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post_modellismus – models in art - krinzinger projekte - Galerie ...

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Kunstwerke nach Modellen<br />

von Thomas Trummer<br />

Kunstwerke, so könnte e<strong>in</strong>e erste These<br />

lauten, s<strong>in</strong>d immer Modelle. Denn Kunstwerke<br />

und Modelle s<strong>in</strong>d Darstellungen von<br />

etwas. Sie stehen niemals für sich alle<strong>in</strong>.<br />

Modelle und Kunstwerke verweisen auf<br />

etwas anderes, das sie selbst nicht ist. Sie<br />

besitzen beide referenziellen Charakter.<br />

Umgekehrt gilt das nicht unbed<strong>in</strong>gt, denn<br />

Modelle s<strong>in</strong>d nicht notwendigerweise<br />

Kunstwerke. Das wäre bereits die zweite<br />

These. Jeder Sohn hat e<strong>in</strong>en Vater, aber<br />

nicht jeder Vater hat e<strong>in</strong>en Sohn. Demnach<br />

ist auch nicht jeder Umkehrschluss korrekt.<br />

Wollte man das unterscheidende<br />

Merkmal für diese Gegenüberstellung<br />

f<strong>in</strong>den, so müsste man wahrsche<strong>in</strong>lich<br />

sagen, dass Modelle sich zu dem anderen,<br />

das sie darstellen, wie Stellvertreter<br />

zu e<strong>in</strong>em Orig<strong>in</strong>al verhalten. Von Kunstwerken<br />

sagt man landläufig das Gegenteil.<br />

Kunstwerke gelten nämlich nur dann<br />

als wertvoll, wenn sie selbst Orig<strong>in</strong>ale s<strong>in</strong>d.<br />

Bei Kunstwerken ist es gar nicht angemessen,<br />

wenn sie <strong>in</strong> Ausstellungen durch<br />

Stellvertreter ersetzt werden. In diesem<br />

Fall, wenn Kopien, Abbildungen oder Reproduktionen<br />

an ihre Stelle treten, gelten<br />

diese als trivial und m<strong>in</strong>derwertig. Während<br />

Modelle durchaus als Reproduktionen<br />

ihre Bedeutung behalten, sche<strong>in</strong>en<br />

Modelle von Kunstwerken zum<strong>in</strong>dest<br />

ihren Wert e<strong>in</strong>zubüßen. Was aber geschieht,<br />

wenn Kunstwerke diese verme<strong>in</strong>tliche<br />

Abwertung nicht ausschließen und<br />

mit dem Charakter der Stellvertretung zu<br />

kokettieren beg<strong>in</strong>nen? Um welche Art von<br />

Kunstwerken handelt es sich, wenn sie<br />

sich nicht länger scheuen, etwas anderes<br />

zu se<strong>in</strong> als e<strong>in</strong> Orig<strong>in</strong>al. Was, wenn also<br />

Modelle Orig<strong>in</strong>ale werden und vice versa,<br />

d.h. zugleich für sich und für anderes<br />

stehen? Diese und viele andere Fragen<br />

thematisiert die Ausstellung <strong>post</strong>_<strong>modellismus</strong>,<br />

die von Sab<strong>in</strong>e Dorscheid kuratiert<br />

wurde.<br />

Bereits der Titel <strong>post</strong>_<strong>modellismus</strong> verweist<br />

auf e<strong>in</strong> theoriegeladenes Ausstellungskonzept.<br />

Der Begriff begegnet uns<br />

mit e<strong>in</strong>er Selbstverständlichkeit, als sei er<br />

e<strong>in</strong> feststehender Gattungsbegriff, dennoch<br />

ist er aber offenkundig erklärungsbedürftig.<br />

Aus diesem Gegensatz entwikkelt<br />

sich e<strong>in</strong>e Spannung, die den Betrachter<br />

zum Nachdenken br<strong>in</strong>gt. Ebenso wie<br />

der Titel, so provoziert auch die ungewöhnliche<br />

Zusammenschau von fotografischen<br />

Arbeiten aus den 80er/90er Jahren<br />

und jüngsten Arbeiten im dreidimensionalen<br />

Modellbereich. Hier wird e<strong>in</strong> Verständnisrahmen<br />

geschaffen, der e<strong>in</strong>e Lesrichtung<br />

vorgibt.<br />

Um die variantenreichen Überlegungen,<br />

die sich h<strong>in</strong>ter diesem Titel und se<strong>in</strong>em<br />

Kontext verbergen, ause<strong>in</strong>ander zu legen,<br />

ist es am besten, mit dem Etymologischen<br />

zu beg<strong>in</strong>nen. In der Kunstgeschichte<br />

macht man häufig die Erfahrung, dass<br />

nichts ohne Vorläufer und Vorgänger existiert.<br />

Ursachenforschung und S<strong>in</strong>nsuche<br />

beg<strong>in</strong>nt bei der Wortneuschöpfung von<br />

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