiten von James<br />
Casebere, Thomas Demand, Lois Renner,<br />
M<strong>art</strong><strong>in</strong> Dörbaum, Edw<strong>in</strong> Zwakman und die<br />
Videoarbeit von Oliver Boberg s<strong>in</strong>d Inszenierungen<br />
von Modellwelten. Alle Genannten<br />
zeigen Wirklichkeiten, die es als solche<br />
nicht gibt. Ästhetisch kennzeichnend<br />
ist ihnen die Neigung zu malerischer<br />
Raff<strong>in</strong>esse, aber auch zur Problematisierung<br />
von Maßstäblichkeit und Entschlüsselung.<br />
H<strong>in</strong>weise <strong>–</strong> wenn auch versteckt<br />
<strong>–</strong> werden e<strong>in</strong>gestreut, sodass auch<br />
trotz glaubwürdiger Täuschung spürbar<br />
bleibt, dass der bildlichen Wirklichkeit<br />
ke<strong>in</strong>e reale entspricht. Wesentlich ist<br />
diesen Fotografien auch der Transfer <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong> anderes Medium, über den sich die<br />
doppels<strong>in</strong>nige zeitliche Struktur der<br />
Modelle <strong>in</strong> die Bilder e<strong>in</strong>schreibt. Wir begegnen<br />
<strong>in</strong> den Inszenierungen e<strong>in</strong>em zeitlichen<br />
Unikum, nicht der E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> vergangene,<br />
real existierende Welten werden<br />
wird gegeben, sondern der E<strong>in</strong>blick<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong> nur sche<strong>in</strong>bar Bestehendes wird<br />
abgelichtet, das erfunden und deshalb<br />
utopisch ist. Die Zeit tritt über die fälschliche<br />
Gegenw<strong>art</strong> <strong>in</strong>s Bild, als Vergegenwärtigung<br />
des Modellproblems und Erzählung<br />
von der Unmöglichkeit des Vergegenwärtigens.<br />
Als Verb<strong>in</strong>dung dieser beiden Strategien<br />
lassen sich die Arbeiten von Sab<strong>in</strong>e Hornig<br />
und Michal Budny sowie Christoph<br />
Raitmayr lesen. Hier werden ke<strong>in</strong>e zeitlichen<br />
Strukturen, sondern die Modelle<br />
selbst verdoppelt. Verschiedene Modelle<br />
(Typen oder Größenordnungen) werden<br />
mite<strong>in</strong>ander verglichen, Maßstäbe und<br />
Fiktionsgrade e<strong>in</strong>ander gegenübergestellt.<br />
Hornig etwa komb<strong>in</strong>iert e<strong>in</strong>e fotografische<br />
Aufnahme e<strong>in</strong>er Bushaltestelle mit<br />
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